Polen will angesichts des Ukraine-Konflikts seine rund 200 Kilometer lange Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad verstärken – mit neuen Wachtürmen.
Politiker in Ost und West warnen wegen der Ukraine-Krise seit Monaten vor einem neuen Kalten Krieg. An der polnischen Ostgrenze werden die Folgen der Spannungen nun sichtbar. Polen will seine rund 200 Kilometer lange Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad verstärken. Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes sollen sechs Beobachtungstürme errichtet werden, um die Außengrenze rund um die Uhr von dort aus zu überwachen. Kaliningrad liegt an der Ostsee, umgeben von Polen und Litauen. Derzeit werde die technische Ausstattung der 35 bis 50 Meter hohen Türme getestet, sagte Miroslawa Aleksandrowicz von der Grenzschutzstelle Masuren in Ketrzyn der polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“.
Atomwaffenfähige Iskander-Raketen stationiert
Die Baukosten betragen den Angaben zufolge rund 14 Millionen Zloty (etwa 3,5 Millionen Euro). Das Geld muss das Land allerdings nicht alleine aufbringen, denn die Summe wird zu drei Vierteln aus einem EU-Fonds für die Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union finanziert. Die Regierung in Warschau hatte bereits vor Monaten angedeutet, wegen der Ukraine-Krise die Militärstandorte in Ostpolen verstärken zu wollen. Aber nicht nur die polnischen Politiker beobachten die Entwicklung in Kaliningrad mit großem Misstrauen. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite hatte bereits im März erklärt, Russland habe in der Exklave atomwaffenfähige Iskander-Raketen stationiert, die „sogar Berlin erreichen“ könnten. Auch in russischen Medien hatte es entsprechende Berichte gegeben. Der Verdacht, dass Moskau in der Region heimlich aufrüste, war schon vor zwei Jahren immer wieder geäußert worden. Entsprechende Berichte wurden von Russland damals aber dementiert.
Kleiner Grenzverkehr
Die zwischenstaatlichen Streitigkeiten hatten bisher keinen Einfluss auf das Leben der Menschen vor Ort. Zwischen den Grenzregionen Polens und Kaliningrad besteht ein „kleiner Grenzverkehr“, der eine visumfreie Einreise ermöglicht und vielen Familien auf beiden Seiten ein gutes Einkommen gesichert hat. Im vergangenen Jahr reisten rund 3,2 Millionen Polen und 3,3 Millionen Russen in die Nachbarregion. Das könnte nun mit der Verstärkung der Grenze ein Ende haben.