Duda weckt böse Erinnerungen

Der 43 Jahre alte Europaabgeordnete Andrzej Dudas schlägt in der Stichwahl Amtsinhaber Bronislaw Komorowski (62) von der liberalen Bürgerplattform. Wie die Wahlkommission nach Auszählung der Stimmen am Montagnachmittag bekanntgibt, votierten für Duda 51,5 Prozent der Wähler. Er gehört der Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) an. Für den bisherigen Amtsinhaber stimmten 48,5 Prozent der Wähler.

15.05.25-DUDA

Freude bei der katholischen Kirche

Die katholische Kirche nimmt sich für ihre Reaktionen für gewöhnlich sehr viel Zeit. Dieses Mal aber schien die Freude zu groß über den Sieg Andrzej Dudas in Polen. Nur 20 Minuten dauerte es, bis der Episkopats-Sprecher Jozef Kloch mitteilte: „Die Polnische Bischofskonferenz gratuliert dem gewählten Präsidenten herzlich!“ Kein Wunder – die Mehrheit der Bischöfe unterstützt den nationalkonservativen Wahlsieger Andrzej Duda. Im Wahlkampf bekannte sich der gebürtige Krakauer oft zu seinem katholischen Glauben. Im TV-Duell mit Komorowski berief sich Duda mehrfach auf den „Heiligen Johannes Paul II.“ Komorowski wich dagegen in einem wichtigen Punkt von der Kirchenlehre ab. Er machte sich offensiv für die In-Vitro-Fertilisation stark, die künstliche Befruchtung im Reagenzglas. Die Bischöfe fordern jedoch seit Jahren ein Verbot künstlicher Befruchtung, mit der Begründung, dass dabei erzeugte Embryonen vor der Einpflanzung in den Mutterleib selektiert und zerstört werden.

Duda gibt sich bescheiden

In der Stunde des großen Triumphes blieb Andrzej Duda bescheiden. Zudem versucht er den Brückenschlag über Parteigrenzen hinweg: „Ich will, dass man in fünf Jahren sagt, dass Duda der Präsident aller Polen ist“, sagte der 43-jährige Jurist. Sein PiS-Parteibuch will Duda aus diesem Grund zurückgeben.

Vor allem in den Städten zweifeln jedoch viele an der Weltoffenheit des neuen Präsidenten. Viele befürchten, dass das Land unter ihm stramm nach rechts driften könnte. Denn noch immer ist er eine Antwort auf viele Fragen schuldig: Wie wird es künftig weitergehen im Verhältnis zur EU, zu Deutschland oder zu Russland? Im Wahlkampf hatte er sich auf sozialpolitische Themen konzentriert, auf die Alltagsprobleme der Polen.

Die Identität Polens in der EU bewahren

Polen müsse seine nationale Identität auch in der EU bewahren, seine nationalen Interessen verfolgen, betonte er immer wieder bei seinen Auftritten. Liberale Polen hören aus diesen Worten ein tiefes Misstrauen gegen ein Europa, in dem homosexuelle Paare heiraten können, ein liberales Abtreibungsrecht herrscht und Sexualerziehung an den Schulen selbstverständlich ist. Es weckt aber auch Erinnerungen an die Zeit, als Polen unter dem nationalkonservativen Präsidenten Lech Kaczynski und seinem Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski als Regierungschef kaum einen Konflikt mit den Nachbarn ausließ. Damals galten Kompromisse in der EU als Zeichen von Schwäche und die Erinnerung an tragische historische Erfahrungen blockierten den Blick auf die gemeinsame Zukunft in Europa.

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