Die Flüchtlinge sind in ganz Europa ein Thema. Hier eine kleine Übersicht über einige Kommentare in den Zeitungen.

„La Croix“ (Frankreich)
„Die Aufnahme von Migranten auf der Flucht vor Verfolgung hat sich in den vergangenen Tagen wie eine moralische Pflicht für die Europäer aufgedrängt. Der Papst (Franziskus) ließ sich von ihnen inspirieren, gestern während des Angelus-Gebetes einige Momente für sie in Andacht zu verharren. In Deutschland haben mehrere Tausend Einwohner von Dresden am Samstag ihre Solidarität mit Asylbewerbern ausgedrückt, die in ihrer Stadt ankommen sind. Allerdings ist nicht jeder überzeugt. Die ungarische Regierung freut sich darüber, einen Stacheldrahtzaun an seiner Grenze gezogen zu haben. Viele Länder sind weiter entschieden gegen eine Aufteilung der Lasten. (…) Dieses Problem verdeutlicht die Wichtigkeit gemeinsamer Werte für die gesamte Gesellschaft und wirft Fragen darüber auf, wie sie am besten vermittelt werden können. Besonders die Schule bekommt es mit einer solchen Aufgabe zu tun.“
„Hospodarske noviny“ (Tschechien)
„Wie kann Europa sich in der Frage der Migration weiterbewegen, hin zu einer langfristig sinnvollen Lösung? (…) Denn nicht nur die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch Fachleute für Migration im 21. Jahrhundert sagen kein Ende der Flüchtlingskrise voraus. Die in einem Lastwagen erstickten Toten haben vielleicht wirklich ein momentanes Gefühl der Solidarität ausgelöst. Doch es war keine so große Erschütterung, dass es zu einer Änderung der Herangehensweisen und Akzente in der gesamten Debatte gekommen wäre. Dafür sind die Europäer zu sehr abgestumpft, vor allem in Staaten, die von der Flüchtlingskrise nicht unmittelbar berührt sind, wie zum Beispiel Tschechien.“
„Nepszabadsag“ (Ungarn)
„Rakosi (Anmerkung: Diktator Matyas Rakosi 1892-1971) und Ceausescu (Anmerkung: Diktator Nicolae Ceausescu 1918-1989) formulierten und forcierten zur Zeit der Hochblüte der absoluten Willkür derart absurde Zielvorgaben wie es Viktor Orban hier und mit uns tut. … Wer selbst die härtesten materiellen Schranken des Möglichen nicht anerkennt, der wird die „weichen“ juristischen Schranken noch weniger achten. Der braucht die unumschränkte Macht, und selbst in der ausgedünntesten Demokratie den Ausnahmezustand dazu. Genau das ist derzeit (mit der Vorbereitung von neuen Notstandsgesetzen) im Gange. Natürlich macht selbst das Kriegsrecht das Unmögliche nicht möglich. Nur uns macht es schutzlos und das Leben unlebbar.“
„Der Standard“ (Österreich)
„Die Antwort des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán auf die gegenwärtige Flüchtlingskrise ist so simpel, wie sie populistisch ist: internieren, kriminalisieren, mit Notstandsgesetzen regieren. Das Gesetzespaket, das diese Woche durch das Parlament gehen könnte, stattet die Orbán-Macht mit Durchgriffsrechten aus, wie sie beispiellos sind für ein EU-Land. (…) An dem unheimlichen Treiben Orbáns trägt auch die EU Schuld, die schon auf den bisherigen Demokratieabbau nur kleinlaut reagierte. Das Fehlen einer europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik gibt dem ungarischen Autokraten anscheinend freie Hand. Das Scheitern von Dublin III weidet er genussvoll aus.“
„Latvijas Avize“ (Lettland)
„Die Situationen, in denen die aus Nordafrika und Asien stammenden Migranten versuchen, nach Europa zu gelangen, werden immer dramatischer. In einem abgestellten Lastwagen in Österreich wurden letzte Woche die Leichen von 71 Menschen gefunden. Auf dem Weg von Libyen nach Italien sind in einem Frachtraum eines Schiffes 52 Personen erstickt. Schleuserbanden verdienen unterdessen Millionen. (…) Die Menschenschmuggler schrecken aus Profitgier nicht davor zurück, Mengenrabatte anzubieten, wie sie weithin im Handel verwendet werden – je höher die Zahl der Migranten, desto günstiger die Kosten für die Reise nach Europa. Die Nachfrage nach dieser Dienstleistung ist riesig und oft größer als das Angebot.“
„Sydsvenskan“ (Schweden)
„Der Druck der Flüchtlingsströme über und rund um das Mittelmeer lässt die EU in ihren Gelenken knacken. Auf lange Sicht ist einer der Grundpfeiler der Union bedroht: die Freizügigkeit. Einige Länder, wie Ungarn, wollen Zäune und Mauern bauen. Andere, wie Deutschland, halten an dem Selbstverständlichen fest: dass die EU zu ihrer humanitären Verantwortung stehen muss. (…) Die Einigkeit der drei Länder darüber, dass etwas getan werden muss, ist allem Anschein nach zu urteilen keine Einigkeit darüber, was getan werden sollte. Gleichzeitig erreichen die Schwedendemokraten in einer Umfrage nach der anderen Rekordwerte. (…) In Norwegen sitzt die einwanderungsfeindliche und populistische Fortschrittspartei in der Regierung. In Finnland hat ihr Äquivalent, die Partei der Finnen, die gleiche Position erreicht. Wie erwartet hat keine der Parteien Erfolg, wenn sie gezwungen wird, Verantwortung zu übernehmen. Wenn sie auf die komplexe Wirklichkeit treffen, halten die einfachen Lösungen nicht stand.“