Über die brutalen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln ist in den vergangenen Tagen sehr viel geschrieben worden. Im Fokus der Kritik stand auch die Berichterstattung: zu langsam, zu zurückhaltend, zu verständnisvoll, zu oberflächlich hätten die Medien reagiert. Selbst die „Süddeutsche Zeitung“ hat in diesen Tagen kräftig daneben gegriffen.
Schwarze Hand zwischen weißen Beinen
Die Tageszeitung wird aber nicht für ihre Berichte kritisiert, sondern für eine Illustration in der Wochenendausgabe. Die Schwarz-Weiß-Grafik zeigt, wie eine schwarze Männerhand zwischen zwei weiße Frauenbeine greift.
In diesem Fall ist der optisch-künstlerischen Abteilung offensichtlich der Gaul durchgegangen – und keine der vielen Kontrollinstanzen hat eingegriffen. Niemandem scheint aufgefallen zu sein, dass die Illustration sexistisch und rassistisch ist.
Die Chefredaktion reagiert
Nun hat die Chefredadaktion reagiert und entschuldigt sich. „Wir bedauern, wenn wir durch die Illustration die Gefühle von Leserinnen und Lesern verletzt haben, und entschuldigen uns dafür“, schreibt Chefredakteur Wolfgang Krach in der Montagsausgabe und auf der Facebook-Seite der Zeitung.
Die Zeitung habe durch die Kombination aus dieser und einer zweiten Illustration, die eine Faust im Kopf zeigt, deutlich machen wollen, „dass sexuelle Gewalt gegen Frauen nicht nur aus physischen Übergriffen besteht, sondern meist im Kopf und im Denken beginnt“.
Krach distanzierte sich jetzt von dem Bild mit dem Griff zwischen die Beine, denn es bediene „stereotype Bilder vom ‚schwarzen Mann’, der einen ‚weißen Frauenkörper’ bedrängt“. Zudem könne es so verstanden werden, als „würden Frauen zum Körper verdinglicht und als habe sexuelle Gewalt mit Hautfarbe zu tun. Beides wollten wir nicht.“
Auch der „Focus“ greift daneben
Doch nicht nur die „Süddeutsche Zeitung“ hat mit ihrer Illustration viel Kritik geerntet. Auch bei den Machern des Titelbildes des Fokus haben wohl einige Männerfantasien Pate gestanden. Unter der Titelzeile „Frauen klagen an“ ist darauf eine nackte weiße Frau zu sehen, auf deren Körper mehrere schwarze Handabdrücke zu sehen sind.
Auch das Magazin sieht sich genötigt, zu reagieren – und verteidigt das Cover. In einer Stellungnahme auf Facebook heißt es, man habe sich entschieden, „symbolisch darzustellen, was in Köln geschah“. Und weiter: „Deshalb zeigen wir, stellvertretend für die vielen weiblichen Opfer, eine zum Sex-Objekt degradierte und entwürdigte Frau – die aber dennoch entschlossen ist, sich zu wehren.“ Auf einen Nutzerkommentar antwortete man: „Wir sehen auch keinen Grund, uns für unser Cover zu rechtfertigen.“
Am Samstag äußerte sich Chefredakteur Ulrich Reitz auch im „Tagesspiegel“. „Wir bilden ab, was leider passiert ist“, wird Reitz dort zitiert. Wer behaupte, das Cover sei sexistisch und rassistisch, habe „Angst vor der Wahrheit“. Und die Kritiker hätten schlicht keine Ahnung, wie ein gutes Cover gemacht werde.
So kann man es natürlich auch sehen!