Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs steckten damals noch allen Menschen in den Knochen. Damit sich solch eine Katastrophe nicht wiederholt, wurden die Vereinten Nationen gegründet. Das mächtigste Gremium ist der Sicherheitsrat. Dessen konstituierende Sitzung fand am 17. Januar 1946 statt. Nach 70 Jahren sind die Forderungen nach Reformen so laut wie nie zuvor.

Der Sitzungssaal des Sicherheitsrates (Quelle: Wikipedia)
Profane Worte zur ersten Sitzung
Die Ehre, den UN-Sicherheitsrat zur ersten Sitzung zusammenzurufen, hatte ein Australier. Norman Makin sagte im Hauptquartier der Church of England den ebenso historischen wie profanen Satz: „In Übereinstimmung mit den Artikeln der Charta, nachdem Vertreter berufen worden sind und eine Sitzung korrekt einberufen worden ist, erkläre ich den Sicherheitsrat hiermit für ordnungsgemäß konstituiert und die Sitzung für eröffnet.“ Mit ihm am Tisch saßen Vertreter aus Brasilien, China, Ägypten, Frankreich, Mexiko, Niederlande, Polen, Sowjetunion, Großbritannien und den USA. Kurz zuvor waren die Vereinten Nationen gegründet worden. Nun hatte die Organisation eine Art Chef-Gremium, das Sanktionen verhängen oder Blauhelmtruppen entsenden konnte.
23 Mal tagten die Mitglieder in London, später zog der Sicherheitsrat nach New York – zuerst in die Bronx, dann nach Manhattan. Im Jahr 1951 bezog der Rat sein aktuelles Domizil, das UN-Hauptquartie am East River in Manhattan.
In dem folgenden Video wurden von CNN einige skurrile Höhepunkte aus der jüngsten Geschichte der Debatten bei den UN zusammengeschnitten.
Immer wieder Kritik
Inzwischen sitzen im Sicherheitsrat 15 Mitglieder. Allerdings ist das Gremium eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Zehn Vertreter werden im regelmäßigen Turnus von zwei Jahre ausgetauscht. Daneben gibt es die fünf ständigen Mitglieder, die auch ein Veto-Recht haben: Russland, USA, Frankreich, Großbritannien und China – die so genannten „P5“. Ohne sie läuft nichts – eine Tatsache, die im Laufe der Jahrzehnte immer wieder zu schweren Konflikten geführt hat.
Zu viel Macht für die Vetomächte
Ein zentraler Kritikpunkt lautet: die Macht der Veto-Mächte ist überdimensioniert. Diese Länder können nach Gutdünken dringend notwendige Initiativen blockieren. Aktuellster Fall: Syrien. Russland will auf keinen Fall ein UN-Mandat gegen den Diktator Baschar al-Assad unterstützen. Die Folge ist eine Lähmung des Sicherheitsrates. „Das Veto-Recht der „P5“ hat die Arbeit des Sicherheitsrats mehr verkompliziert als alles andere“, schreibt der Genfer Politikprofessor Jussi Hanhimäki. „Allein schon die Tatsache, dass 5 Länder aus 193 eine privilegierte Position haben, scheint absurd.“
Doch das ist nicht der einzige Schwachpunkt des Gremiums. Denn der Sicherheitsrat repräsentiert in seiner Zusammensetzung noch immer die Weltordnung der Nachkriegszeit. Neu emporgestiegene Mächte wie Brasilien, Indien oder auch Deutschland spielen in diesem Sicherheitsratssystem so gut wie gar keine Rolle.
Berlin will den Sicherheitsrat reformieren
Gerade Deutschland macht sich seit Jahren immer wieder für eine Reform des Sicherheitsrates stark – bisher allerdings vergeblich. Hier geht es für mehr Informationen zur deutschen Position auf die Seite des Auswärigen Amtes.
Im folgenden sind die zentralen Argumente Deutschlands zusammengefasst:
Warum muss der Sicherheitsrat reformiert werden?
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist das zentrale Organ der Internationalen Staatengemeinschaft für Friedenssicherung und Konfliktmanagement. Er fasst Beschlüsse (Resolutionen), die – anders als die der Generalversammlung – für alle Mitgliedstaaten bindend sind. Er verfügt damit über weitgehende Befugnisse und kann gegebenenfalls auch in die Souveränität der Staaten eingreifen, z.B. durch die Verhängung von Sanktionen.
Es ist wichtig und richtig, dass der Sicherheitsrat über diese Vollmachten verfügt. Aber damit seine Resolutionen von allen Staaten respektiert und befolgt werden, muss er über die notwendige Autorität und Legitimität verfügen. Dies setzt voraus, dass er repräsentativ ist.
Der Sicherheitsrat reflektiert in seiner derzeitigen Zusammensetzung jedoch die geopolitischen Verhältnisse von 1945. Hieran hat im Kern auch die Erweiterung von 1963/65 nichts geändert. Der Rat ist in seiner jetzigen Zusammensetzung nicht mehr repräsentativ für eine Welt, in der seit 1945 142 Staaten zusätzlich in die Vereinten Nationen aufgenommen wurden. Insbesondere Afrika, Asien und Lateinamerika sowie die Karibik sind nicht ihrem heutigen Gewicht entsprechend im Rat vertreten und fordern deshalb, dass die Zusammensetzung des Sicherheitsrats den neuen Realitäten angepasst werden muss.
Neben einer geographisch ausgewogenen Verteilung der Sitze legt die Charta der Vereinten Nationen auch besonderen Wert darauf, dass Staaten, die erhebliche Beiträge für die Vereinten Nationen leisten, Mitglieder des Sicherheitsrats sein sollen. Deutschland und Japan gelten deshalb auch als Kandidaten für neue ständige Sitze.
Bei Ausbleiben einer Reform des Sicherheitsrats besteht die Gefahr, dass Entscheidungsprozesse auf andere Foren verlagert werden. Eine solche Konkurrenz liegt in niemandes Interesse.
Warum will Deutschland einen ständigen Sitz?
Die Bundesregierung strebt eine Reform des Sicherheitsrats an, um die seit 1945 geopolitisch geänderten Rahmenbedingungen widerzuspiegeln. Nach Art. 23 der VN-Charta spielen dabei neben einer regional ausgewogenen Verteilung auch die Beiträge der Mitgliedstaaten für die Verwirklichung der Ziele der Vereinten Nationen eine entscheidende Rolle. Die Bundesregierung strebt einenständigen Sitz für Deutschland daher als Teil einer umfassenden Reform der Vereinten Nationen an und engagiert sich auch für andere Reformschritte. So hat sie bei der Gründung des Menschenrechtsrats und der Kommission für Friedenskonsolidierung eine wichtige Rolle gespielt.
Die Rolle Deutschlands hat sich gegenüber 1945 grundlegend geändert. Aus dem „Feindstaat“ von 1945 und dem Beitrittsland von 1973 ist – insbesondere seit der Vereinigung – einer der engagiertesten Vertreter eines effektiven Multilateralismus unter dem Dach der Vereinten Nationen geworden. Diese Rolle Deutschlands gehört zu den neuen Realitäten zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Daher wird Deutschland auch seit Beginn der Reformdiskussion von anderen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen immer wieder als natürlicher Kandidat für einen ständigen Sitz genannt.
Deutschland leistet wichtige Beiträge zur Arbeit der Vereinten Nationen. Es ist nicht nur drittgrößter Beitragszahler, sondern trägt auch auf andere Weise vielfältig zur Verwirklichung der grundlegenden Ziele der Vereinten Nationen bei: Durch die Entsendung von Truppen für internationale Friedensmissionen, durch die Mittel, die es für die internationale Entwicklungszusammenarbeit, nachhaltige Entwicklung und humanitäre Hilfe zur Verfügung stellt und durch sein Eintreten für den Schutz der Menschenrechte in allen Staaten der Welt.
Hier noch ein Video, in dem Stewart M. Patrick, Direktor der International Institutions and Global Governance Program at the Council on Foreign Relation, die Reformbemügungen im UN-Sicherheitsrat erklärt.
Erfolgreich hartnäckig gegen Reformen
Trotz der Einschränkungen durch das Vetorecht sei der Sicherheitsrat in seiner Geschichte aber bislang geradezu „bemerkenswert erfolgreich“ gewesen. Vor allem in den frühen 90er Jahren entsandte das Gremium eine ganze Reihe von Friedensmissionen und spielte unter anderem eine entscheidende Rolle bei der Beendigung des ersten Golfkriegs. Immer noch mehr als 15 UN-Friedensmissionen auf 4 Kontinenten aktiv. „Der Sicherheitsrat bleibt das Opfer seiner eigenen Regeln“, schreibt Politikprofessor Hanhimäki und fordert – wie so viele Kritiker seit Jahren immer lauter – eine groß angelegte Reform. Wie die aussehen soll, darüber sind die Mitglieder des Rates allerdings auch uneinig. Und auch der beste Reformvorschlag könnte am Ende am Veto scheitern.