Der Deal mit Ankara – Fragen und Antworten

Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise setzt die EU ihre Hoffnung in die Türkei. Beim EU-Gipfel ist eine Vereinbarung mit Ankara festgezurrt worden, die Migranten von der Überfahrt nach Griechenland abhalten soll. Doch das Ganze ist umstritten.

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Ein Flüchtlingslager bei Aleppo/Syrien

Was sieht die Flüchtlingsvereinbarung vor?

Für jeden Syrer, der von den griechischen Inseln zurück in die Türkei geschickt wird, nimmt die EU einen anderen Syrer aus der Türkei auf. Dies soll Migranten davon abhalten, mit Hilfe von Schleppern nach Griechenland zu kommen. Wer unerlaubt auf die griechischen Inseln kommt, soll zunächst nicht für eine Aufnahme in der EU infrage kommen.

Wie soll das gehen – es gibt doch ein Recht auf Asyl?

Das Schlüsselwort heißt „sicherer Drittstaat“. Damit Griechenland Flüchtlinge in die Türkei zurückschicken kann, muss es das Land zunächst als solchen anerkennen. Das hat Athen in die Wege geleitet.

Was würde das konkret bedeuten?

Nach europäischem Recht gibt es zwei Möglichkeiten für ein EU-Land, diese Einstufung zu machen – mit unterschiedlichen Folgen für das Asylverfahren. Dabei gilt: Im ersten Fall sind die Anforderungen an das Drittland hoch und die Ausweisung ist relativ leicht. Im zweiten Fall ist die Anerkennung als sicherer Drittstaat einfacher, dafür hat der Asylbewerber mehr Rechte.

Welches Verfahren hat die EU in diesem Fall im Blick?

Sie will den zweiten Fall anwenden und damit die Latte für die Türkei weniger hoch legen. Für die Anerkennung müsste das Land die Genfer Flüchtlingskonvention nicht in vollem Umfang unterzeichnet haben, sondern Flüchtlingen lediglich Schutz „gemäß“ der Konvention gewähren. Ob das so ist, muss Griechenland klären.

Was bedeutet das für Asylbewerber?

Sie haben Anspruch darauf, dass Griechenland ihren Einzelfall prüft. Eine Ausweisung könnten sie verhindern, wenn die Türkei für sie doch nicht sicher ist. Sie müssen auch die Möglichkeit haben, ihr Anliegen vor Gericht zu bringen.

Ginge das alles noch einfacher?

Ja. Aber dafür müsste die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention ohne Einschränkungen unterzeichnet haben. Doch das Land sieht umfassenden Schutz inklusive Asyl nur für Flüchtlinge aus Europa vor. Hintergrund für diese Regelung war die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg.

Wie schnell könnten Migranten wieder zurückgeschickt werden?

Das wird von den Kapazitäten der griechischen Behörden und Gerichte abhängen und davon, wie viel Unterstützung sie von der EU bekommen. Ein EU-Diplomat berichtet, in seinem Heimatland sei ein Asylverfahren binnen 48 Stunden abgeschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstreicht: „Es ist natürlich wichtig, dass jeder Flüchtling auch individuell betrachtet wird und seine Rechte wahrnehmen kann.“

Könnte die Abmachung am Ende vor Gericht landen?

Ja. Flüchtlinge könnten vor Gericht die Frage aufwerfen, ob die Türkei überhaupt die Voraussetzungen für die Anerkennung als sicherer Drittstaat erfüllt. Im Zweifel würde ein griechisches Gericht die Frage dann dem EU-Gerichtshof vorlegen. Doch bis ein Urteil fällt, hätte die EU Zeit gewonnen.

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