AfD: Flügelkampf statt Brexit-Euphorie

 

Für die AfD läuft es im Moment nicht wirklich gut. Das ist erstaunlich, denn sie könnte den Brexit für ihre politischen Zwecke ausschlachten. Doch die Partei beschäftigt sich mit sich selbst – Rivalitäten und Flügelkämpfe vergiften immer mehr die Stimmung.

Der AfD-Problemfall Gedeon

In Baden-Württemberg klebt die Antisemitismus-Debatte um den Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon klebt der Partei wie Pech am Bein. Immer wieder werden neue Details über das missratene Krisenmanagement offenbar. Zuerst drohte Fraktionschef Jörg Meuthen mit Rücktritt, musste dann aber wieder kleinlaut  zurückrudern. Inzwischen wird kolportiert, dass die Kommission, die den Fall Gedeon untersuchen sollte, mit einem Holocaust-Leugner besetzt werden sollte. Das scheint abgewendet, doch nun heißt es, dass Gedeon vielleicht doch aus der Fraktion geworfen werden soll und eine Palastrevolution gegen Meuthen drohe.

In dieser Auseinandersetzungen um Gedeon wurde auch der tiefe Graben deutlich, der sich auf Bundesebene  zwischen den beiden gleichberechtigten AfD-Parteivorsitzenden Meuthen und Frauke Petry aufgetan hat. Meuthen wirft Petry vor, sie habe Landtagsabgeordnete in Baden-Württemberg bearbeitet, damit diese gegen ihn stimmen.

AfD-Verbindungen zum rechten Rand

Damit nicht genug der innerparteilichen Probleme: inzwischen wurden Verbindungen des Freiburger Rechtsanwaltes Dubravko Mandic zum extremen rechten politischen Rand bekannt. Der AfD-Politiker hat öffentlich eine engere Zusammenarbeit seiner Partei mit der „Identitären Bewegung“ (IB) gefordert. Die Gruppierung wird schon länger vom baden-württembergischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.

Auch in Sachsen-Anhalt läuft es für die Alternative für Deutschland nicht wirklich rund. Die AfD war dort bei der Landtagswahl im März aus dem Stand zur zweitstärksten Kraft aufgestiegen, nun wehrt sich ein Teil des Landesverbandes gegen den rechtsnationalen Kurs des Vorsitzenden André Poggenburg.

Grabenkämpfe bei der AfD

Die Partei verliert sich in Grabenkämpfen, dabei beherrscht mit dem Brexit ein Thema die Schlagzeilen, das die Partei seit ihrer Gründung vor gut drei Jahren beschäftigt. Immer wieder wetterte die AfD gegen das „Brüsseler Bürokratiemonster“, das „deutsche Steuerzahler enteignet“ und „unfähig ist, Migrationswellen zu stoppen“. Das Votum der Briten für einen Ausstieg aus der Gemeinschaft werten die AfD-ler jetzt als Bestätigung für ihre eigene eurokritische Haltung.

Die AfD fordert – und das will in Deutschland sonst keine andere Partei – eine radikale Reform der Europäischen Union. Übrig bleiben soll am Schluss nur noch ein Gerippe, eine Wirtschaftsunion. Der Euro, gemeinsame Umweltstandards, eine solidarische Flüchtlingspolitik: Aus Sicht der AfD ist das gefährlicher Unsinn, der abgeschafft gehört.

Der Brexit – ein Thema mit Potenzial

Mit so einer Haltung kann man derzeit nicht nur in Österreich und Großbritannien Wähler mobilisieren. Auch in Deutschland gibt es Kreise, in denen solche Positionen populär sind. Doch ihre Personalquerelen verhindern, dass die AfD ihr Potenzial gänzlich ausschöpft. Nachdem sie in bundesweiten Wählerumfragen Ende Mai noch bei 14 Prozent lag, pendelten sich die Werte zuletzt zwischen 11 und 13 Prozent ein.

Auch die Art und Weise, wie die AfD in den ersten Stunden auf das Ergebnis des britischen Referendums reagierte, lässt tief blicken und zeigt, dass die Partei in allerlei Fraktionen und Unter-Fraktionen aufgespalten ist. So gab Frauke Petry eine eigene Pressemitteilung heraus, während die AfD-Führungsfigur Alexander Gauland in Berlin zusammen mit den Bundesvorstandsmitgliedern Armin-Paul Hampel und Georg Pazderski vor die Presse trat. Die Botschaft der drei Männer unterschied sich nicht von der Petrys, die nicht eingeladen worden war. Alle vier interpretierten den Brexit als Signal für eine radikale EU-Reform.

Querschuss aus Brandenburg

Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon mit der Forderung nach einem deutschen EU-Referendum auf dem Markt. Auch aus Gaulands eigener Fraktion im Brandenburger Landtag kam ein Querschuss. „Nächstes Jahr sitzt die AfD im Deutschen Bundestag – der DExit wird ganz oben auf unserer Agenda stehen“, erklärte Franz Wiese, europapolitischer Sprecher der Fraktion. „Der Satz, der gilt nicht automatisch und sofort“, stellte Gauland später klar und pfiff damit seine Kollegen zurück. Der Brexit brachte nicht nur die Uneinigkeit der Europäischen Union zu Tage, auch die Gräben innerhalb der AfD wurden deutlich sichtbar.

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