Wieder ist in der Ukraine ein Journalist ermordet worden. Bei einem Anschlag mit einer Autobombe ist Pawel Scheremet gestorben. Der Sprengsatz im Wagen des 44-Jährigen explodierte am Mittwoch im Zentrum der Hauptstadt Kiew, als der gebürtige Weißrusse zur Arbeit fahren wollte.
Ein „schockierender Verbrechen“
Natürlich sind alle entsetzt – und versuchen den Tod Scheremets für ihre Sache zu instrumentalisieren. Generalstaatsanwalt Juri Luzenko kritisierte den Mord als Versuch, das vom Krieg gegen prorussische Separatisten erschütterte Land weiter zu destabilisieren. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sprach von einer „barbarischen Tat“. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Präsident Petro Poroschenko. Er bezeichnete den Mord an dem bekannten Redakteur als „schockierendes Verbrechen“. Russland forderte mit Nachdruck eine lückenlose Aufklärung des Mordes an Scheremet, der einen russischen Pass besaß. Kremlkritische Journalisten in Moskau würdigten den Toten als mutigen Kämpfer für die Wahrheit.
Scheremet ein Freund von Nemzow
Pawel Scheremet hatte viele Feinde. Er war ein Freund des russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow, er schritt an der Spitze des Trauermarsches bei dessen Beerdigung. Die Spekulationen schießen ins Kraut. Russische Medien bezweifeln, dass der Mord auf das Konto des Kremls geht. Die Zeitung „Kommersant“ verwies auf ein Treffen der Führung der Zeitung „Ukrainskaja Prawda“ mit dem russischen Oligarchen Konstantin Grigorischin. Ultranationalistische Ukrainer könnten dies als Verrat empfunden haben und sich gerächt haben. Die russische Agentur RIA Novosti verwies darauf, das Scheremet nicht nur Putin, sondern auch Poroschenko kritisiert hatte.
Scheremet nicht das erste Opfer
Oder sollte der Anschlag jemanden ganz anderen treffen? Der Wagen, in dem Pawel Scheremet starb, gehörte der Chefin des bekannten Nachrichtenportals „Ukrainskaja Prawda“ (UP), Aljona Pritula. Auch ist er nicht das erste Opfer. Erst vor einem Jahr war der regierungskritische Journalist Oles Busina in Kiew erschossen worden.
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Überwachungsanlage hält Moment der Explosion von #Scheremet’s Auto fest – VIDEO https://t.co/wK6RACFVWt #Ukraine pic.twitter.com/H928EudRDg
— Sputnik Deutschland (@de_sputnik) 20. Juli 2016
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Die Organisation Reporter ohne Grenzen befürchtet offenbar, dass der Anschlag nicht aufgeklärt wird. „Der Mord an Pawel Scheremet darf kein weiteres Beispiel für Straflosigkeit werden – das wäre Gift für die Pressefreiheit in der Ukraine“, sagt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
Hier der Link zur Reaktion von Reporter ohne Grenzen auf den Mord.
Zugleich erinnerte Christian Mihr an die Ermordung des Gründers der Nachrichtenwebseite Ukrainskaja Prawda, Georgij Gongadse, im Jahr 2000, deren Hintermänner bis heute ungeklärt sind.
Nachtrag:

Kollegen und Freunde verabschieden sich am Freitag von Pawel Scheremet.