Das Lewada-Institut vor dem Ende?

Auf Druck der Behörden hat Russlands einziges unabhängiges Meinungsforschungsinstitut, das Lewada-Zentrum, seine Arbeit ausgesetzt.

16-09-07-lewada

Das Lewada-Institut in Moskau

Die Aktivitäten eingestellt

Nach der Einstufung seines Instituts als „ausländischer Agent“ durch die russischen Behörden sei die Fortsetzung der Arbeit „praktisch unmöglich“, sagte Lewada-Direktor Lew Gudkow der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Zwar sei das Institut noch nicht endgültig geschlossen, „aber man kann sagen, dass die Aktivitäten eingestellt sind“, sagte Gudkow. Der Institutsdirektor kündigte Berufung gegen die behördliche Entscheidung an, die das Justizministerium am Montag bekannt gegeben hatte.

 

 

In Russland werden politisch aktive Organisationen, die ganz oder teilweise aus dem Ausland finanziert werden, seit 2012 per Gesetz gezwungen, sich als „ausländische Agenten“ registrieren zu lassen. Das erschwert ihre Arbeit erheblich. Im Mai 2015 trat ein weiteres Gesetz in Kraft, wonach ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) als „unerwünscht“ erklärt werden können.

Finanzierung aus dem Ausland

Die Finanzierung aus dem Ausland ist auch beim Lewada-Institut der Knackpunkt. Nach Angaben des Ministeriums hat Lewada den Löwenanteil seiner Auslandsmittel von der US-Universität Wisconsin erhalten, die ihrerseits vom Pentagon in Washington Geld bekommen haben soll. Der Zeitung „RBK“ zufolge betrugen die Zahlungen 107 000 US-Dollar (95 000 Euro) im Jahr 2014. In den vergangenen zwei Jahren soll Lewada demnach zudem rund 50 000 Euro aus dem Ausland verbucht haben.

„Wir erhalten Geld aus dem Ausland, aber das sind kommerzielle Aufträge und keine Fördergelder, die das Justizministerium als politisch einstuft“, räumt Gudkow ein. „Andere Einkünfte haben wir nicht.“ Mit dem Erlös finanziere Lewada seine eigenen Erhebungen über die politische und soziale Stimmung in Russland.

 

Schon viele NGOs kaltgestellt

Mehr als hundert Organisationen wurden in Russland bereits als „ausländische Agenten“ eingestuft, darunter zahlreiche NGOs, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen. Mehrere Organisationen mussten ihre Arbeit einstellen, andere kämpfen aufgrund von Strafzahlungen mit finanziellen Problemen.

Das Lewada-Zentrum wurde 2003 von Juri Lewada gegründet. Der 2006 verstorbene Soziologe hatte zuvor als Direktor des Umfrageinstituts Wziom gearbeitet. Als die russische Regierung diese Einrichtung unter staatliche Kontrolle stellen wollte, schuf Lewada das nach ihm benannte Institut.

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