Den Tag der Deutschen Einheit nutzt die AfD-Prominenz in Stuttgart für einen Generalabrechnung mit der EU und mit der deutschen Politik. Mit dabei: der Europapolitiker Pretzell und die AfD-Chefin Petry. Überraschend nicht bei der Veranstaltung war Jörg Meuthen, Vorsitzender der wieder vereinigten AfD im Stuttgarter Landtag.

Demo gegen die AfD in Stuttgart
Tag der Deutschen Einheit
Die Selbstbestimmung der Bürger in Europa und Deutschland ist nach den Worten der AfD-Politiker Marcus Pretzell und Frauke Petry in Gefahr. Die europäische Idee des Individuums falle dem alles bestimmenden Staat zum Opfer, sagte der AfD-Europaparlamentarier Pretzell bei einer Feier seiner Partei zum Tag der Deutschen Einheit in Stuttgart. „Eine angestrebte Umkehr dieses europäischen Gedankens werden wir nicht dulden“, betonte Pretzell, der Mitglied der ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) im Europaparlament ist.
Demo gegen die AfD
Vor dem Veranstaltungslokal skandierten bis zu 300 Demonstranten „Nazis raus“ und „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“. Nach Einschätzung der Veranstalter dieser Gegendemonstration ist die AfD eine rassistische Partei, die sich gegen sozial Schwache und gesellschaftliche Minderheiten stelle.
Nach Polizeiangaben kam es vereinzelt zu „Provokationen zwischen Teilnehmern der AfD-Veranstaltung und mutmaßlich dem linken Spektrum zuzurechnenden Demonstranten“. Der Stadtbahnverkehr entlang der Tagungshalle wurde zeitweise eingestellt. Ein Polizist wurde den Angabne zufolge bei dem Einsatz leicht verletzt. Ein Demonstrationsteilnehmer wurde vorläufig festgenommen.
Petry zieht Vergleich zur DDR
Petry, AfD-Bundesvorsitzende und gebürtige Dresdnerin, zog in ihrer Rede Parallelen zwischen aktuellen Tendenzen in der Bundesrepublik und Erscheinungen in der DDR. Im SED-Staat sei die Politik durch ideologische Wunschvorstellungen bestimmt gewesen, die „Politikerkaste“ sei abgehoben gewesen und habe ökonomische Schwierigkeiten sowie die Probleme der Bürger ignoriert. Die Medien hätten nicht die Realität dargestellt. „Es war gefährlich, seine Meinung zu sagen“, sagte sie und fügte als rhetorische Frage an die rund 300 Gäste hinzu: „Kommt Ihnen das bekannt vor?“ Die AfD werde dafür eintreten, dass solche Zustände nicht „auf leisen Sohlen wieder zurückkehren“.
Wer die „Masseneinwanderung“ von Flüchtlingen als Zeichen von Vielfalt interpretiere verkenne, dass Europa mit seinen verschiedenen Kulturen bereits Vielfalt verkörpere, sagte Pretzell. „Vielfalt ist das letzte, was „good old europe“ lernen muss.“ Die Europäer müssten sich ihrer Werte bewusst sein, auch im Verhältnis zu den Zuwanderern, die die Freiheit der Religion, Gleichberechtigung von Mann und Frau und den westlichen Bildungs- und Leistungsethos nicht zu schätzen wüssten. „Die Hälfte von ihnen lebt geistig im siebten Jahrhundert“, sagte Pretzell.
Pretzell gegen Pöbeleien
Zum Auftakt der Veranstaltung distanzierte sich Pretzell von Pöbeleien gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck bei der Einheitsfeier am Montag in Dresden. Der Tag sei ein Tag der Freude, insbesondere für die AfD. Polemik sei dem Anlass nicht angemessen. Damit reagierte Pretzell auf Äußerungen mehrerer hundert Demonstranten, darunter vor allem Anhänger des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses, die Gäste der Einheitsfeier als „Volksverräter“ beschimpft hatten.
Der Ko-Vorsitzende von Petry und designierte Vorsitzende der vor der Wiedervereinigung stehenden baden-württembergischen AfD-Landtagsfraktion, Jörg Meuthen, war nach Worten von Pretzell zur Feier eingeladen. Meuthen war jedoch nicht anwesend.
Nachtrag:
Parallel zum Treffen der AfD in Stuttgart Bad Cannstatt hat sich nicht nur vor dem Tagungsort, dem Kursaal, der Protest geregt. Auch in der Stadt waren Gegendemonstranten zu Gange. Drei AfD-Mitglieder zeigten am Montag bei der Polizei an, dass zwei Autos und ein Wohnhaus beschädigt wurden.

Das Auto eines AfD-Politikers
Getroffen habe es die Autos des Kreisvorstandsmitglieds Alexander Beresowski und des Stadtrats Eberhard Brett sowie das Haus des Landtagsabgeordneten Heinrich Fiechtner. An den Autos wurden Reifen zerstochen, Scheiben zerstört und in einem Fall Parolen auf den Lack gesprüht. Im Internet bekennen sich die Verfasser eines Beitrags auf der Seite Indymedia.org zu den Sachbeschädigungen.
Hier geht es zur Berichterstattung in der Stuttgarter Zeitung