Die ersten 14 Flüchtlingskinder aus dem berüchtigten nordfranzösischen Flüchtlingscamp in Calais sind am Montag in Großbritannien eingetroffen. Die Teenager im Alter zwischen 14 und 17 Jahren wurden zunächst zu einer Einwanderungsbehörde gebracht, bevor sie von ihren Familien in die Arme geschlossen werden konnten. Einige dieser Wiedersehenstreffen waren in Kirchen geplant.
Der Druck der Kirchen
Die britische Regierung hatte sich erst unter dem Druck Frankreichs, von Wohltätigkeitsorganisationen und ranghohen Kirchenvertretern bereit erklärt, unbegleiteten Minderjährigen aus Calais die Einreise zu erlauben. Auf diese warten dort meist bereits Familienangehörige.
Der Dschungel soll geräumt werden
Die französische Regierung will das auch als „Dschungel“ bekannte Camp, das die Dimension eines Elendsviertels angenommen hat, demnächst schließen. Der britische Labour-Abgeordnete Alf Dubs sagte, für alle Minderjährigen in dem Lager müsse eine Bleibe gefunden werden, bevor es abgerissen werde. Dubs, der 1939 mit dem „Kindertransport“ jüdischer Kinder aus der von Nazis besetzten Tschechoslowakei nach Großbritannien kam, sagte: „Kein Kind darf in dem Chaos des Abrisses zurückgelassen werden. Nach vorn schauend dürfen wir nie wieder eine Wiederholung von Calais zulassen.“
Lord Williams says he has a hope that children arriving from the Calais ‚Jungle‘ will be warmly received https://t.co/b4rD2uBU5m
— Sky News (@SkyNews) 17. Oktober 2016
Keine Übereinkunft mit London
Es gebe aber keine Übereinkunft mit Großbritannien über ein umfassenderes Umsiedlungsprogramm, sagte ein Sprecher der Präfektur in Calais. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve hatte Großbritannien aufgerufen, seiner „moralischen Pflicht“ nachzukommen und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit Verwandten im Vereinigten Königreich aufzunehmen.
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Nachtrag (19.10.2016):
Gericht bestätigt Räumung des Lagers
Ein französisches Gericht hat die geplante Räumung des Flüchtlingslagers im nordfranzösischen Calais gebilligt. Das Verwaltungsgericht der Stadt Lille lehnte am Dienstag einen Eilantrag von elf Hilfsorganisationen gegen die anstehende Auflösung des sogenannten Dschungels ab. Die Räumung des Lagers als solche sei kein Verstoß gegen das Verbot von „unmenschlicher und entwürdigender Behandlung“ von Menschen, argumentierte das Gericht. Vielmehr ziele die Auflösung des Lagers unter anderem darauf ab, eine solche Behandlung von Flüchtlingen zu beenden. Die französischen Behörden wollen das am Ärmelkanal gelegene Lager, in dem nach unterschiedlichen Angaben zwischen 6000 und 10.000 Flüchtlinge ausharren, bald räumen. Die Flüchtlinge sollen in Unterkünfte im ganzen Land verteilt werden.