Untergangs-Szenarien haben gerade Konjunktur. Am Sonntag könnte alles noch schlimmer werden, sagen die einen. Alles halb so wild, meinen die anderen. Alle Augen richten sich auf Rom und Wien. Und am Ende ist alles dann doch nur „halb so schlimm“.
Europa unter Schock
Europa ist angeschlagen. Der erste Schock kam im Frühjahr mit dem Brexit, es folgte die Wahl von Donald Trump in den USA – und nun steht der EU am Sonntag neues Ungemacht bevor. In Österreich könnte der Rechtspopulist Norbert Hofer die Präsidenten-Wahl gewinnt und in Italien Regierungschef Matteo Renzi mit seinem Verfassungsreferendum scheitert.
Noch vor ein paar Jahren hätte Brüssel diesem Wahlsonntag wohl einigermaßen gelassen entgegengesehen. Doch die EU ist geschwächt von Krisen und Breitseiten, von Selbstzweifeln und Populismus – und seit der Wahl des Milliardärs Donald Trump in den USA hält man fast alles für denkbar, sogar ein Auseinanderbrechen der Union.
Politiker beschwichtigen
EU-Spitzenpolitiker versuchen, die Entscheidungen in Rom und Wien bewusst tief zu hängen. So erkennt der CSU-Europapolitiker Manfred Weber zwar die Bedeutung der Entscheidungen in Österreich und Italien an, weil die Bürger ihre Wünsche anzeigten. „Deshalb muss Europa zuhören, muss die Sorgen auch ernst nehmen, die da sind“, sagt der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei. „Andererseits ist auch klar, dass wir europaweit viel Unterstützung für die Grundidee der europäischen Einheit haben.“
Doch könnten Erfolge für die rechtspopulistische FPÖ in Österreich und für die EU-kritische Fünf-Sterne-Bewegung in Italien Signale setzen – für mögliche Regierungswechsel in beiden Ländern und für das ganze Wahljahr 2017 in Europa.
Commentary: Italy’s referendum is Europe’s next test in its fight for survival: https://t.co/LuIXufzISl pic.twitter.com/EbUrZJEECK
— Reuters World (@ReutersWorld) 2. Dezember 2016
Folgen in anderen Ländern
In den Niederlanden steht der EU-Kritiker Geert Wilders für die Wahl im März in den Startlöchern, in Frankreich hofft die Rechtspopulistin Marine Le Pen im Mai auf Erfolg. Und allen ist dabei klar, dass die größte Gefahr von der französischen Präsidentschaftswahl ausgeht. Würde Le Pen wirklich gewählt und triebe sie wirklich den Austritt aus dem Euro oder der EU voran, das wäre der Todesstoß für die Europäische Union.
Folgen für Deutschland
Und natürlich würden in Deutschland dann auch die Hoffnungen der Europakritiker in den Himmel wachsen. Gut neun Monate vor der Bundestagswahl hätte vor allem die deutsche AfD Grund zum Jubel, wenn Hofer in Wien zum Präsidenten aufsteigt. Schneidet die AfD – beflügelt vom europaweiten Trend nach rechts – im Herbst gut ab, könnte die Regierungsbildung in Berlin schwierig werden.