Die Aufregung war groß. Hunderte Regierungskritiker versperrten vor Weihnachten die Ausgänge des Parlaments, Politiker saßen stundenlang fest. Abgeordnete der Opposition besetzen seit Wochen das Rednerpult. Als Auslöser der Proteste galten PiS-Pläne, Journalisten den Zugang zum polnischen Parlament zu beschränken. Nun tagt der Sejm zum ersten Mal nach der Parlamentskrise – und es wird offensichtlich: der demokratische Widerstand hat das sehr symbolbeladene Ringen um die Macht verloren.
Risse im Widerstand
Die nationalkonservative Regierungspartei PiS brauchte nur abzuwarten. Mit jedem Tag wurden die Risse in der Fraktion der Widerständler immer deutlicher. Sie konnten sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen und es zeigte sich, dass der größte Feind der Opposition die Opposition selbst ist. In dieser Situation konnten auch die Tweets aus dem Parlamentsgebäude unter dem Motto „Zjednoczona opozycja“ (Vereinte Opposition) nicht helfen. Immer wieder sorgten Negativschlagzeilen für neuen Streit. So wurde ein Kurztrip über Silvester des Protestanführers Ryszard Petru, Chef der liberalen Nowoczesna, von den Gegnern der Besetzung genüsslich ausgeschlachtet. Petru wurde in Portugal gesichtet.
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#Sejm at night – Poles keep taking shifts in front of Sejm to support #ZjednoczonaOpozycja inside@SObywatelski @ObywateleRP @Kom_Obr_Dem pic.twitter.com/6Hu3pnu9M8
— KOD International (@Kom_Obr_Dem_Int) 8. Januar 2017
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Glaubwürdigkeit eingebüßt
An Glaubwürdigkeit büßte auch das oppositionelle „Komitee zum Schutz der Demokratie“ (KOD) ein, das Regierungskritiker vor dem Sejm versammelt hatte. Entgegen bisheriger Behauptungen habe KOD-Leiter Mateusz Kijowski von der Bürgerbewegung Geld kassiert, warfen Medien ihm vor. Rechnungen über rund 20 000 Euro an Kijowskis Computerfirma dienten ihnen als Beweis. Gegen den KOD-Leiter wurden Rücktrittsforderungen laut.
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The Column Hall has been blocked and this is how it looks like….#sejmprotest #ZjednoczonaOpozycja https://t.co/4bE4tiGljZ
— KOD International (@Kom_Obr_Dem_Int) 8. Januar 2017
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Fallende Umfragewerte
Hatten die Parlamentsbesetzer anfangs noch die Sympathie bei vielen Polen, beurteilen inzwischen viele die Aktion negativ. Das hat wohl auch damit zu tun, dass die PiS einer der zentralen Forderungen der Protestierenden nachgab: Medien dürfen wie bisher aus dem Sejm berichten.
Tagen im Nebensaal
Gestritten wird noch über die Haushaltsabstimmung im Sejm. Sie fand wegen des Protests in einem Nebensaal statt. Die Protestierenden halten das für nicht rechtens und fordern deswegen eine Wiederholung. Die PiS weigert sich, hat aber angekündigt, über einen Kompromiss verhandeln zu wollen – und hat dem Protest damit weiter Wind aus den Segeln genommen.
Schwäche der Opposition
Wieder einmal zeigt sich, dass die Stärke der nationalkonservativen Regierung in Polen vor allem die Schwäche der Opposition ist. Die agiert zu diffus, bisweilen unglaublich dilettantisch und uneinig. Klar ist, die Regierung wird das neue Jahr mit einer Versammlung beginnen. Sie hat für die erste Sitzung auf jeden Fall schon einmal den Nebensaal vorbereitet.
Nachtrag:
Dennoch sei die Sache nicht ausgestanden, erklärt er.
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Sprawa budżetu nie jest zamknięta.
— Grzegorz Schetyna (@SchetynadlaPO) 11. Januar 2017