Zuerst verschwanden in Tschetschenien zwei TV-Journalisten. Dann war plötzlich ein Kellner weg. In den vergangenen Wochen sind mehrere Männer zwischen 16 und 50 Jahren einfach verschwunden. Wie es nun heißt, sind die Männer Opfer von Polizeirazzien gegen Schwule.
Drei Tote bei Razzien
Die russische Zeitung „Nowaja Gaseta“ berichtet, dass im Zuge der Aktionen auch drei Männer ums Leben gekommen seien. Mehr als 100 weitere seien festgenommen worden, berichtete die Zeitung. Sie beruft sich dabei auf Polizei und Regierungskreise. Ekaterina Sokiryanskaya, Projektkoordinatorin für die International Crisis Group erklärte: „Ich habe viele Signale“ über die Razzien von homosexuellen Männern. Die Berichte kämen aus zu vielen Quellen, um nicht wahr zu sein.
„Es gibt keine Homosexuelle“
Ein Sprecher des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow hat allerdings eine völlig andere Sicht auf die Dinge. Er wies die Anschuldigungen brüsk zurück und behauptete, im mehrheitlich muslimischen Tschetschenien gebe es gar keine Homosexuellen. „Es ist unmöglich, jene zu verfolgen, die es in der Republik gar nicht gibt“, sagte der Sprecher der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti.
Die Situation für Schwule in der südrussischen Republik ist noch schlimmer als in anderen Teilen Russlands. Ein Großteil der russischen Bevölkerung betrachtet Homosexualität als Krankheit oder als schlechte Angewohnheit.
Repressionen gegen Regimekritiker sind in der autonomen Republik im Süden Russlands an der Tagesordnung. Die neuesten Vorfälle stellen eine Verschärfung dar – zumal Schwule bis zuletzt nicht im Hauptfokus der tschetschenischen Behörden standen.
Der Grünen-Politiker Volker Beck will in Deutschland auf die Verfolgung von Homosexuellen in der russischen Teilrepublik aufmerksam machen. Er schreibt auf Facebook:
„Die antihomosexuelle Verfolgungswelle in Tschetschenien muss man sehr ernst nehmen. Das Dementi aus Grosny klingt eher nach einer Bestätigung: Falls ein Homosexueller auftaucht wird durch Ermordung seine Nichtexistenz bewiesen. Ich habe mich heute an den Bundesaußenminister und die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung mit der Bitte gewandt, alles Mögliche für den Schutz der verfolgten Homosexuellen zu unternehmen.“