Polen entfernt sich von der EU

Jaroslaw Kaczynski geht seinen Weg. Der PiS-Chef setzt weiter seine umstrittenen Reformen um. Nicht nur die Opposition im eigenen Land redet von einem Versuch der Gleichschaltung der Medien und der Justiz sind. Ermutigt fühlt sich die Regierung dabei offensichtlich durch den Besuch von US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte in der Hoffnung auf große Gas- und Waffenaufträge Polen als Modellland in der EU gelobt.

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Proteste in Polen gegen die Regierung

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Die Besetzung der Gerichte

Erst am Samstag hatte der polnische Senat zwei umstrittene Vorlagen verabschiedet. Eine der Vorlagen sieht vor, dass das Parlament künftig über die Besetzung des Landesrichterrats entscheiden soll. Dem bislang als unabhängig geltenden Gremium obliegt die Besetzung der Richterposten im Land. Die zweite Vorlage erlaubt es dem von der PiS gestellten Justizminister, die Posten der Präsidenten an den ordentlichen Gerichten des Landes direkt zu besetzen.

Die uneingeschränkte Macht

Die liberale „Gazeta Wyborcza“ bringt ihre Befürchtungen so auf den Punkt: „Am Mittwoch haben die Abgeordneten der PiS die richterliche Unabhängigkeit aufgehoben und der uneingeschränkten Macht des Justizministers untergeordnet.“ Kaczynski könne in Zukunft, jeden, der ihm nicht passt, anklagen und verurteilen lassen. „Das ist das Ende des Rechtsstaats“. Und selbst der regierungsnahe Publizist Pawel Lisicki hat, wie er schreibt, „gemischte Gefühle“ bezüglich des Gesetzes und warnt davor, dass die Gerichte „der Exekutive, vor allem einem Ministerium untergeordnet werden.“
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Überraschend schwache Proteste

Allerdings blieben die Proteste gegen die Reform überraschend zurückhaltend. Allerdings hat sich die Opposition auch selbst ein Bein gestellt. Allein in Warschau wurden drei Proteste organisiert. Von einem gemeinsamen Auftreten kann also kaum die Rede sein.

Die Opposition zerlegt sich selbst

Doch die Gegner Kaczynskis haben noch ein wesentlich größeres Problem. Nach einem fulminanten Start haben sie ein Glaubwürdigkeitsproblem. Laut einer Umfrage des Politik-Magazins „Wprost“ meint die Hälfte der Polen, dass die Opposition nicht nur schwache, sondern gar keine Führungspersönlichkeiten habe – und dafür hat sie selbst gesorgt.

Ryszard Petru, der Chef der liberalen Partei Nowoczesna, galt einige Zeit lang als Gefahr für Kaczynski. Doch als er während Polens letzter großer politischer Krise im Dezember nach Portugal in den Urlaub flog, verspielte er seine Glaubwürdigkeit. Seine Partei stürzte in den Umfragen ab und liegt jetzt bei rund fünf Prozent.

Der Ruf ist ruiniert

Kurz davor hatte bereits Mateusz Kijowski, der Gründer des „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“ (KOD), seinen Ruf ruiniert. Als herauskam, dass er jahrelang keine Alimente gezahlt hatte, verzieh ihm das ein Teil der öffentlichen Meinung noch. Doch als Rechnungen an KOD von seiner Firma auftauchten, die belegten, dass er sich für seine Dienste gut hatte bezahlen lassen, war er erledigt. Das Beispiel von Kijowski schien für viele zu bestätigen, was die PiS immer wieder über ihre Gegner wiederholt: Sie sind „Diebe“, Menschen ohne Glaube und Moral, die die Politik und ihre persönlichen Kontakte nur nutzen, um sich persönlich zu bereichern.
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Stirnrunzeln in Berlin und Brüssel

Natürlich sorgt die Entwicklung in Polen auch für Sorgen in den anderen Staaten. So bezeichnet der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum, die Entmachtung des Verfassungsgerichts und nun die angekündigte Entlassung sämtlicher Richter des Obersten Gerichts als „Erosion des Rechtsstaates“.

Gleich fünf Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament empören sich ebenfalls öffentlich. Während sich die Bundesregierung aus Sorge vor einem bilateralen Konflikt mit der generell deutschlandkritischen Regierung in Warschau in Zurückhaltung übt, fordern Politiker von Union und SPD ein Vertragsverletzungsverfahren bis zum Entzug des Stimmrechts für Polen.

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