Mit populistischen Positionen haben Parteien in Deutschland weniger Chancen bei den Wählern als in den USA. Laut einer aktuellen Studie würde ein Einschwenken auf einen populistischen Kurs sogar Wählerstimmen kosten.
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30 Prozent Populisten
Die große Mehrheit der deutschen Wähler hält einer Studie zufolge eher wenig von populistischen Positionen, die sich gegen das Gesellschaftssystem richten. „Grundlegend systemablehnende und anti-pluralistische Einstellungen sind in Deutschland nicht mehrheitsfähig“, lautet das Fazit einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung. Allerdings seien mit knapp 30 Prozent ein knappes Drittel der Befragten populistisch eingestellt. Dem ständen aber knapp 37 Prozent gegenüber, die solche Positionen ablehnen und knapp 34 Prozent, die sie nur teilweise teilten.
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„Populismus geht immer mit einer Anti-Establishment-Haltung einher: Populismus kritisiert die etablierten politischen Parteien und Institutionen und oft auch die Medien. Während der Populismus in seiner radikalen Form diese Institutionen aber grundsätzlich infrage stellt, die herrschenden Parteien entmachten und das politische System radikal umbauen will, lehnt ein eher moderater Populismus die traditionellen Institutionen nicht gänzlich ab, sondern bemängelt einzelne Punkte und will diese verbessern.“
(Zitat aus der Studie)
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Auch diejenigen, die populistische Positionen teilen, sind der Studie zufolge eher moderat und plädierten zumeist nicht für radikale Ansichten. „Sie lehnen die Institutionen der Demokratie oder der EU nicht grundsätzlich ab, sondern kritisieren ihr Funktionieren“, schreiben die Autoren der Untersuchung. Darüber hinaus seien populistische Positionen für die große Mehrheit aller Wahlberechtigten nicht wahlentscheidend. „Von einer ‚Stunde der Populisten‘ ist das politische Klima vor der Bundestagswahl weit entfernt“, erklärte Robert Vehrkamp, Demokratieexperte der Stiftung die Ergebnisse. „Populisten in Deutschland sind häufig enttäuschte Demokraten, aber keine radikalen Feinde der Demokratie“. Gemessen an den USA und Frankreich sei die Kritik am politischen Establishment deutlich schwächer ausgeprägt.
Unter diesen Link erklärt Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung die Ergebnisse:
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„In Deutschland ist der Populismus in seiner Ausrichtung eher moderat als radikal einzustufen. So befürworten beispielsweise mehr als zwei Drittel der Menschen mit populistischen Einstellungen die EU-Mitgliedschaft und 85 Prozent bejahen das demokratische System.“ (Zitat aus der Studie)
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Populistisch eingestellte Wähler gibt es der Untersuchung zufolge über alle Parteigrenzen hinweg. Allerdings zeige sich, dass die Neigung zu populistischen Einstellungen umso größer ausfällt, je geringer der formale Bildungsstand und je niedriger das Einkommen ist. Das Thema, mit dem sich die Populisten in Deutschland derzeit am stärksten mobilisieren ließen, sei die Flüchtlingspolitik. Für die Studie wurden in drei repräsentativen Umfragen zwischen 2015 und 2017 jeweils mehr als 1.600 Wahlberechtigte interviewt. Ihre Ergebnisse sind repräsentativ für die Wahlberechtigten in Deutschland.
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Über die Studie:
Für die Studie wurden in drei repräsentativen Online-Panel-Umfragen zwischen Juli 2015 und März 2017 jeweils mehr als 1.600 wahlberechtigte Deutsche zu ihren politischen Einstellungen interviewt. Die Umfragen wurden in unserem Auftrag von infratest dimap durchgeführt. Die Umfragen sind repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung, die zum Zeitpunkt der Bundestagswahl 2013 wahlberechtigt war.
Als populistisch eingestellt gelten laut Studie Personen, die sich auf Grundlage eines Fragebogens vollständig zu insgesamt acht verschiedenen anti-pluralistischen, anti-Establishment- und pro-Volkssouveränität-Aussagen bekennen, mit denen Populismus empirisch gemessen wird.