Er ist der berühmteste Sohn der Stadt – als Namensgeber für den Flughafen in Kaliningrad ist Immanuel Kant aber offenbar nicht willkommen. Der deutsche Philosoph sorgte in den vergangenen Tagen für eine skurrile Kontroverse in der russischen Exklave, in deren Verlauf er von offizieller Seite sogar als „Verräter“ gebrandmarkt wurde.
.
.
Ein Sturm der Entrüstung gegen Kant
Kant wurde 1724 im damaligen Königsberg geboren und verbrachte fast sein ganzes Leben in der Stadt, die später unter sowjetischer Herrschaft in Kaliningrad umbenannt wurde. Bis vor kurzem führte Kant eine Online-Abstimmung zur Umbenennung des derzeitigen Chrabrowo-Flughafens an. Dies löste einen Sturm der Entrüstung aus. Der regionale Abgeordnete Andrej Kolesnik beschuldigte den Philosophen der „Russophobie“, obwohl es hierfür keine historischen Belege gibt. Er halte es für unpatriotisch, den Flughafen zu „germanisieren“.
Auch der Stabschef der russischen Ostseeflotte schaltete sich laut örtlichen Medien in die Debatte ein. In einem Video ist er zu sehen, wie er in einer Rede vor Soldaten dazu aufruft, nicht für den Philosophen zu stimmen. Kant wirft er vor, „sein Vaterland verraten“ zu haben.
.
„#Kant: ein Philosoph, der sein Vaterland verraten und irgendwelche unverständlichen Bücher geschrieben hat“: Hoher Militär zur Debatte um die Benennung des Flughafens in Kaliningrad: https://t.co/C121YE0hUb pic.twitter.com/uNHWSsDkdh
— dekoder (@dekoder_org) 5. Dezember 2018
.
„Kant“ verliert die Online-Umfrage
Die Kritik zeigte Wirkung: Kant verlor in der Online-Umfrage an Zustimmung und landete schließlich hinter der russischen Kaiserin Elisabeth I., deren Armee Königsberg 1758 eroberte, aber fünf Jahre später wieder verließ. Kant hatte sich während der kurzen russischen Herrschaft erfolglos um einen Lehrposten an der örtlichen Universität bemüht – sein Brief an Elisabeth I. kam nie an.
.
No you Kant: Russians reject German thinker’s name for airport https://t.co/WdC4oNkkqA
— BBC News (World) (@BBCWorld) 4. Dezember 2018
.
Wie aufgeheizt die Stimmung ist, hatte sich bereits in der vergangenen Woche gezeigt, als Kants Grab, ein Denkmal zu Ehren des Philosophen sowie eine Gedenktafel, die an sein Wohnhaus erinnert, mit Farbe beschmiert wurden. Auf Flugblättern äußerten Aktivisten sich erleichtert, „dass der Name des Deutschen nicht unseren Flughafen beflecken wird“.
.
Als berühmtester Sohn der Stadt #Kalinigrad sollte Immanuel #Kant jetzt akls Namensgeber für den Flughafen der Stadt dienen. Dies löste jedoch einen Sturm der Entrüstung aus. Man wirft dem Philosophen „Russophobie“ vor und beschmierte sein Denkmal. (Quelle: AFP) pic.twitter.com/W0KpaKmAb3
— 3sat Kulturzeit (@kulturzeit) 5. Dezember 2018
.
Die Stimmungsmache gegen Kant stieß aber auch auf Widerstand. Für „denkende Menschen“ sei Kant nicht Bürger eines bestimmen Landes, sondern ein Weltbürger, sagte der Sprecher der Kathedrale, die das Grab des Philosophen beherbergt. Auch der Leiter der Philosophischen Fakultät der Immanuel-Kant-Universität in Kaliningrad zeigte kein Verständnis für die Proteste.