Eine Insel im Atlantik schottet sich ab

In Frankreich sind wegen der Ausgangssperre viele Städter aufs Land gefahren. Dort sehen die Einheimischen das mit großer Sorge und reagieren rigoros.

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20.03.18-Groix

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Kein Fremder darf mehr auf die Insel

Der Bürgermeister von Groix greift durch. Dominique Yvon hat die kleine Insel vor der bretonischen Atlantikküste gesperrt. Kein Fremder darf das Eiland mehr betreten. Der Grund: die Île de Groix ist in Zeiten der Corona-Krise Zufluchtsort für viele Menschen aus der Stadt geworden. In den letzten Stunden vor Verhängung der landesweiten Ausgangssperre fand etwa in Paris ein wahrer Exodus aus der Millionenmetropole statt. Zu Zehntausenden strömten die Menschen aufs Land, zu ihren Verwandten oder in die Zweitwohnungen am Meer.

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Streit mit den „Eindringlingen“

Angesichts dieses Ansturms kommt es nicht nur auf Groix zu Reibereien zwischen Einheimischen und Gästen, die nun die Regale in den Geschäften vor Ort leerkaufen. Die Menschen in den Dörfern haben auch Angst, dass die Großstädter den Coronavirus einschleppen. Angesichts der überaus schlechten medizinischen Versorgung auf dem Land wäre das eine Katastrophe. Deshalb haben sich einige Bürgermeister im Département Morbihan entschlossen, das Vermieten von „Zimmern aller Art“ an Saisongäste zu verbieten. In der Region liegen die beliebten Inseln Belle-Île-en-Mer, Groix, Houat et Hoëdic. In den Häusern wohnen dürfen nur noch die Eigentümer oder nahe Verwandte – also deren Kinder oder Eltern.

Die Leute benehmen sich in der Krise wie im Urlaub

Nach Ansicht der Einheimischen kommt diese Beschränkung viel zu spät. In den sozialen Medien beschweren sie sich darüber, dass die „Eindringlinge“ sich benehmen würden, als seien sie im Urlaub. Gepostet werden Fotos auf denen trotz der Ausgangssperre Menschen mit ihren Surfbrettern am Stand zu sehen sind oder auf Fahrrädern kreuz und quer über die Inseln fahren. „Die Pariser halten sich an keine Regeln“, ist ein Satz, der in dieser Situation oft geäußert wird und die landesweiten Vorurteile der Landbevölkerung über die Bewohner der Hauptstadt wiederspiegelt: arrogant, respektlos, oberflächlich.

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Angst vor dem Coronavirus

Christophe Germain, Besitzer eines Fischladens in Belle-Île-en-Mer, profitiert einerseits von den Gästen und hat Verständnis, dass sie aus der Stadt geflüchtet sind. Auf der anderen Seite ist er sehr beunruhigt. „Jeder Neuankömmling könnte den Virus in sich tragen und ihn weitergeben,“ sagt er Geschäftsmann.

Die Stimmung im Département Morbihan ist noch aus einem weiteren Grund gereizt. Die Region war eine der ersten französischen Gegenden, in der viele Corona-Erkrankungen registriert wurden. Die Verantwortlichen haben darauf sehr früh mit drastischen Maßnahmen reagiert und die Verbreitung in den Griff bekommen. Nun befürchten die Menschen, dass dieser Erfolg zunichte gemacht wird und die Epidemie mit den Neuankömmlingen zurückkehren könnte.

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