Ein Wehrmachtsoldat hat einst ein Bild von Frankreich nach Berlin gebracht – Nun soll das Werk zurückgegeben werden, doch das ist nicht so einfach.
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Auf der Homepage des Weltzentrums für Frieden in Verdun wird über die Hintergründe des Bildes informiert.
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Kein bedeutendes, aber ein wichtiges Gemälde
Der französische Maler Nicolas Rousseau ist nicht wirklich ein Künstler von Weltgeltung. Dennoch ist eines seiner Gemälde aus dem 19. Jahrhundert im Moment eine Attraktion. „So etwas hat es zuvor noch nie gegeben“, sagt Philippe Hansch, Direktor des Weltzentrums für Frieden in Verdun, wo das Werk zu sehen ist. Dargestellt ist eine von zwei Baumgruppen gerahmte Landschaft, die ein schmales Gewässer durchzieht – viel wichtiger aber ist die Geschichte des Bildes. Neben dem etwa 40 mal 60 Zentimeter großen Gemälde hängt ein Zettel, darauf ist zu lesen: „Wenn Sie diese Bild kennen oder irgendwelche Informationen dazu haben, bitten wir Sie, dies am Empfang mitzuteilen.“
Das Bild wird nach Berlin verfrachtet
Die Odyssee des Werkes, dessen Wert auf rund 3000 Euro geschätzt wird, beginnt im Frühjahr 1944. Damals hatte der junge Luftwaffenunteroffizier Alfred Forner den Befehl bekommen, das Bild aus dem Nordwesten Frankreichs nach Berlin zu bringen. Doch als er die Raubkunst in Deutschland an der angegebenen Adresse abgeben will, steht er vor einer zerbombten Ruine. Er lässt das Gemälde in Berlin zurück, weil er wieder nach Frankreich an die Front muss, wo er nur wenige Wochen danach getötet wird.
Ein Mann will sein Gewissen erleichtern
So hing die idyllische Landschaft viele Jahrzehnte in einer Wohnung in Spandau, bis Peter Forner, der Sohn des damaligen Unteroffiziers, im vorigen Jahr kurz vor seinem Tod entschied, das Bild an den rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. „Es heißt, dass er noch einige Dinge in seinem Leben regeln wollte“, erzählt Julien Acquatella, der in Deutschland für die Entschädigungskommission CIVS arbeitet. „Die Frage des Gemäldes war ihm sehr wichtig, er wollte sein Gewissen erleichtern.“
Eine Große Ehre für das Zentrum in Verdun
Für das Weltzentrum für Frieden in Verdun sei es eine große Ehre, das Gemälde auszustellen, unterstreicht dessen Direktor Philippe Hansch. „Wir reden ständig vom Krieg“, erklärt er. „Den Krieg darzustellen ist sehr einfach. Es gibt Tausende Objekte. Aber den Frieden darzustellen, das ist viel komplizierter.“ Im Gemälde von Nicolas Rousseau und dessen Geschichte sieht er ein herausragendes Symbol für den Frieden. „Peter Forner hatte Angst, dass seine Familie wegen des gestohlenen Bildes in Misskredit geraten würde – aber genau das Gegenteil ist der Fall.“ Für den alten Mann sei die Rückgabe ein Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft und der Aussöhnung gewesen.
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„Si vous le reconnaissez, merci de le signaler“ : un tableau dérobé sous l’Occupation s’expose à Verdun pour retrouver ses propriétaireshttps://t.co/nGlOgySOaj pic.twitter.com/f8jvlAwVdh
— franceinfo (@franceinfo) August 18, 2020
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Das Gemälde helfe, die deutsch-französische und europäische Geschichte besser zu erklären, ist Philippe Hansch überzeugt. Damit werde auch für Verdun eine neue Seite im deutsch-französischen Geschichtsbuch geschrieben. Bei Verdun gab es im Ersten Weltkrieg eine der blutigsten Schlachten zwischen Deutschland und Frankreich.
Eine sehr komplizierte Suche
Die Verantwortlich wollen sich allerdings nicht darauf verlassen, dass in Verdun zufällig ein Besucher des Zentrums Informationen über den möglichen Besitzer des Bildes liefern kann. Auch in Deutschland sucht die Entschädigungskommission weiter nach Hinweisen. „Wir wissen, dass Alfred Forner in der Normandie und im Pas-de-Calais stationiert war“, sagt Julien Acquatella. Leider habe auch sein Sohn nicht mehr über die Herkunft des Gemäldes gewusst. Also beginnt nun für alle Beteiligten das, was in Französisch eine „travail de fourmi“ genannt wird – eine Ameisenarbeit.