Wer in Paris einen Döner will, muss einen Grec bestellen – auch wenn er einen Kebab haben will.
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Frankreich ist in drei Teile geteilt
Julius Cäsar hatte Recht: ganz Gallien ist in drei Teile geteilt. Unterschied der römische Feldherr vor rund 2000 Jahren allerdings nach Volksstämmen, sind die Trennlinien durch das heutige Frankreich eher kulinarischer Natur. Seit vielen Jahren heftig diskutiert wird der Chocolatine/Pain au Chocolat-Graben. Im Südosten bestellen die Einheimischen zum Frühstück eine Chocolatine, doch das ist eine Bezeichnung, die im Rest des Landes kaum jemandem über die Lippen kommen würde. Nun haben Sprachwissenschaftler aber herausgefunden, dass Frankreich in Wahrheit sprachlich dreigeteilt ist.
In seinem Buch „Comme on dit chez nous” (“Wie man bei uns sagt”) konstatiert der Linguist Mathieu Avanzi, dass es in Frankreich drei Bezeichnungen für einen Döner gibt, die regional genau einzugrenzen sind. So wird das mit gegrilltem Fleisch gefüllte Fladenbrot im Großraum Paris „grec“ genannt. Im großen Rest von Frankreich heißt es „kebab“ – außer im Elsass, wo es schlicht „döner“ genannt wird.
Der Siegeszug des Döner aus Deutschland
Wie Mathieu Avanzi erklärt, ist die populäre Mahlzeit ein wahrer Kosmopolit. Die Zubereitungsart des Fleisches stamme ursprünglich aus dem arabischen Raum, erfunden worden sei die schnelle Mahlzeit aber in den 1970er Jahren in Berlin, von einem türkischen Migranten namens Mehmet Aygun. Kurz danach begann sie ihren Siegeszug auch in Frankreich. Vor allem in Paris war das preiswerte Essen bei Studenten und Touristen sehr beliebt. Verkauft wurde er dort im Quartier Latin, vor allem von griechischen Bistrobesitzern. Aus diesem Grund der Name: grec (Grieche). In anderen Teilen Frankreichs wurde allerdings die Art der Herstellung zum Namenspatron: kebab (gegrilltes Fleisch). Und die Bezeichnung Döner im Elsass? Die erklärt der Fachmann schlicht mit der Nähe zu Deutschland.
Ein algerischer Grieche
In Paris kommt es angesichts der Bezeichnung „grec“ bisweilen zu einem Nationalitäten-Wirrwarr. Auf dem Boulevard Barbès, im Norden der Hauptstadt, reiht sich ein Schnellimbiss an den anderen, der seine leckeren Gerichte anbietet. Je nach Herkunft des Budenbesitzes kann man dann einen „grec algérien” (algerischen Griechen), tunesischen, türkischen oder auch einen kurdischen Griechen zu sich nehmen. Im Viertel Saint-Michel wird auch ein „Paris Antalya Grec” serviert.
Der Kebab auf dem Rückzug
Die Bezeichnung „kebab“ ist nach Aussage von Mathieu Avanzi allerdings auf dem Rückzug. Vor allem bei den jungen Franzosen setzt sich mehr und mehr die Bezeichnung „grec“ für den gegrillten Happen durch. Auch hier liefert der Sprachwissenschaftler eine einleuchtende Erklärung. In den sozialen Netzwerken geben die selbstbewussten Internet-Nutzer aus der Region Paris den Ton an. Das färbt ab und so wird auch in der französischen Provinz immer häufiger ein „grec“ bestellt“, wenn man einen „kebab“ oder einen „döner“ haben möchte.