Rettet Corona manchem Wildschwein das Leben?

In Frankreich herrscht ein rigider Lockdown. Die Jäger wollen weiter auf die Pirsch, doch darüber gibt es Streit

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Die Verwerfungen um die Jagd in Corona-Zeiten sind nicht ganz einfach zu klären

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Millionen besitzen einen Jagdschein

Das Jagen ist in Frankreich eine überaus populäre Angelegenheit. Weit über eine Million Menschen besitzen einen Jagdschein und freuen sich alljährlich auf den Herbst, wenn die Jagdsaison eröffnet wird. Dieses Mal gibt es allerdings ein Problem: im ganzen Land gilt ein rigider Corona-Lockdown. Das heißt, jeder darf sein Haus pro Tag nur mit einem guten Grund für eine Stunde verlassen und kann sich dann ausschließlich im Umkreis von einem Kilometer seiner Wohnung bewegen.

Die französischen Jäger haben allerdings eine gut funktionierende Lobbyabteilung, deren Einfluss auch in dieser Ausnahmesituation bis nach Paris reicht. Die Politik hatte also ein Einsehen und Bérangère Abba, Staatssekretärin für Biodiversität, verkündete auf dem Nachrichtendienst Twitter, dass für die Waidmänner während des Lockdowns allerlei Ausnahmen gelten würden. So sollte etwa die Jagd auf Wildschweine, die in den Wäldern große Schäden anrichten, weiter möglich sein.

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Die Jäger wollen mehr Tiere jagen

Die Schar der Jäger jubelte, zumal Willy Schraen, Präsident der nationalen Jägervereinigung, flugs erklärte, dass diese Ausnahmen natürlich auch für Hasen, Fasanen und Tauben gelten würden und eine Stunde der „waidmännischen Entspannung“ durchaus erlaubt sei. Diese Ankündigung löste allerdings einen Sturm der Entrüstung aus. Bastien Lachaud, Parlamentsabgeordneter der linken Partei La France Insoumis, empörte sich über den „unglaublichen Skandal“, dass kleine Geschäfte und Buchläden schließen müssen und die Jäger ihrer Freizeitbeschäftigung nachgehen dürfen.

Staatssekretärin Bérangère Abba sah sich folglich genötigt, den obersten Jäger zurückzupfeifen und erklärte ausdrücklich, dass ausschließlich Wildschweine und Rotwild gejagt werden dürften – oder vielleicht der eine oder andere Kormoran, die in den Fischzuchtanlagen enorme Schäden anrichten würden.

Jäger fürchten dramatische Konsequenzen

Das aber ist Jean Guichou, Direktor des Jägerverbandes im Département Ariège, zu wenig. Er prophezeite „dramatische Konsequenzen“, wenn die Jagd zu sehr eingeschränkt würde. Die Zahl der Autounfälle mit Wild könnten sprunghaft ansteigen und er warnte vor Ernteausfällen. Guichou sieht sogar die Biodiversität der Wälder in Gefahr, sollte eine Tierpopulation zu stark zunehmen.

Umweltschützer sind empört

Da platze Allain Bougrain-Dubourg, Präsident der französischen Vogel- und Umweltschützer, der Kragen. Er warf den Jägern Scheinheiligkeit vor und wird dabei sehr grundsätzlich. Die würden sich doch nicht um die Natur, sondern vor allem um ihr Freizeitvergnügen kümmern. Im Winter würden etwa die Wildschweine durchgefüttert, damit sie im nächsten Herbst abgeschossen werden könnten. Statt nur mit dem Gewehr durch den Wald zu pirschen, sollten sich die Waidmänner um eine anständige Hege und Pflege kümmern. Beide Seiten tauschen inzwischen täglich im für die sozialen Medien gängigen Ton ihre Argumente für und gegen die Jagd aus und es wird deutlich, dass das große Halali in dem Streit also noch nicht geblasen ist.

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