Tierschützer jubeln, Feinschmecker sind empört – Großbritannien wird wohl den Import von Gänsestopfleber verbieten. Doch auch auf der Insel regt sich Widerstand.
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Zweifelhafter Ruf der britischen Küche
Die Briten sind in der Welt der Kulinarik nicht gerade als Feinschmecker bekannt. Einem Volk, das eine Portion fettige Fish and Chips und ein schales Bier dazu als vollwertige Nahrung ansieht, scheint definitiv der geschmackliche Orientierungssinn abhandengekommen zu sein. Insofern können die Einwohner Großbritanniens dankbar sein, dass ihnen von den Festlandeuropäern der kulinarische Horizont entschieden erweitert wurde. Die Einflüsse auf den britischen Gaumen lassen sich allerdings nicht nur auf italienische Pizza reduzieren, die es inzwischen selbst im letzten schottischen Dorf in bisweilen eher zweifelhafter Qualität zu bestellen gibt. Betuchteren Kreisen in Großbritannien scheint es die französische Küche angetan zu haben, die in der ganzen Welt höchstes Ansehen genießt.
Aus diesem Grund werden etwa jedes Jahr rund 200 Tonnen Gänsestopfleber über den Ärmelkanal verschifft. Doch damit könnte nun Schluss sein. Grund dafür ist der Brexit. Doch die Sache ist kompliziert: laut Gesetz darf seit 2006 auf der Insel selbst keine Gänsestopfleber mehr produziert werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers ist es zu grausam, Gänse und Enten mit dem alleinigen Ziel zu mästen, dass sie eine möglichst große Leber bekommen.
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Ein Entscheidung – mit einem großen Schlupfloch
Die französischen Züchter fanden jedoch ein Schlupfloch. Sie pochten auf die EU-Binnenmarktverordnung mit seinem freien Warenverkehr und durften daraufhin ihre Foie Gras auch nach dem britischen Stopfverbot weiter nach Großbritannien exportieren. Nun hat sich der britische Minister für Umwelt und Ernährung, Zac Goldsmith, erneut dieser Sache angenommen. Da London nach dem Brexit nicht mehr an die EU-Regeln gebunden sei, argumentiert er, könne auch bald die Einfuhr von französischer Gänsestopfleber reglementiert werden. Mit einem Verbot sei schon in den nächsten Monaten zu rechnen.
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Bei britischen Feinschmeckern stößt das Vorhaben auf Unverständnis. Victor Garvey, Chef des mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurants Sola im schicken Londoner Stadtteil Soho, glaubt nicht, dass es in diesem Fall um den Tierschutz geht. „Es ist doch völlig verrückt, dass wir Foie Gras verbieten wollen, aber nicht über die Quälerei bei der heimischen Batterie-Haltung von Hühnchen reden“, sagte er dem „Evening Standard“. Er glaubt, dass es den Politikern lediglich um einen kleinen symbolischen Sieg gegenüber der EU im Streit um den Brexit geht.