Paris – die Stadt der Liebe und der Jogger

Paris ist ein erstaunlich vielseitiges Revier für Dauerläufer. Allerdings gilt es einige kleine Regeln zu beachten.

Paris hat viele Namen. Die Stadt der Liebe, die Stadt des Lichts, die Stadt der Mode – für jeden Geschmack und Gemütszustand ist etwas geboten. Mit der französischen Kapitale verbinden die Besucher aus aller Welt allerlei Attribute, aber was kaum jemand ahnt: Paris ist auch die Stadt der Jogger. In kaum einer Metropole macht es so viel Spaß, sich die Laufschuhe zu schnüren und eine Runde zu drehen. Und der Vorteil ist, dass für jeden Läufertyp etwas geboten ist. Ein Kilometerfresser kommt genauso auf seine Kosten wie der Genuss-Jogger. Allerdings sollte der Sportler für seine schweißtreibenden Aktivitäten die richtige Tageszeit wählen. Eine Grundregelt gilt: Nie am Sonntagmorgen! Außer man ist eine eher kommunikative Seele und rennt gerne im Konvoi mit unzähligen Gleichgesinnten durch die Gegend. Spätestens dann wird jedem bewusst, dass Paris eine Millionenstadt ist, in der auch sehr viele Freunde des Ausdauersports wohnen.

Wer sich entschließt, an der Seine zu joggen, der muss auf jeden Fall den Abend wählen. In dieser Stunde, wenn sich langsam die Nacht über die Stadt senkt, ist es am Fluss am schönsten. Die Farben wechseln vom knalligen Bonbon ins satte Pastell und eine gewisse Lässigkeit macht sich breit – auch unter den Läufern. Gerannt wird oft in kleinen Gruppen und das Tempo wird so gehalten, dass ein kleines Schwätzchen möglich ist. Wer dennoch eine kleine Herausforderung sucht, der kann mit den Ausflugsschiffen eine Weile um die Wette laufen.

Allerdings heißt es auf der abendlichen Joggingrunde immer: Augen auf. Das hat zwei Gründe. Der erste und eher weniger erfreuliche sind die Trottinette. Das sind Roller mit Elektroantrieb, von denen in Paris rund 7000 über das Stadtgebiet verteilt sind. Sie können von jedermann mit dem Handy und der entsprechenden App gemietet werden. Diese Dinger sind die Pest! Die Gefährte sind leise, sehr schnell und meist werden sie gesteuert von einem liebes- oder auf eine andere Art angetrunkenen Touristen. Die erste Lehre nach einer Runde am Fluss: die Trottinette sind die natürlichen Feinde des Läufers.

Der entscheidende Grund aber, beim Joggen an der Seine die Wahrnehmung nicht nur auf den inneren Schweinehund zu richten, ist die grandiose Kulisse. In keiner anderen Stadt der Welt ist das Laufen ein so überwältigendes optisches Erlebnis. Das ist auch der Bürgermeisterin Anne Hidalgo zu verdanken, die vor einigen Jahren einfach die Straße am Ufer der Seine zwischen Eifelturm und Louvre für den Autoverkehr sperren ließ. So läuft man vor sich hin und kann sich gar nicht sattsehen an den beleuchteten historischen Gebäuden, deren Silhouetten sich im Wasser spiegeln. Und wenn die Beleuchtung des Eifelturms in der untergehenden Sonne vor dem glutroten Abendhimmel zu blinken beginnt, hält man automatisch inne, um dieses Schauspiel stehend zu genießen. Allein für diesen umwerfenden Anblick hat sich die Runde gelohnt.

Eine ganz andere Atmosphäre herrscht im Bois de Boulogne im Westen der Stadt. Dort sind keine Jogger unterwegs, sondern Läufer. König Ludwig XVI. öffnete Ende des 18. Jahrhunderts dieses Waldstück für die Normalsterblichen, das bis zu jenem Zeitpunkt dem Adel als Jagdrevier gedient hatte.  Auf den scheinbar unendlichen Waldwegen kann man tagelang unterwegs sein und Kilometer schrubben. Die Luft ist frisch und der Boden sandig und weich, schont also die Gelenke. Gestört wird man allenfalls ab und an von einem galoppierenden Reiter oder einem Radfahrer.

Für den Läufer mit Orientierungsschwäche lohnt sich im Bois de Boulogne allerdings ein GPS-Gerät mitzuführen. Die Größe des Parks ist nicht zu unterschätzen. Am Ende der Runde wartet – wie immer in Paris – dann noch eine optische Belohnung. Wer den Park auf Höhe der Avenue Foch verlässt, der hat einen atemberaubenden Blick auf den Triumphbogen, der den Beginn der Champs-Elysée markiert.

Die größte Überraschung auf den Sportfan wartet vielleicht im 19. Arrondissement. Der Parc des Buttes-Chaumont ist ein abwechslungsreiches Laufrevier – allerdings auch ein überaus anspruchsvolles. 1867 zur Weltausstellung unter Napoleon III. eröffnet, hat die Fläche eine eher profane Geschichte. Gebaut wurde der 25 Hektar große Park als Kunstlandschaft auf das steile Gelände eines Steinbruchs am Rande der ehemaligen Müllkippe von Paris. Fakt ist: auf einer Runde durch das Grün gilt es immer wieder beträchtliche Höhenunterschiede zu überwinden – es ist also das ideale Gelände für geübte Intervallläufer. Ein großer See in der Mitte des Parks und ein rund 50 Meter hoher Wasserfall sorgen auch im Sommer für etwas Abkühlung. Es ist allerdings abzuraten, an schönen Wochenenden dort Rennen zu gehen. Dann ist der Buttes-Chaumont bevölkert mit Tausenden von Menschen, die Baguette, Käse, Wein und allerlei Picknick-Utensilien durch die Gegend schleppen und sich mit ihren Decken auf den ausgedehnten Wiesen niederlassen. Paris ist schließlich nicht nur die Stadt der Dauerläufer, sondern auch des Savoir-Vivre. ENDE-ENDE