Parteispende: Die Saubermänner der AfD in Erklärungsnöten

Die Saubermänner stecken schon wieder im Sumpf. Die Alternative für Deutschland (AfD) sieht sich wegen einer drohenden Parteispendenaffäre harscher Kritik ausgesetzt. Natürlich melden sich alle anderen Parteien zu Wort – aber auch aus den eigenen Reihen kommen harsche Worte.

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Die Grünen und die SPD forderten umgehende Aufklärung über die möglicherweise illegale Großspende aus der Schweiz. Die AfD-Spitze um Alexander Gauland, Jörg Meuthen und Alice Weidel könne sich „nicht länger ahnungslos geben“, sagt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann. Baden-Württembergs SPD-Chefin Leni Breymaier und SPD-Chefhaushälter Johannes Kahrs forderten Weidels Rücktritt, sollte die Spende illegal gewesen sein.

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Der baden-württembergische AfD-Landeschef Ralf Özkara hatte von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ von der möglichen Existenz eines solchen Kontos erfahren und daraufhin eine Untersuchung eingeleitet. Zu dem Vorgang befragt, sagte er, dass dem Landesverband „aus 2017 noch kein Rechenschaftsbericht des Kreisverbands Bodensee“ vorliege. Gleichwohl erklärte Özkara: „Verantwortung für diese Großspende tragen alle, die davon wussten, dass so eine Spende eingegangen ist.“ Sollte Weidel davon gewusst haben, trage sie die „Hauptverantwortung“. Sei die Spende illegal, erwarte er, dass Weidel „von allen Ämtern und Mandaten zurücktritt“.

Nach Recherchen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ sollen zwischen Juli und September 2017 gut 130 000 Euro von einer Schweizer Pharmafirma in mehrere Tranchen von meist 9000 Schweizer Franken gestückelt an den AfD-Kreisverband Bodensee geflossen sein, in dem die jetzige Fraktionsvorsitzende Weidel für den Bundestag antrat. Als Spendenzweck habe der Geldgeber angegeben: „Wahlkampfspende Alice Weidel“.

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LobbyControl, ein gemeinnütziger Verein, der sich für mehr Transparenz in politischen Entscheidungsprozessen einsetzt, nannte den Geldfluss aus der Schweiz „inakzeptabel“. Weidel könne sich als namentlich Begünstigte nicht herausreden, erklärte Ulrich Müller von LobbyControl am Sonntagabend. Auch sei dies bereits der dritte Fall dubioser Geldströme aus der Schweiz. „Seit Jahren profitiert die AfD von millionenschwerer Wahlkampfhilfe, die über eine Agentur in der Schweiz abgewickelt wird“, erklärte Müller.

Dieser Tweet von Alice Weidel ist zwar anders gemeint, bekommt unter den gegebenen Umständen aber eine ganz neue Bedeutung:

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Die gezielte Provokation der AfD-Frau Beatrix von Storch

Die Kölner Polizei hat gegen die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt. Die Partei wird sich darüber freuen – sie lebt vom politischen Krawall.

Ein Kommentar:

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Provokation auf Twitter

War der Tweet von Beatrix von Storch ein verbaler Ausrutscher? Sicher nicht. Die islamfeindliche Aussage der AfD-Bundestagsabgeordneten auf dem Kurznachrichtendienst Twitter war eine gezielte Provokation. Das Silvesterfeuerwerk war kaum verglommen, schon war die Alternative für Deutschland wegen der Aussage der Bundestagsabgeordneten wieder in aller Munde. Ein freundlicher Tweet der Kölner Polizei in mehrere Sprachen – auch Arabisch – wurde kurzerhand zur Grundlage einer Hassbotschaft der AfD-Politikerin.

Was zählt ist der Krawall

Die Partei fährt weiter den Kurs, mit umstrittenen Aussagen für Empörung zu sorgen und auf sich aufmerksam zu machen. Das scheint noch immer ein Erfolgsrezept, auf diese Weise hat die AfD den Einzug in 13 Länderparlamente und schließlich auch den Bundestag geschafft. Im Klartext heißt das: die Partei sucht nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit komplexen politischen Themen. Was wirklich zählt, ist der Effekt. Die einfache Gleichung lautet: je mehr Krawall, desto besser. Kein Thema eignet sich dafür besser als die Flüchtlinge.

Die Wähler wollen irgendwann Erfolge

Für dauerhaften politischen Erfolg wird diese Strategie aber nicht reichen. Die AfD muss im Bundestag beweisen, dass sie zu konstruktiver Zusammenarbeit in vielen Themenbereichen fähig ist. Tut sie das nicht, wird sie eine Randerscheinung bleiben und eines Tages vielleicht wieder ganz verschwinden. Die Wähler wollen irgendwann Erfolge sehen. Die Pose des bloßen Provokateurs kann ziemlich schnell langweilen.

Bedenkliche AfD-Personalie in Potsdam

Stühlerücken im Landtag von Brandenburg: Nach der Bundestagswahl wechselt bei der AfD der bisherige Fraktionschef Gauland nach Berlin. Sein Nachfolger im Landtags ist allerdings hoch umstritten.

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Gauland legt das Mandat nieder

Als Nachfolger von AfD-Spitzenpolitiker Alexander Gauland zieht der umstrittene AfD-Politiker Jan-Ulrich Weiß in den Potsdamer Landtag ein. Weiß habe als Nachrücker auf der Landesliste der Partei das Mandat angenommen, teilte der Landtag auf Anfrage mit. Gauland hatte das Landtags-Mandat nach seiner Wahl in den Bundestag wie angekündigt niedergelegt.

Anklage wegen Steuerhinterziehung

Der Gauland-Nachfolger Weiß ist Kreischef der AfD in der Uckermark. Im Sommer hatte die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen ihn eine Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben. Ihm wird vorgeworfen, mit einem Mittäter Anfang 2013 zwei Lastwagen-Ladungen mit unversteuerten Zigaretten aus den Niederlanden über Belgien nach Großbritannien gebracht zu haben. Den Niederlanden soll dadurch rund eine Million Euro an Steuern entgangen sein.
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In der AfD umstritten

Weiß ist auch innerhalb der AfD umstritten. Gauland hatte versucht, ihn wegen einer umstrittenen Karikatur im Internet aus der Partei auszuschließen. Damit war er jedoch vor dem Bundesschiedsgericht gescheitert. Gauland selbst hatte vor Monaten versichert, Weiß werde auf keinen Fall sein Nachfolger. Das ist nun offensichtlich anders gekommen.

Keine Alternative für Frauke Petry

AfD-Chef Jörg Meuthen reagierte mit einer Mischung aus Verblüffung und Empörung: „Das ist mit uns nicht abgesprochen gewesen“, sagte er am Montag zu der überraschenden Ankündigung von Co-Chefin Frauke Petry, der Bundestagsfraktion nicht angehören zu wollen.

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Pressekonferenz mit Gauland und Weidel

Petry hatte die Bombe zu Beginn der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel sowie Meuthen platzen lassen, bei dem nach dem fulminanten Wahlsieg eigentlich der künftige Kurs dargelegt werden sollte.

Der Bruch war vorprogrammiert

Der Richtungsstreit in der AfD strebt damit einem neuen Höhepunkt zu. Schon beim Kölner Parteitag im April war Petry mit einem Antrag gescheitert, in dem sie ihre Partei auf eine Distanzierung von dem vielfach als völkisch bezeichneten Kurs des Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke festlegen wollte. Höcke ist ein Symbol für die Radikalisierung von Teilen der AfD-Funktionäre. Bundesweit löste er mit abwertenden Äußerungen über das Holocaust-Mahnmal in Berlin Empörung aus. Zudem werfen ihm Kritiker vor, sich nicht eindeutig von der rechtsradikalen NPD abgesetzt zu haben.
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Petry will Wähler nicht verschrecken

Petry mahnte in Köln, damit würden bürgerliche Wähler verschreckt. Auf die aber sei die AfD angewiesen. Mittlerweile scheinen aber auch Gauland und Weidel auf einen radikalen Kurs eingeschwenkt zu sein. So forderte Gauland, „stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen.“ Weidel wiederum dementierte nicht eindeutig eine ihr zugeschriebene Email mit fremdenfeindlich Attacken.

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Sachsen-AfD setzt sich von Petry ab

Wie viele Unterstützer Petry in der AfD hat, ist allerdings ungewiss. Neu gewählte sächsische AfD-Bundestagsabgeordnete und Teile des Landesvorstands haben sich deutlich von der Landesparteichefin Frauke Petry distanziert. Petry habe das Vertrauen der Partei verspielt, sagte der sächsische Landesvize Siegbert Droese am Montag in Leipzig. Es sei ein Affront gewesen, wenige Tage vor der Bundestagswahl die Spitzenkandidaten der eigenen Partei öffentlich zu kritisieren. „Für uns kann es mit Frauke Petry keine Zusammenarbeit mehr geben“, sagte auch das sächsische AfD-Landesvorstandsmitglied Jörg Borasch.

Unterdessen in Dresden:

Dort haben sich am Tag nach der Bundestagswahl etwa 1500 Menschen zu einer der regelmäßigen „Pegida“-Kundgebungen versammelt. Redner der islamfeindlichen „Pegida“-Bewegung und der AfD drückten vor den Teilnehmern auf dem Dresdner Neumarkt ihre Freude über das starke Abschneiden der Rechtspopulisten bei der Wahl vom Vortag aus. „Pegida“-Gründer Lutz Bachmann nannte das Wahlergebnis erst den Anfang und gab das Ziel aus, dass die AfD nach der nächsten Landtagswahl 2019 den Ministerpräsidenten im Freistaat Sachsen stellen wolle.

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Auf Plakaten war bei der Kundgebung am Montagabend etwa zu lesen „Wahlsieg!“, „Lügenpresse“ und „Politikerpack in den Gulag. Ausmisten.“ „Pegida“ und AfD-Vertreter hatten in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder den Schulterschluss gesucht. Die sächsische AfD-Vorsitzende Frauke Petry hatte sich indes gegen gemeinsame Veranstaltungen ausgesprochen.

Die Rolle von Pegida

Pegida sei nicht unerheblich daran beteiligt gewesen, dass es der AfD in Sachsen gelungen sei, stärkste Kraft zu werden, sagte das Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Egbert Ermer, bei der montäglichen Kundgebung des islamfeindlichen Bündnisses. Er versprach den zahlreichen Zuhörern: „Wir werden in Berlin diesem Pack, diesem rot-gelb-grün-versifften Pack, diesen Volksverrätern, auf die Finger schauen.“

Hass gegen Petry

Zugleich griff er AfD-Chefin Frauke Petry scharf an, die in seinem Wahlkreis ihr Direktmandat für den Bundestag geholt hatte – am Montag dann aber mitteilte, der AfD-Fraktion im Bundestag nicht beitreten zu wollen. Wenn „einige mit dem Namen P.“ dächten, „sie müssten jetzt ihr eigenes Süppchen kochen, können wir nur sagen, Reisende halten wir nicht auf“. Er prophezeite der Parteivorsitzenden, in der „politischen Versenkung“ zu verschwinden.

 

In Hör- und Sichtweite zu der „Pegida“-Kundgebung auf dem Dresdner Neumarkt fanden auch am Montagabend Gegenproteste mit Pfeifkonzerten statt, allerdings mit geringeren Teilnehmerzahlen.


Nachtrag 1:

Parteichefin Frauke Petry hat ihren Austritt aus der AfD angekündigt. „Klar ist, dass auf Dauer dieser Schritt wohl auch erfolgen wird“, sagte sie am Dienstag in Dresden. „Aber wann er erfolgt, das möchten wir uns selbst vorbehalten. Es sei denn, andere kommen uns zuvor“, sagte sie mit Blick auf Forderungen nach einem Parteiausschluss. „Das Verlassen einer Fraktion ist normalerweise eine Möglichkeit, jemanden aus der Partei zu entfernen.“ (26.09.2017)

Nachtrag 2:

Der AfD-Chef in Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell, will Partei und Fraktion verlassen. Diesen Schritt habe Pretzell, der auch die Fraktion leitet, für deren nächste Sitzung angekündigt, sagte AfD-Fraktionssprecher Michael Schwarzer am Dienstag in Düsseldorf. (26.09.2017)

AfD-Chefin Petry kritisiert Weidel und Gauland

Was wird aus Frauke Petry? Immer mehr entsteht der Eindruck, dass die AfD-Chefin mit ihrer Partei längst gebrochen hat. 

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Petry und ihr Co-Chef Meuthen sind erbitterte Gegner innerhalb der AfD

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Frauke Petry gegen Alice Weidel

Kurz vor der Bundestagswahl geht Frauke Petry demonstrativ auf Distanz zum Spitzenduo der Alternative für Deutschland. Sie verstehe, wenn die Wähler über Äußerungen von Alice Weidel und Alexander Gauland „entsetzt“ seien, sagte Petry in einem Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“. Die 42-Jährige, die als Spitzenkandidatin der sächsischen AfD bei der Bundestagswahl antritt, sagte:

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„Es ist zu erleben, dass sich gerade viele bürgerliche Wähler abwenden. Das liegt auch an Schlagzeilen, wie sie in jüngster Zeit produziert wurden.“

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Eine rassistische Mail von Weidel

Damit zielt Petry natürlich auf eine E-Mail von Alice Weidel, die darin rassistische und Demokratie verachtende Bemerkungen gemacht haben soll. Gauland hatte Anfang September bei einem Treffen der AfD-Rechtsaußen-Gruppe „Der Flügel“ das Recht auf „Stolz“ auf die Leistungen von Wehrmachtssoldaten gefordert.

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Kritik am Streit in der AfD

Petry kritisierte den Richtungsstreit und den erstarkenden rechten Flügel innerhalb der Partei, der die AfD schwäche. Die parteiinternen Konflikte gingen „natürlich nicht spurlos“ an der AfD und den Wählern vorbei. „Die Gefahr für die Kanzlerin ist durch die internen Verwerfungen der AfD kleiner geworden“, sagte Petry. Für die Bundestagswahl erwartet sie, „dass die AfD auf jeden Fall zweistellig wird“. In Sachsen liege die Partei momentan bei knapp unter 20 Prozent, sie habe hier „allerdings schon mal mehr Zuspruch“ gehabt, sagte Petry.

Petry in Köln kaltgestellt

In der AfD tobt seit längerem ein erbitterter Führungsstreit. Auf dem Kölner Parteitag im vergangenen April war Petry de facto kaltgestellt worden, Weidel und Gauland wurden zum Spitzenduo für die Bundestagswahl gewählt. Im Wahlkampf war die Bundesvorsitzende über Sachsen hinaus kaum sichtbar. Petry verteidigte ihren auf dem Kölner Parteitag gescheiterten Zukunftsantrag.

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„Ich hatte gehofft, die AfD personell und strukturell so aufzustellen, um ab 2021 regieren zu können. Das wäre aber nur gegangen, wenn der Wähler weiß, was er mit der AfD bekommt – mit einer Fundamentalopposition oder einer Bewegungspartei, wie es große Teile der Partei sehen, geht das nicht.“

Die AfD hat ein Problem mit der idealen Familie

Der Bundestag wird am Freitag über die „Ehe für alle“ entscheiden. Die Alternative für Deutschland (AfD) in Berlin positionierte sich in der Debatte, die zurzeit im Netz geführt wird, deutlich zu dem Thema und twitterte folgendes Foto. Auf dem Bild zu sehen: eine Familie, wie die AfD die sich vorstellt: Vater, Mutter und drei Kinder. 

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Dass Bild als solches einigen Interpretationsspielraum lässt – sind das zwei lesbische Frauen und ihr Samenspender? –  ist die eine Sache. Den Spott der Netzgemeinde provoziert etwas anderes. Die Partei hat sich einfach ein Stock-Foto aus einer frei verfügbaren Bilddatenbank ausgesucht – in diesem Fall von der Plattform Pixabay.

Das Problem: auf diese Idee kamen auch andere Leute. Das heißt, dass das Foto oder die darauf abgebildeten Menschen in vielen anderen Zusammenhängen zu finden sind. Das ist völlig normal bei kostenlosen Stock-Fotos, in diesem Fall für die AfD Berlin aber eher peinlich.
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Der Social-Media-Chef der Funke Mediengruppe, Lars Wienand, entdeckte die AfD-Familie schon bald auf der Internetseite eines Scheidungsanwalts. Noch peinlicher für die AfD Berlin ist aber die Entdeckung des Twitter-Nutzers @deinTherapeut. Der fand das Bild auch bei einer Veröffentlichung der Zeitschrift „Psychology Today“. Thema des Blogeintrags dort: Kinder in Familien, in denen die Eltern polyamoröse Beziehungen haben.

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Andere Internet-Nutzer machten sich unter dem Hashtag #EheFuerAlle eigene Gedanken über die ideale Familie.

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AfD mahnt Poggenburg ab

Und noch eine Abmahnung: die Spitze der AfD hat den Fraktionschef der Partei im sachsen-anhaltinischen Landtag, André Poggenburg, wegen nationalistischer Entgleisungen abgemahnt. Der kann das allerdings mit Gelassenheit zur Kenntnis nehmen – die Entscheidung hat keine praktischen Konsequenzen.

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Zeigt sich wenig einsichtig. Poggenburg-Tweet nach Bekanntwerden des Chat-Verlaufes

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„Imitation eines NPD-Slogans“

Der Grund für die Rüge ist auf Datenleck in einer internen Chat-Gruppe der AfD-Sachsen zu finden. Der Verlauf des Gespräches war in der vergangenen Woche von einer linken Internetseite veröffentlicht worden. Der Fraktionsvorsitzende der AfD Sachsen-Anhalt hat sich darin nach dem Bedarf „über eine Weiterbildung in Sachen „Erweiterung der Außengrenzen““ erkundigt. Außerdem habe er „in Imitation eines NPD-Slogans: „Deutschland den Deutschen““ geschrieben, kritisierte die Parteispitze. Der Vorstand erklärte, Poggenburg hätte einschreiten müssen, als in dem Chat von einer „Machtergreifung“ und dem „Sieben“ von Journalisten die Rede gewesen sei.

Das Ansehen massiv beschädigt

Der Beschluss sei einstimmig gefallen, hieß es. Den Antrag auf Abmahnung hatten den Angaben zufolge die beiden Spitzenkandidaten der Partei für die Bundestagswahl, Alice Weidel und Alexander Gauland, gestellt. In ihrer Begründung heißt es, die Äußerungen Poggenburgs hätten das öffentliche Ansehen der AfD „im Wahljahr massiv beschädigt“. Insbesondere die von Poggenburg vorgetragene „Erweiterung der Außengrenzen“ sei mit der AfD-Programmatik unvereinbar und „rückt die Partei in die Nähe des Rechtsradikalismus“.

Eine „Partei des politischen Realismus“?

Weidel sagte, die AfD verstehe sich als eine „Partei des politischen Realismus“, die Probleme lösen wolle. Sie warnte: „Stumpfe Sprüche helfen dabei nicht und schaden der Partei. Wer das nicht versteht, hat in der AfD nichts zu suchen.“

Die kaltgestellte Parteichefin Frauke Petry nutze die Gelegenheit, um sich wieder einmal zu Wort zu melden. Sie hatte Weidel und Gauland in der „Welt am Sonntag“ aufgefordert, „abseitigen Positionen“ wie denen von Poggenburg „Grenzen zu setzen“.

Das Problem Björn Höcke

Poggenburg, der als Vertreter des rechtsnationalen Flügels der Partei gilt, ist allerdings nichts das einzige Problem der AfD. Gegen den Thüringer Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke läuft ein Parteiausschlussverfahren, das der Bundesvorstand mit vier Gegenstimmen beschlossen hatte. Anlass dafür war seine Dresdner Rede vom Januar. Darin hatte er eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert.

Frauke Petrys Moskau-Trip

Frauke Petry baut ihr transeuropäisches Netzwerk fleißig aus. Erst vor kurzem hat sich die AfD-Vorsitzende auf einem Treffen von Europas Rechten in Koblenz an der Seite von FN-Chefin Marine Le Pen sichtlich wohl gefühlt. Nun hat sie in Russland nach Gleichgesinnten gesucht. Auf einer Reise traf sie in Moskau den Vorsitzenden des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, und den für seine radikalen Ansichten bekannten Rechtspopulisten Wladimir Schirinowski. Selbst in der eignen Partei war man erstaunt.

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Frauke Petry baut an ihrem Netzwerk

Die geheime Reise der Frauke Petry

Die Reise nach Moskau sollte offensichtlich nicht an die große Glocke gehängt werden. Öffentlich wurde die Reise der AfD-Delegation rund um die Parteivorsitzende erst durch eine Mitteilung auf der Webseite der Staatsduma. Dort heißt es, thematisiert worden seien „die Kooperation der regionalen Parlamente, die innerparteiische Zusammenarbeit sowie die Entwicklung der Kontakte zwischen Jugendorganisationen“.

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„Вячеслав Володин встретился с делегацией политической партии «Альтернатива для Германии» (ФРГ) во главе с лидером партии Фрауке Петри“ 20 февраля 2017 года

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Treffen mit Schirinowski

Lässt das Treffen mit dem extrem rechten Politiker Wladimir Schirinowski tief blicken, ist auch Petrys Begegnung mit dem Duma-Vorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin ist nicht ohne Brisanz. Der ist langjähriger Vertrauter des russischen Staatschefs Putin und gilt als Drahtzieher der anti-westlichen Wendung in der russischen Politik der vergangenen Jahre. 2014 wurde er von EU-Strafmaßnahmen wie Konten- und Visasperren belegt, die von der Europäischen Union im Zuge der Ukraine-Krise verhängt wurden.

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Auf Nachfrage deutscher Medien, die auf den Trip aufmerksam wurden, erklärte die AfD-Vorsitzende lediglich, man habe „auf Einladung der Bezirksregierung Moskau Gespräche zur Kooperation mit den Landtagen der Bundesländer geführt“.

Auch Gauland ist überrascht

Die Medien warn allerdings nicht die einzigen, die über die Reise nicht informiert waren. AfD-Vize Alexander Gauland zeigte sich überrascht von dem Besuch der Parteichefin in Russland. Er sagte: „Ich höre davon heute zum ersten Mal.“ Damit provoziert Petry einmal mehr ihre Vorstandskollegen. In der AfD hatte es zuletzt Diskussionen darüber gegeben, ob Treffen von Mitgliedern des Bundesvorstandes mit ausländischen Politikern vorab parteiintern angekündigt werden müssen oder nicht.

Die AfD – die Partei des „kleinen Mannes“?

Ist die AfD die Partei der Abgehängten und des „kleinen Mannes“? Umfragen sprechen dafür – einige Tatsachen sprechen dagegen.

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Alexander Gauland sagt, die AfD sei die Partei des „kleinen Mannes“ – doch stimmt das?

Partei der Abgehängten

Einer Allensbach-Umfrage zufolge die Alternative für Deutschland die Partei der Abgehängten. In der Erhebung für die „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagten 38 Prozent der AfD-Anhänger, sie gehörten „zu denen, die zurückbleiben, während es vielen anderen in Deutschland immer besser geht“.

Das ist mehr als bei jeder anderen Partei. Bei Anhängern der Linken fühlten sich 33 Prozent abgehängt, bei der SPD waren es 23 Prozent und bei der Union 17 Prozent. Am wenigsten stimmten dieser Aussage FDP-Anhänger (13 Prozent) und die Anhänger der Grünen (zehn Prozent) zu.

Sammelbecken der Misstrauischen

Die AfD habe zudem der Linken den Rang als Sammelbecken für jene abgelaufen, die dem System und seinen Repräsentanten misstrauten, berichtete die FAZ aus der Studie weiter. Die Flüchtlingskrise sei bis heute das identitätsstiftende Thema der Partei. Die AfD-Anhänger stünden zudem der Globalisierung und der Europäischen Union (EU) weitaus skeptischer gegenüber als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Das Wählerpotenzial der Partei liege derzeit bei 18 Prozent. 47 Prozent der Befragten sehen demnach in der AfD eine Gefahr, 26 Prozent eine Chance. 48 Prozent der Befragten sagten, die AfD soll möglichst nicht in Parlamenten vertreten sein, 15 Prozent wünschten sich eine Beteiligung in Regierungen. Allensbach befragte in der Zeit vom 1. bis 13. Oktober 1458 Bundesbürger.

Nicht die Partei des „kleinen Mannes“

Es gibt allerdings auch andere Studien, die die Aussage über die „Partei des kleinen Mannes“ als Mär entzaubern. So will die Partei etwa in Deutschland die Erbschaftssteuer abschaffen – steht es im Programm. 200 bis 300 Milliarden Euro werden nach Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Deutschland jährlich vererbt oder verschenkt. Ein Drittel des gesamten Erbschaftsvolumens entfällt dabei auf Vermögen von über 500 000 Euro. Klar ist also, dass vor allem die Reichen von diesem Schritt profitieren würden.

Die Partei der Besserverdienenden

Die vor allem von AfD-Vize Alexander Gauland propagierte „Politik für den kleinen Mann“ würde an der AfD-Klientel vorbeigehen. Das zumindest legt eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) nahe. Ein Fazit: die Alternative für Deutschland ist eine Partei für Besserverdienende. 33,9 Prozent aller AfD-Sympathisanten gehören zum reichsten Fünftel der Bevölkerung. Unter diesen Umständen ist auch das nächste Ergebnis nicht überraschend: Weniger als zehn Prozent der AfD-Anhänger machen sich große Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation. Bei den Top-Verdienern ist nur die FDP deutlich häufiger vertreten als in der AfD. Union und Grüne haben ähnlich viele gut verdienende Sympathisanten. Aus wirtschaftlicher Not wählen deshalb offenbar die wenigsten die AfD. Das Bildungsniveau in der Partei ist entsprechend überdurchschnittlich.

Hier geht es zu einem Text in der Stuttgarter Zeitung über die AfD als Partei des Besserverdienenden

Ein Wunder: AfD lobt die „Tagesschau“

Die „Tagesschau“ zieht Konsequenzen. Die wichtigste Nachrichtensendung Deutschlands will ihre Berichterstattung über die Alternative für Deutschland (AfD) wertfreier gestalten. Konkret: sie wird die Partei nicht laufend als „rechtspopulistisch“ bezeichnen. Das erklärte der ARD aktuell-Chef Dr. Kai Gniffke auf dem Evangelischen Medienkongress in Hamburg. Und wie reagiert die AfD? Sie jubiliert! Frauke Petry spricht sogar von einem „Wunder“.

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Der Chefredakteur erklärte die Entscheidung damit, dass Zuschauer den Zusatz „rechtspopulistisch“ als belehrend empfunden hätten, schreibt die Evangelische Nachrichtenagentur.

Die Redaktion müsse lernen, die AfD als eine demokratisch legitimierte Partei zu behandeln. Via Twitter ergänzte Gniffke, dass er persönlich die AfD nach wie vor für rechtspopulistisch halte. „Das bedeutet aber nicht, dass wir permanent das Attribut ‚rechtspopulistisch‘ vor dem Parteinamen AfD nennen müssen.“ Mittlerweile sei die Partei den meisten Menschen bekannt, so der Journalist.

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Bei der AfD wurde die Entscheidung freilich begrüßt. Vorstandssprecherin Frauke Petry wählte die Bezeichnung „Wunder“ und erklärte den Schritt als „lange überfällig“.

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Alexander Gauland kommentierte, dass die „Tagesschau“ zurecht erkannt habe, „dass die Menschen es seit langem satthaben, von den Medien bevormundet zu werden“. Es sei an der Zeit, dass andere Medien diesem Beispiel folgen, so der AfD-Politiker weiter. „Das sollten sie allein schon in ihrem ureignen Interesse tun.“

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Die Reaktionen auf die Entscheidungen lassen natürlich nicht lange auf sich warten.

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