Christian Boltanski hat aus seiner Person nie großes Aufhebens gemacht. Zurückhaltend, elegant etwas melancholisch ging er durch die Welt der Kunst. Nun ist er im Alter von 76 Jahren in Paris gestorben.
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Ein sehr französischer Künstler
Sein Freund Bernard Bilstène, ehemaliger Direktor des Museums für Moderne Kunst im Centre Pompidou, überbrachte die Nachricht. „Ja, er starb heute Morgen im Hospital Cochin, wo er einige Tage verbracht hatte. Er war krank. Er war ein bescheidener Mann, er hat Dinge versteckt, solange er konnte.“
Christian Boltanski war in seiner Art ein sehr französischer Künstler, eine Art Charmeur. Licht- und Schattenspiele waren seine visuelle Signatur. Leicht zu erkennen waren seine Werke sie an ihrem meditativen, melancholischen Charakter, der an den Expressionismus grenzten. Als lizenzierter schlechter Schüler glaubte Boltanski immer an die Tugenden von Leere, Langeweile, Warten, Phantasie und Träumen. Daraus entstanden seine Parallelwelten, seine Ideen und seine Kunst. Es waren Äußerungen eines einsamen Kindes, eines grübelnden jungen Mannes, eines erst spät Erwachsenen, eines Erfinders von Zeichen, die das Leben verkörpern. Abwechselnd Filmemacher, Maler, Bildhauer und Fotograf, hat der Künstler die Welt der zeitgenössischen Kunst tief geprägt.
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Geprägt von der Mutter
Die Kindheit des kurz vor Kriegsende geborenen Christian Boltanski war geprägt von der Krankheit seiner an Kinderlähmung erkrankten Mutter und dem Schreckgespenst des Holocaust, dem sein Vater aus einer jüdischen Familie in Osteuropa nur knapp entkommt. Sein Werk wird 50 Jahre lang von den Themen Kindheit, Erinnerung und Abwesenheit geprägt sein. Zunächst Maler, schuf er zu Beginn seiner Karriere großformatige naive Gemälde, dann wandte er sich den Installationen zu.
Als Autodidakt hat er nie eine akademische Ausbildung absolviert. Er entwickelt ein ganz besonderes Universum, indem er Lebensmomente durch Alltagsgegenstände wie Bücher oder Kleidung rekonstruiert. Seine Bild- und Tonarbeiten sprechen die Emotionen der Zuschauer an und sind von Symbolik durchdrungen.
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Auseinandersetzung mit dem Tod
Erst 2019 widmete das Pariser Centre Pompidou ihm eine umfangreiche Retrospektive. Unter den Exponaten war auch sein erster Kurzfilm, „L’homme qui tousse“ (etwa: Der Mann, der hustet), aus dem Jahr 1969. In den vergangenen Jahren hat sich Boltanski auch immer mehr mit seinem eigenen Tod auseinandergesetzt. Wie in einem Werk von 2014, „Letzte Sekunde“: eine riesige Digitalanzeige, die die Sekunden des Lebens zählte, und mit seinem Tod aufhören sollte.
„Sein Tod ist ein sehr großer Verlust“, sagte Bernard Blistène. „Vor allem liebte er diese Übertragung zwischen Menschen, durch Geschichten, durch Erinnerungen. Er wird einer der größten Geschichtenerzähler seiner Zeit bleiben. Er war ein unglaublicher Erfinder.“