Der erste Schritt zur Rettung von Notre-Dame

An der von einem Brand schwer beschädigten Pariser Kathedrale hat die Absicherung des vom Einsturz gefährdeten Gewölbes begonnen. Eine gefährliche Arbeit in schwindelnder Höhe.

20.06.09-Notre-Dame

Mit riesigen Kränen werden die Metallteile des alten Gerüstes nach unten befördert

Ein Arbeitsplatz in schwindelnder Höhe

Wie Ameisen wirken die Männer an der riesigen Außenmauer von Notre-Dame. In 40 Meter Höhe schrauben und sägen die Arbeiter, geben mit weit ausholenden Armbewegungen dem Kranführer Zeichen, wohin er den Ausleger seines Gefährtes genau steuern soll. Auf der anderen Seite der Seine bleiben immer wieder Schaulustige stehen und beobachten fasziniert das Treiben. „Mich würden keine zehn Pferde da hochbringen“, murmelt eine Frau, während ihr Begleiter versucht, mit einem Teleobjektiv den Kranführer zu fotografieren, der in seiner Kabine rund 80 Meter über dem Geschehen thront. „Aber einen schönen Blick über die Stadt hat er,“ sagt sie nach kurzem Überlegen.

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Nach dem Brand stand ganz Frankreich unter Schock

Ein Gerüst wird zur Rettung und dann zum Problem

Am Abend des 15. April vor einem Jahr wütete ein verheerender Band in der Pariser Kathedrale Notre-Dame und es erscheint wie ein Wunder, dass das 850 Jahre alte Bauwerk im Herzen der Stadt überhaupt noch steht. Der legendäre Dachstuhl aus tausenden von Eichenbalken wurde ein Raub der Flammen, die verkohlten Reste stürzten in den Innenraum der Kirche und rissen den 96 Meter hohen Spitzturm mit in die Tiefe. Ein Gerüst, das vor dem Feuer für Restaurierungsarbeiten am Dach angebracht worden war, überstand das Inferno – und ist nun eines der großen Probleme beim Wiederaufbau der Kathedrale. Allerdings scheint die geschmolzene Konstruktion Fluch und Segen zugleich.

Das rund 200 Tonnen schwere Gewirr aus 40.000 Eisenstangen ist in der Hitze von 1000 Grad regelrecht zusammengebacken. Fachleute vermuten, dass die Konstruktion aus verbogenen Rohren in jener Nacht des Infernos die Außenmauern womöglich vor dem Einsturz bewahrt haben könnte. Auf der anderen Seite warnte Philippe Villeneuve, Chefarchitekt für den Wiederaufbau, zuletzt immer wieder, dass das schiere Gewicht des Gerüstes das Gewölbe zum Einsturz bringen könnte.

Fachleute für den Abbau am Start

Erste Versuche, die verbogenen Konstruktion nach dem Brand zu demontieren, wurden aber abgebrochen, die Gefahr schien zu groß, dass die Kathedrale schlicht in sich zusammenfällt. Nun wird nach Monaten der akribischen Vorbereitung ein neuer Anlauf genommen. Dazu wurde das alte Gerüst zunächst befestigt und auf drei Ebenen mit Metallträgern stabilisiert. Gleichzeigt wurde ein zweites Gerüst erstellt, um die Abbauarbeiten zu ermöglichen. Zwei Teams aus jeweils fünf Industriekletterern haben sich an die Arbeit gemacht, die eingeschmolzenen Metallrohre zu zersägen – eine äußerst filigrane Aufgabe von gigantischem Ausmaß.

 

Der Präsident setzt die Verantwortlichen unter Druck

„Wenn alles beendet ist, werden wir sehr erleichtert sein“, sagte der Generalbevollmächtigte der Notre-Dame-Stiftung, Christophe Rousselot. Er hofft, dass es im Lauf der Arbeiten zu keinen Zwischenfällen kommt. „Es könnten auch Stücke aus dem Gerüst herausfallen und einen Teil der Mauern der Kathedrale beschädigen.“ Immer wieder mahnen die Verantwortlichen zu Geduld. Keiner ist wirklich glücklich über die Aussage von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der noch in der Nacht der Katastrophe einen Wiederaufbau der Kathedrale innerhalb von fünf Jahren versprochen hatte.

„Wir machen einen kleinen Schritt nach dem anderen“, erklärte Ex-General Jean-Louis Georgelin, der Beauftragte der französischen Regierung für den Wiederaufbau von Notre-Dame, als an Pfingsten der Vorplatz der Kathedrale wieder für die Öffentlichkeit geöffnet wurde. Das Gelände war abgesperrt worden, weil rund um das Gebäude eine zu hohe Belastung durch Giftstoffe gemessen worden war. Verursacht unter anderem durch die 500 Tonnen Blei, die im Dach verbaut waren, in der Brandnacht durch die Hitze schmolzen und in die Luft geblasen wurden.

Noch viele Probleme bis zum glücklichen Ende

Die Verantwortlichen stehen nicht nur vor einer gewaltigen Aufgabe, sondern auch vor immer neuen, bisweilen unerwarteten Problemen. Zuletzt mussten die Bauarbeiten über Wochen wegen der Corona-Krise eingestellt werden, was den Zeitplan weiter verzögert hat. So sind die Experten noch immer damit beschäftigt, überhaupt die Schäden aufzunehmen und die Baustelle abzusichern. Mit dem eigentlichen Wiederaufbau soll neuesten Aussagen zufolge im kommenden Jahr begonnen werden. Dann muss auch geklärt werden, wie das Dach der Kathedrale am Ende aussehen soll. Hier stehen sich die Lager der Traditionalisten und der Erneuerer entgegen. Präsident Macron wünscht sich eine moderne Interpretation der ursprünglichen Form. Bei einem ersten Ideenwettbewerb wurden unter anderem ein Dach aus Glas vorgeschlagen oder ein Turm in der Gestalt einer Flamme. Eine Umfrage hat jedoch ergeben, dass die meisten Franzosen im Fall der Kathedrale, die auf gewissen Weise auch die Seele der Nation verkörpert, keine Experimente wollen. Notre-Dame soll nach dem Wiederaufbau so aussehen, wie vor dem Brand.

Deutschland bietet Hilfe beim Aufbau von Notre-Dame

Ein Jahr nach dem Brand von Notre-Dame: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält trotz vieler Probleme am Plan fest, die beschädigte Kathedrale innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen

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Am 15. April 2019 brannte die Kathedrale von Notre-Dame. Ein Jahr danach ist es noch immer ungewiss, ob das Gebäude tatsächlich gerettet werden kann.

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Macron gibt sich opitimistisch

Emmanuel Macron gibt nicht auf. Am ersten Jahrestag des Brandes von Notre-Dame wiederholte der französische Präsident, dass die schwer beschädigte Kathedrale innerhalb von fünf Jahren wieder aufgebaut werde. „Wir werden alles tun, was wir können, um diese Frist einzuhalten“, sagte er am Mittwoch in einer Videobotschaft auf Twitter. Schon in der Nacht der Katastrophe hatte er diesen Zeitraum genannt, der allerdings von vielen Fachleuten als utopisch eingeschätzt wird. Deutschland versicherte zum Jahrestag erneut Unterstützung bei der Restaurierung des Gotteshauses.

Das Dach von Notre-Dame war vor einem Jahr in Flammen aufgegangen, weite Teile des Deckengewölbes waren eingestürzt. Die Arbeiten an dem schwer beschädigten Bauwerk gestalten sich schwieriger als erwartet. Noch immer sind die Fachleute dabei, die Schäden am Mauerwerk zu sichten und den Bau abzusichern. Seit Wochen liegt die Baustelle wegen der Corona-Pandemie still.

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Deutschland will bei dem Wiederaufbau helfen

In dieser schweren Zeit wollen die Verantwortlichen in Deutschland ein Zeichen der deutsch-französischen Freundschaft setzten. „Deutschland ist es ein Herzensanliegen, bei dieser gewaltigen Aufgabe weiter an der Seite Frankreichs zu stehen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des deutsch-französischen Kulturbevollmächtigten, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer (alle CDU). Konkret wird die Mitarbeit der Kölner Dombauhütte genannt. Die dortigen Glaswerkstätten könnten die französischen Kollegen insbesondere bei den Arbeiten an den Obergadenfenstern unterstützen, die sich über den Seitenschiffen der Kathedrale befinden.

Die Dombauhütten in Köln bieten Hilfe an

Nach Angaben der Verantwortlichen würden sich in den kommenden Monaten Art und Umfang der Zusammenarbeit genauer bestimmen lassen. In Deutschland gebe es drei an Dombauhütten angeschlossene Glasrestaurierungswerkstätten, die auf diesem Gebiet eine große Expertise hätten und die Arbeiten übernehmen könnten. Die Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatte bereits angeboten, dass die Kosten hierfür von Deutschland übernommen werden könnten. Der französische Minister für Kultur, Franck Riester, bedankte sich für das „starke Symbol der Solidarität“.

Zum Jahrestag gibt es wegen des Coronavirus keine größeren Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Brand. Am Karfreitag hatte unter größten Sicherheitsvorkehrungen ein kleiner Gottesdienst mit dem Pariser Erzbischof Michel Aupetit stattgefunden.

 Notre-Dame lockt Selfie-Jäger

Nach dem Brand in Notre-Dame strömen die Touristen in Massen zu der Kathedrale. Die Katastrophe übt eine große Anziehungskraft aus.

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Touristen strömen zum Ort des Infernos

Die Touristin aus den USA ist ziemlich enttäuscht. „Man sieht von dem Schaden ja gar nichts“, ruft sie ihrem Begleiter im Straßenlärm zu und stellt sich in Pose für ein Urlaubsfoto – sie im Vordergrund, Notre-Dame dahinter. Zwei Tage ist es her, dass die Kathedrale im Herzen von Paris fast ein Raub der Flammen geworden wäre. Das Dach ist völlig ausgebrannt, große Teile der Konstruktion sind ins Kirchenschiff gestürzt, Kunstschätze von unschätzbarem Wert wurden zerstört. Während Fachleute an der Außenfassade versuchen, die Schäden festzustellen, strömen schon wieder die Touristen zu dem weltberühmten Gotteshaus, das mit über 13 Millionen Besuchern pro Jahr das meistbesuchte Bauwerk Frankreichs ist.

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Manche Touristen regen sich auf, dass die Polizei das Gelände weiträumig abgesperrt hat und sie nicht näher an das Objekt der Begierde gelangen, aber den meisten Besuchern ist – neben einer großen Neugier – das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Andere haben es sich in den Brasserien am angrenzende Quai de Montebello bequem gemacht und blicken bei einem Café und Croissant auf das Spektakel.

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Zehntausende Menschen drängeln sich an diesem sonnigen Morgen am Ufer der Seine, um den besten Blick auf das Drama zu bekommen. Auf der anderen Seite, auf der Île de la Cité, steht das geschundene Bauwerk, stolz thront es dort, aber auch schwer angeschlagen. Das Dach ist weg, der Mittelturm fehlt, wie durch ein Wunder konnte der völlig verbogene Wetterhahn in den Trümmern geborgen werden, der viele hundert Jahre von der höchsten Spitze über Paris blickte. Am Ufer des Flusses patrouillieren Polizisten, die es inzwischen aufgegeben haben, den Touristen zu verbieten, in halsbrecherischen Aktionen auf die Kaimauer zu steigen, um bessere Selfies von sich und der Kathedrale zu machen. „Die Leute lassen sich nichts sagen, manche werden sogar richtig wütend, wenn wir einschreiten“, sagt ein junger Beamter und schüttelt den Kopf.

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Eine ältere Frau steht etwas abseits am Rand der Seine und blickt regungslos auf Notre-Dame, Tränen rinnen unter ihrer dicken Brille über ihre Wangen. Sie kommt aus Italien, eine Woche sei sie in Paris und wollte eigentlich alle Museen und Sehenswürdigkeiten besichtigen. Dann aber musste sie am Montagabend miterleben, wie Notre-Dame ein Raub der Flammen wurde. „Ich habe seitdem nicht mehr geschlafen und komme nun jeden Tag hierher“, sagt die pensionierte Lehrerin und will wissen, wo man für den Wiederaufbau spenden kann. Als sie hört, dass schon fast eine Milliarden Euro für das Projekt versprochen sind, ist sie sichtlich erleichtert und die Geschichte von dem wiedergefundenen Wetterhahn rührt sie zu weiteren Tränen.

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Ein paar Meter weiter sitzt ein Mann unter einem Baum und malt. Er stellt sich vor als „Simon, der Künstler“, auf dem Schoß hält er ein großflächiges Aquarell, neben sich stehen allerlei Farben. „Ich wohne nur 500 Meter von hier“, erzählt er. „Als ich gesehen habe, dass Notre-Dame brennt, bin ich sofort an das Ufer der Seine geeilt. Es war schrecklich!“ Zuerst habe er mit seiner Kamera unzählige Fotos gemacht, doch nun müsse er sich entschleunigen, um wirklich begreifen zu können, was an jenem Abend passiert ist. Dass er in dieser Szenerie für viele der Schaulustigen selbst zum pittoresken Fotomotiv wird, kümmert ihn wenig. „Jeder geht mit dem Verlust auf eine andere Weise um“, sagt Simon. Im Grunde labe er sich mit seiner Kunst ja auch an der Katastrophe. Er selbst werde über das Inferno auch noch ein Gedicht schreiben oder eine Erzählung. Solche Dramen müssten für spätere Generationen festgehalten werden.

Eine Katastrophe eint Frankreich

Nach dem verheerenden Feuer in der Kathedrale Notre-Dame werden die Schäden begutachtet. Nur eines steht außer Frage: das Gotteshaus wird wieder aufgebaut.
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Kämpfen bis zur Erschöpfung

Die beiden Feuerwehrmänner wollen nichts sagen. Seit Stunden sind sie im Einsatz, müde winken sie ab. Die Helme unter dem Arm schleppen sie sich abgekämpft über den mit schwarzer Asche bedeckten Vorplatz von Notre Dame zum Einsatzwagen, nehmen einen Schluck aus der Wasserflasche, setzen sich erschöpft in das Fahrzeug, die Augen geschlossen, die Hände wie zum Beten gefaltet.
Noch vor wenigen Minuten standen die Männer auf dem rechten der fast 70 Meter hohen Türme der Kathedrale. Ihre Aufgabe: die Schäden einzuschätzen, die das verheerende Feuer in der Nacht hinterlassen hat. Doch es ist noch zu früh, um Genaues zu sagen. Fest steht nur, dass der Brand in den frühen Morgenstunden gelöscht werden und die größte Katastrophe abgewendet werden konnte. Die beiden Türme stehen noch, die tonnenschweren Glocken sind nicht in die Tiefe gestürzt. Doch für die Feuerleute ist das ein schwacher Trost. Sie haben das Feuer besiegt, aber dennoch verloren.

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Gegen sieben Uhr am Vorabend schlagen die ersten Flammen aus dem Dach der Kathedrale von Notre Dame im Herzen von Paris. In dem über 800 Jahre alten, trockenen Gebälk greift das Feuer rasend schnell um sich. Innerhalb von Minuten brennen rund 1000 Quadratmeter Dachfläche. Eine mehrere Hundert Meter hohe Rauchsäule steigt in den wolkenlosen Himmel der französischen Hauptstadt. Auf den Brücken über der Seine rund um die Insel Île de la Cité sammeln sich Zehntausende Schaulustige, die das Feuer aus der Entfernung beobachten. In den Gesichtern der meisten Menschen ist schieres Entsetzen zu lesen. Als die Spitze des Daches in sich zusammensackt und Teile des Daches nach unten ins Kirchenschiff fallen, fahren Flammen und Funken hoch in den Himmel. Menschen schreien, andere beginnen laut zu beten, eine Gruppe singt das Ave Maria, die meisten starren fassungslos in das Inferno.

Die Feuerwehr muss sich rechtfertigen

Am Morgen danach steht Gabriel Plus, Sprecher der Feuerwehr, betont ruhig auf dem Vorplatz der Kathedrale. „Das ganze Feuer ist aus“, sagte er. Nun beginne die Phase der Begutachtung. Man habe die ganze Nacht über sichergestellt, dass das Feuer nicht wieder ausbreche und die gesamte Gebäudestrukturen überwacht. „Man kann annehmen, dass die Struktur von Notre-Dame gerettet und in ihrer Gesamtheit bewahrt ist“, ergänzt Feuerwehrchef Jean-Claude Gallet. Dies soll nun auch mit Lasertechnik untersucht werden. „Zwei Drittel des Dachstuhls wurden verwüstet“, fügte er jedoch hinzu. Bei dem Brand seien nach ersten Erkenntnissen drei Menschen leicht verletzt worden. Dabei handele es sich um zwei Polizisten und einen Feuerwehrmann.

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Die Einsatzkräfte gegen sich betont zurückhaltend, zeigen aber sehr wenig Verständnis für die guten Ratschläge, die ihnen noch in der Nacht aus aller Welt entgegenschlugen, wie das lodernde Feuer am besten zu bekämpfen sei. Immer wieder kam etwa der Vorwurf, warum keine Löschflugzeuge eingesetzt worden seien. Sogar Donald Trump, der Präsidenten der USA, mischte sich virtuell in die Löscharbeiten ein. „Bei einem solchen Feuer entstehen Temperaturen von bis zu 1000 Grad Celsius“, erklärt ein Feuerwehrmann am Morgen nach dem elfstündigen Einsatz von über 800 Leuten. Man müsse in solchen Fällen ganz vorsichtig von außen löschen. Irgendwann sei es in der Nacht vor allem darum gegangen, die umliegenden Bauteile zu schützen und das Ausbreiten des Brandes auf die beiden Türme zu verhindern.

Aufklärung für Besserwisser

Selbst über die sozialen Netzwerke versucht die Pariser Feuerwehr nach der Katastrophe, die Besserwisser aufzuklären. In diesem Fall hätte der Einsatz von Löschhubschraubern nichts gebracht, ist auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zu lesen. Im Gegenteil, das wäre sogar schlecht gewesen. Die Wassermassen hätte sehr wahrscheinlich die gesamte Dachkonstruktion zum Einsturz gebracht und den Schaden noch vergrößert.

Suche nach der Ursache

Gerätselt wird am Morgen nach dem Feuer weiter über die Ursache. Von Seiten der Staatsanwaltschaft in Paris heißt es, dass eine Untersuchung wegen unbeabsichtigter Zerstörung durch Feuer eingeleitet worden sei. Von Brandstiftung ist bislang nicht die Rede. Die meisten Vermutungen gehen in die Richtung, dass das Feuer mit den Renovierungsarbeiten auf dem Dach der Kathedrale zusammenhängen. Erst wenige Tage zuvor waren in einer spektakulären Aktion mit einem Kran 16 Heiligenfiguren vom Dach geholt worden. Noch in der Nacht haben Ermittler damit begonnen, die Arbeiter der Baustelle zu befragen.

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Der Direktor von Notre Dame sieht keine Sicherheitsmängel beim Brandschutz. Nach seinen Worten gebe es Brandaufseher, die drei Mal täglich den Dachstuhl prüfen, sagte Patrick Chauvet dem Sender France Inter. „Ich denke, dass man nicht mehr machen kann.“ Aber es gebe natürlich immer Vorfälle, die man so nicht habe vorhersagen könne. Man müsse nun prüfen was passiert sei – er wisse noch nichts.

Große Sorge galt während des Brandes auch den Kunstschätzen in der Kirche, deren Wert unermesslich ist und die jedes Jahr 13 Millionen Besucher anlocken. In Sicherheit ist die Dornenkrone, die Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen haben soll, erklärte Patrick Chauvet. Sie gilt als eine der wertvollsten Reliquien, die in Notre-Dame zu sehen waren. Auch die große Orgel, die erst vor wenigen Jahren aufwändig renoviert worden ist, scheint nach ersten Angaben der Feuerwehr noch intakt. Wie es um die berühmten Rosettenfenster steht, ist noch nicht klar. Sie scheinen rein äußerlich den Brand überstanden zu haben, doch in welchem Zustand sie sind, muss von den Fachleuten noch untersucht werden. Auch die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo versicherte, das Gros der Kunstschätze und religiösen Relikte sei aus Notre-Dame herausgeholt worden. In den sozialen Medien postete Kulturminister Franck Riester Bilder, auf denen Leute Kunstwerke in Lastwagen luden.

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Die Welle der Hilfsbereitschaft nach dem Brand macht deutlich, welche Bedeutung Notre Dame für die Franzosen und die ganze Welt hat. Ein geschockter Passant sagte angesichts der hohen Flammen, die aus dem Dach der Kirche schlugen: „Dort brennt das Herz Frankreichs.“ Dabei geht die Bedeutung des Bauwerks weit über seinen kunstgeschichtlichen Rang als Inbegriff gotischer Baukunst hinaus, die Kathedrale ist ein Teil der nationalen Identität des Landes.

Das im Herzen von Paris auf der Seine-Insel Ile de la Cité gelegene Gotteshaus war in seiner Geschichte immer wieder Schauplatz geschichtlich bedeutender Ereignisse, von der Salbung Heinrichs VI. von England zum französischen König im 100-jährigen Krieg 1431 über die Kaiserkrönung Napoléons 1804 bis zu den Staatsbegräbnissen der Präsidenten Charles de Gaulle (1970) und François Mitterrand (1996). Noch heute erinnern sich viele Franzosen daran, wie nach dem zweiten Weltkrieg die Glocken der Kathedrale läuteten, als die Stadt von den Nazi-Besatzern befreit war. Im November 2015 gedachte Frankreich dort der 130 Todesopfer der islamistischen Terroranschläge.

Kein Wunder also, dass Präsident Emmanuel Macron eine geplante Fernsehansprache an sein Volk kurzerhand absagte und noch in der Nacht der Katastrophe auf die Ile de la Cité eilte. „Ich sage Ihnen heute Abend feierlich: Diese Kathedrale, wir werden sie wiederaufbauen, alle zusammen“, sagte der Staatschef mit bebender Stimme vor der brennenden Kirche in die Mikrophone. „Das ist es, was die Franzosen von uns erwarten.“

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Fachleute schätzen, dass es Jahrzehnte dauern werde, bis Notre-Dame wieder im alten Glanz erstrahlen kann – und Unsummen von Geld verschlingen wird. Angesichts der Bedeutung der Kathedrale für das Gedächtnis nicht nur Frankreichs, sondern der gesamten Menschheit, sind aber schon Stunden nach dem Inferno Hilfszusagen aus der ganzen Welt eingegangen. In den französischen Zeitungen werden Tipps gegeben, wie jeder einzelne Geld geben kann für Notre-Dame. In Frankreich ist zwischen den Unternehmen ein regelrechter Wettlauf ausgebrochen. Gemeldet haben sich bereits mehrere Großspender. Die Familie des französischen Unternehmers und Milliardärs Bernard Arnault kündigte über Arnaults Luxuslabel LVMH an, sich mit 200 Millionen Euro an der Rekonstruktion beteiligen zu wollen. Zuvor hatte bereits die französische Milliardärsfamilie Pinault 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau versprochen. Die superreichen Franzosen Arnault und Pinault sind als Kunstliebhaber, Mäzene und Konkurrenten bekannt. Auch Patrick Pouyanné, Chef von Total hat angekündigt, dass sein Unternehmen 100 Millionen geben werde.

Am Tag nach der Katastrophe steht Frankreich noch immer unter Schock. Doch bei den Franzosen zeigt sich auch der Wille, sich nicht von einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit anstecken zu lassen. Immer wieder wurde zuletzt wegen zu zunehmenden sozialen Spannungen von der tiefen Spaltung der Gesellschaft gesprochen, doch angesichts dieser Katastrophe sind sich alle Franzosen einig wie selten zuvor: Notre-Dame wird wieder aufgebaut.

Notre-Dame steht in Flammen

Ein Teil des berühmtesten Wahrzeichen der Welt wird ein Raub des Feuers. Die Schäden sind noch nicht abzusehen.  

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Aussichtsloser Kampf gegen das Feuer

Riesige Flammen schlagen aus dem Dach, eine gewaltige Rauchsäule steigt hoch in den Himmel über Paris – Notre-Dame brennt lichterloh. Völlig fassungslos stehen zehntausende Menschen auf den Brücken über die Seine und beobachten die Katastrophe. „Ich kann es nicht fassen“, sagt eine ältere Dame und ringt mit den Tränen, „ich kann es nicht fassen, was in diesen Minuten alles verbrennt.“ Die Feuerwehrleute kämpfen in diesen Stunden nicht nur gegen die Flammen, sondern auch gegen den dichten Abendverkehr in Paris. Auf den Straßen an der Seine entlang stauen sich tausende Autos, es gibt kein Vor und kein Zurück. Die Einsatzfahrzeuge stehen mit Blaulicht und Sirene fest. Polizisten versuchen immer aufgeregter, die Kreuzungen zu räumen, damit die Löschzüge zur Kathedrale durchkommen, aber es dauert alles sehr langt. Bisweilen müssen die Einsatzkrätfe bei sehr hartnäckigen Gaffern auch etwas handgreiflich werden.

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Anfang deutlich zu sehen war, dass das Feuer von einem kleinen Turm in der Mitte des Daches ausging und dann auch den gesamten Dachstuhl übergegriffen hat. Nach Angaben eines Polizisten ist dieser Teil in sich zusammengebrochen. Die beiden monumentalen Türme der Kathedrale sind zwar in dunklen Rauch gehüllt, doch niemand kann sagen, inwieweit sie vom Feuer in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Die Polizei oder die Feuerwehr gab allerdings bis in den späten keine offizielle Stellungnahme heraus. Nur so viel scheint klar, dass der Brand gegen 18.50 Uhr entdeckt worden ist.

Suche nach der Ursache

Allerdings liegt es nahe, dass das Feuer mit den Renovierungsarbeiten des Daches zusammenhänge könnte. Noch vor wenigen Tagen sind 16 große Figuren mit einer spektakulären Aktion vom Dach geholt worden, damit die Arbeiten fortgesetzt werden konnten.

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Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo sprach auf Twitter von einem „fürchterlichen Brand“. Die Feuerwehr versuche, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich tief betroffen angesichts des Feuers in einem der Wahrzeichen Frankreichs. Der Staatschef wollte eigentlich am Abend eine wichtige Fernsehansprache zu den vom ihm geplanten Reformen geben, sagte diese aber ab. „Notre-Dame von Paris den Flammen ausgeliefert. Emotion einer ganzen Nation“, teilte der Präsident auf Twitter mit. Er sei in Gedanken bei allen Katholiken und allen Franzosen. Wie alle französischen Mitbürger sei er an diesem Abend traurig, „diesen Teil von uns brennen zu sehen“.

Auch außerhalb von Frankreich löste der Brand Entsetzen aus.  „Notre-Dame von Paris ist Notre-Dame von ganz Europa“, schrieb EU-Ratspräsident Donald Tusk auf Twitter. „Wir sind heute alle bei Paris.“ Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb auf Twitter: „Es tut weh, diese schrecklichen Bilder der brennenden Notre-Dame zu sehen.“ Er fügte hinzu: „Notre-Dame ist ein Symbol Frankreichs und unserer europäischen Kultur. Mit unseren Gedanken sind wir bei den französischen Freunden.“
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Die Kathedrale von Notre-Dame ist eine wichtigsten Attraktionen in Paris. Sie wird jedes Jahr von vielen Millionen Touristen besucht. Die Kathedrale steht im Herzen der Stadt auf der Île de la Cité. Die Geschichte der Kathedrale reicht bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Fast 200 Jahre vergingen bis zur Fertigstellung. Die Dimensionen der im gotischen Stil konstruierten und der Jungfrau Maria geweihten Kirche mit ihren beiden majestätischen Türmen sind gewaltig: Die Kathedrale ist 127 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu 33 Meter hoch. Mit seinem 1831 erschienenen historischen Roman „Der Glöckner von Notre-Dame“ verewigte Victor Hugo die Kathedrale in der Literatur.
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Witterung und Luftverschmutzung haben dem Baudenkmal zuletzt schwer zugesetzt. An vielen Stellen bröckelt die Bausubstanz – und das vom Staat bereitgestellte Unterhaltsbudget reicht nicht für eine umfassende Sanierung. Für die Sanierung des weltberühmten Bauwerks war vor einiger Zeit eine kirchliche Spendenaktion auf den Weg gebracht worden.

Am Abend der Katastrophe stehen die Menschen bis in die späten Abendstunden auf den Straßen und beobachten den Brand. Erst nach Stunden sind zumindest aus der Ferne keine Flammen mehr zu sehen und es steigt nur noch wenig Rauch auf. „Das ist ein schlechtes Zeichen“, sagt ein Mann in der Menge. „Das Feuer hat nun nichts mehr, womit es sich füttern kann. Es ist alles aus.“