Erdogan verabschiedet sich von Europa

Diese Worte kommen der Welt doch bekannt vor. „Diese Inseln vor unserer Nase gehörten uns. Wir haben dort Werke, Moscheen und eine Geschichte.“ Gesagt hat das nicht Wladimir Putin, sondern Reccep Tayyip Erdogan. Der Anlass war der 93. Jahrestages der Gründung der Republik.

15.04.08-Erdogan

Erdogan hat viele Ideen – nicht alle sind wirklich mit der EU kompatibel.

Wird die Geschichte korrigiert?

Erdogans Argumentationsstruktur erinnert sehr an das Krim-Szenario. Bereits vor einigen Wochen hatte Erdogan Ismet Inönü, den türkischen Verhandlungsführer bei den Friedensverhandlungen 1923 in Lausanne und zweiten Präsidenten der Republik, beschuldigt, Inseln in der östlichen Ägäis hergegeben zu haben. Dort liegen die Dodekanes (Rhodos, Kos unter anderen, 1912 von Italien besetzt) und die nordostägäischen Inseln (Lesbos, Chios unter anderen, 1912 von Griechenland besetzt).

Nach Beginn der Militäroffensive gegen den Islamischen Staat im Irak hatte Erdogan zudem behauptet, dass ein Gebietsstreifen von Aleppo in Syrien bis Mossul und Kirkuk im Irak der Türkei gehöre.

Befremden über die Todesstrafe

Doch nicht nur mit seinen Expansionsbestrebungen löst Erdogan Befremden aus. Auch die geplante Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei stößt auf wachsende Kritik.

 

 

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte der „Stuttgarter Zeitung“ mit Blick auf die innenpolitische Lage in der Türkei: „Nach der Rückkehr zum Folterstaat wäre die offizielle Einführung der Todesstrafe der letzte Beleg, dass Erdogan mit der EU und westlichen Werten nichts anfangen kann.“ Das Land entwickle sich „zu einer modernen Art von Diktatur mit demokratischer Fassade, um das Gewissen westlicher Regierungen zu erleichtern“.

Die Türkei hatte die Todesstrafe 2004 abgeschafft. Unmittelbar nach dem gescheiterten Putschversuch Mitte Juli hatte Erdogan bereits eine mögliche Wiedereinführung ins Spiel gebracht, diese Pläne aber zunächst nicht weiter verfolgt.

Cool down, Recep!

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan zerstört mit seiner irrationalen, ans Hysterische grenzende Politik das Verhältnis zu Deutschland.

Ein Kommentar:

15.04.08-Erdogan

Erdogan reagiert überaus empfindlich.

Kopfschütteln über Erdogan

Aus der Türkei dringen wunderliche Nachrichten in die Welt. So hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Teilnahme an der Trauerfeier für Boxlegende Muhammad Ali in den USA abgesagt, weil er bei der Zeremonie keine Koranverse vortragen durfte. Kopfschütteln haben auch seine Blut-und-Boden-Reden in Richtung der türkischstämmigen deutschen Abgeordneten ausgelöst.

Diese Absonderlichkeiten könnten ignoriert werden, wären sie nicht Sinnbild für eine allgemeine  Stimmung in der Türkei. In der Politik gibt die Irrationalität den Takt vor, eine  kalkulierbare Linie ist kaum auszumachen. Selbst diplomatisch vorgetragene Kritik wird vom Präsidenten als Majestätsbeleidigung verstanden. Erdogan überschreitet eine rote Linie nach der anderen –  und ist dann empört über den erwartbaren Widerspruch. Diese hysterische Gereiztheit des Staatschefs hat sich längst  auf das Volk übertragen. Das erklärt, dass dem türkischstämmigen Grünen-Chef Cem Özdemir die Ehrenbürgerwürde des  Heimatdorfes seines Vater aberkannt worden ist, weil er die Armenien-Resolution im Bundestag vorbereitet hat. Erdogan ist dabei, das Verhältnis zu Deutschland  zu zerstören. Berlin muss der Balanceakt gelingen, den Staatschef diplomatisch in die Schranken zu weisen – ohne den politischen Flurschaden  zu vergrößern.