Russland setzt Zahlung an Europarat aus

Nun ist es also soweit: Wegen eines Streits über die russische Delegation im Europarat setzt Russland seine Zahlungen für 2017 an die Organisation aus.

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Russland ist verärgert

Außenminister Sergej Lawrow habe den Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, in einem Telefonat darüber informiert, erklärte das russische Außenministerium. Die russische Führung ist verärgert darüber, dass ihren Abgeordneten in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim das Stimmrecht entzogen wurde.

Die Entscheidung kommt allerdings nicht überraschend.  Lawrow und Walentina Matwijenko, die Vorsitzende des Föderationsrates, hatten in der Vergangenheit bereits angekündigt, was nun bestätigt wurde: Russland verweigert dem Europarat seine noch ausstehenden Beitragszahlungen mit Verweis auf das seit 2014 nicht mehr vorhandene Stimmrecht.

Die Überweisungen eingefroren

“Wir haben die Überweisungen eingefroren”, verkündete Wjatscheslaw Wolodin, der russische Parlamentsvorsitzende, bereits vor einigen Tagen. Dabei handelt es sich im Konkreten um 11 Millionen noch ausstehende Euro, die Moskau vorerst zurückhalten wird.

In Straßburg sei man sich seit Längerem über die russischen Pläne für eine Beitragskürzung bewusst. Wie Daniel Höltgen, der Sprecher des Europarats, nach der Ankündigung erklärte, habe man damals allerdings noch keine direkte Benachrichtigung durch die russischen Behörden erhalten. Bis Ende Juni haben die Mitglieder Zeit, ihre jeweiligen Beiträge zu überweisen.

Nach der Annexion der Krim hatte der Europarat der russischen Delegation das Stimmrecht entzogen. Diese blieb daraufhin den Sitzungen fern. Seit 1996 ist Russland Mitglied im Europarat, der formell unabhängig von der EU agiert.

Keine Ausnahme für Russland

Steht Russland außerhalb des internationalen Rechts? Nein? Kann sich Russland die Buchstaben des Gesetzes so hinbiegen, wie es der Kreml gerade mal so braucht? Nein! Aus diesem Grund hat die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE), Anne Brasseur, Russland für eine selektive Umsetzung der Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs kritisiert.

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Es kann keine Ausnahme geben

Anne Brasseur macht deutlich, dass es in Sachen Recht und Gesetz keine Ausnahmen geben kann. „Die Umsetzung der Urteile ist eine rechtliche Verpflichtung jedes Vertragsstaates“, sagte sie in Straßburg. Eine nur ausschnitthafte Vollstreckung untergrabe die Autorität und die Effizienz des Schutzsystems für Menschenrechte und stelle die Grundlage des Europarats-Übereinkommens als Ganzes infrage.

Gegen russisches Recht

Grund für die deutlichen Worte der PACE-Präsidentin ist eine Entscheidung der russischen Justiz, die Europäische Menschenrechtskonvention nur anzuwenden, wenn sie nicht gegen russisches Recht verstößt. Mit dem Beitritt Russlands zum Europarat 1996 gehört die Konvention jedoch zum geltenden Recht. Mitgliedstaaten verpflichten sich unter anderem dazu, das Verbot der Folter und Sklaverei zu achten und freie Meinungsäußerung sowie Religionsfreiheit zu gewähren. Die Einhaltung des Rechts wird vom Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg überwacht.

Yukos-Fall als Auslöser

Ein weiterer Hintergrund der Rüge ist eine Rekord-Schadenersatzzahlung für die Aktionäre des zerschlagenen russischen Erdölkonzerns Yukos in Höhe von 1,9 Milliarden Euro, zu der die Straßburger Richter Moskau vor einem Jahr verurteilt hatten. Russland weigert sich zu zahlen.Erst im März hatte das Ministerkomitee des Europarats Moskau aufgefordert, bis Mitte Juni einen „verbindlichen Zeitplan“ für die Schadenersatzzahlung an die Yukos-Aktionäre vorzulegen. Dies ist bis heute nicht geschehen.

Ein Dorn im Auge
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist Moskau schon seit langem ein Dorn im Auge. Bis 2014 wandten sich fast 130.000 russische Bürger mit Beschwerden über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen an den Straßburger Gerichtshof. Von 1600 angenommenen Klagen wurden 1500 zugunsten der Kläger entschieden.
Allein im vergangenen Jahr wurde Russland in Straßburg 129 Mal verurteilt, unter anderem wegen der Verschleppung von Zivilisten in Tschetschenien, die seit Jahren verschollen sind und mutmaßlich getötet wurden.

Link zur PACE

Link zur Mitteilung auf der PACE-Homepage