Fake News aus Dresden – oder: wenn Rechte die eigene Religion nicht kennen

Es sind Fake News wie aus dem Bilderbuch. In der rechten Szene kursiert ein Video, das in der evangelischen Martin-Luther-Kirchgemeinde in Dresden aufgenommen wurde. Zu hören sind aber nicht islamische Gebete, sondern Christen aus Eritrea, die das Osterfest feiern.

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Wenig Kenntnis über das Christentum

Offensichtlich sind die Kenntnisse der Verteidiger des Abendlandes zum Thema Christentum nicht wirklich fundiert. Die „Sächsische Zeitung“ berichtet, dass über soziale Netzwerke mutmaßliche Rechtsextreme ein Video mit liturgischen Gesänge eines Ostergottesdienstes verbreiten. Die Kommentare sind eindeutig: „Unglaublich! Islamische Gebete in der #Lutherkirche #Dresden“ – und viele andere mehr, die in diese Richtung gehen. Offensichtlich glauben die Kommentatoren, Muslime würden in einer Kirche feiern.

Hier geht es zum Video

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Die Frau, die das Video gefilmt hat, wirde aufgefordert das Gotteshaus zu verlassen, da sie die Gottesdienstteilnehmer gefilmt hat. Auf russisch äußere sie sich Abfällig über ein Gemeindemitglied, das darum bittet, nicht gefilmt zu werden.

Wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet, sei der Mitschnitt des Gottesdienstes auf einer Facebookseite aufgetaucht, die den Namen des ehemaligen Bautzener NPD-Kreischefs Marco Wruck trägt. Geteilt wurde das Video dem Bericht zufolge auch vom Dresdner AfD-Mitglied Maximilian Krah.

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Orthodoxe Christen aus Eritrea

Bei den Teilnehmern des Ostergottesdienstes handele es sich um Christen, die aus Eritrea geflüchtet sind, zitiert die Zeitung den Pfarrer der Lutherkirchgemeinde, Eckehard Möller. Sie genießen in der evangelischen Kirche in der Dresdner Neustadt seit dem vergangenen Jahr Gastrecht und laden wöchentlich zu Gottesdiensten ein. Ostern würden sie etwas später als die Gläubigen in Deutschland feiern, hieß es.

Dem Bericht zufolge hat Krah den Post mittlerweile gelöscht. Beim nochmaligen Anhören des Ausschnittes habe er nicht erkennen können, „ob hier der Muezzin ruft oder es sich nicht vielmehr um einen liturgischen Gesang orientalischer Christen zum Osterfest handelt“, zitiert die Zeitung das AfD-Mitglied. Die Kirchgemeinde wolle nun rechtliche Schritte prüfen.

Schlammschlacht in Tschechien

In Tschechien wird ein neuer Präsident gewählt. Viele Tschechen sind froh, dass der Wahlkampf zwischen Amtsinhaber Milos Zeman und Herausforderer Jiri Drahos endlich ein Ende hat. Ein derart schmutziges Schauspiel haben sie noch nie erlebt. 

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Russlands Einfluss auf die Wahlen in Tschechien

Am Ende des Wahlkampfes gibt es vor allem um eine Frage: Könnte der pro-russische Zeman möglicherweise von einer Einmischung des Kreml zu seinen Gunsten profitiert haben. Zeman weist jeden Verdacht zurück, dass Russland Einfluss auf die Wahlen genommen haben könnte. Sein Herausforderer Drahos sieht das anders. Er hatte die Beteiligung russischer Geheimdienste an Zemans Kampagne als „logisch“ bezeichnet. „Für Wladimir Putins Regime ist die Nato der größte Feind – und wir sind Teil der Nato“, sagte er.

Trojanische Pferd des Kremls

Viele Beobachter halten den Vorwurf Drahos für glaubhaft. Der in Prag ansässige Think Tank European Values nannte Zeman sogar das „Trojanische Pferd des Kremls“ und beschuldigte ihn, Moskaus Ansichten im In- und Ausland zu verbreiten. Zeman sei ein großer Freund von Falschinformationsseiten im Internet und sei eine Art Symbiose mit der „Desinformations-Gemeinde“ eingegangen: Zeman legitimiere die Verbreitung von Fake News und werde dafür von den einschlägigen Seiten im Internet unterstützt.
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Fake News weit verbreitet

Falschinformationen waren im aktuellen Wahlkampf weit verbreitet, speziell beim Thema muslimischer Einwanderung. Zeman hatte die Flüchtlingsbewegungen in Europa im Jahr 2015 als „organisierte Invasion“ und Muslime als „nicht integrierbar“ bezeichnet. Drahos hingegen hält Tschechien für stark genug, um die von der EU vorgesehene Zahl Einwanderer aufzunehmen, solange sie vorher gründlich überprüft worden seien. Zemans Wahlplakate machten daraus: „Stoppt Einwanderer und Drahos. Dies ist Euer Land! Wählt Zeman!“

Lügen über die Kandidaten

Der pro-europäische Drahos musste sich außerdem gegen Anschuldigungen wehren, wonach er sowohl pädophil als auch ein ehemaliger Agent der kommunistischen Sicherheitspolizei sei. Doch auch Zeman, der wegen einer Nervenkrankheit einen Gehstock nutzt, sah sich zweifelhaften Behauptungen ausgesetzt. Svatopluk Bartik, Stadtrat der zweitgrößten tschechischen Stadt Brünn, schrieb auf Facebook, Zeman habe „Krebs mit vielen Metastasen“ und nur noch drei bis sieben Monate zu leben. Zemans Büro ging rechtlich gegen den Abgeordneten vor, der Präsident nannte ihn „ein Schwein“.

Die Stichwahl findet am 26. und 27. Januar statt. In der ersten Runde bekam Zeman 38,56 Prozent der Stimmen, Drahos 26,6 Prozent. Umfragen sagen für die zweite Runde ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.

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Nachtrag:

Der tschechische Präsident Milos Zeman hat sich mit einem knappen Wahlsieg für weitere fünf Jahre den Verbleib im Amt gesichert. Nach einem Wahlkampf, in dem Zeman mit scharfer Islamkritik und der Ablehnung von Flüchtlingen für sich geworben hatte, kam der prorussische Kandidat nach Auszählung aller Stimmen am Samstag auf 51,4 Prozent. Sein Herausforderer, der Wissenschaftler Jiri Drahos, erreichte 48,6 Prozent.

Steinmeier in der Fake-News-Falle

Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt. Nach diesem Motto übersetzte auf RT-Übersetzer beim Russland-Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dessen Worte auf einer Pressekonferenz mit Wladimir Putin. 

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Bei Minute 8:15 ist zu hören, wie die Produktion von Fake-News funktionieren. Steinmeier spricht auf Deutsch von der „Annexion“ der Krim. Der RT-Übersetzer schluckt – und übersetzt dann „Vereinigung mit Russland“. Darauf aufmerksam gemach hat die Facebook-Seite Berliner Osteuropa-Experten.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Russlands Präsident Wladimir Putin haben bei ihrem Treffen für neues Vertrauen zwischen beiden Ländern geworben. In Moskau sagte Steinmeier, er sei der „Überzeugung, dass wir der in den letzten Jahren gewachsenen Entfremdung zwischen unseren beiden Ländern etwas entgegensetzen müssen“. Als Bundespräsident wolle er seinen Beitrag dazu leisten, trotz „offener Wunden“ müsse man Wege aus der „Negativspirale“ finden.

Es gehe um mehr Berechenbarkeit und „den Wiederaufbau eines Minimums von Vertrauen“. Putin zeigte sich optimistisch: „Wir haben festgestellt, dass die deutsch-russischen Beziehungen trotz der bekannten politischen Schwierigkeiten nicht auf der Stelle treten.“

Es wäre nett, wenn sich auch der russische Propaganda-Sender diese Worte zu Herzen nehmen würde.

 

Keine Macht dem Hass!

Im Internet tobte nach der Todesfahrt in Heidelberg der virtuelle Mob. Diese Hetze kann nicht hingenommen werden.

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Die Polizei kontert falsche Meldungen im Internet

Es tobt der virtuelle Mob

Ist das die neue Normalität? Nach der Todesfahrt von Heidelberg tobte der virtuelle Mob durch alle Kanäle der sozialen Medien. Es wurde hemmungslos beleidigt, gehasst, geschmäht, verleumdet – was fehlte, waren durch Fakten untermauerte Behauptungen. Auffallend ist, dass sich viele der Pöbler auf Facebook und Twitter nicht einmal mehr in der Anonymität des Internets verstecken. Sie fühlen sich sicher. Immer mehr Nutzer  haben inzwischen offensichtlich das Gefühl, mit ihrem Hass gegen Flüchtlinge, Asylbewerber oder Fremde im Allgemeinen in der Mehrheit zu sein. In den verschiedenen Internetforen schaukeln sich die sogenannten Kommentatoren dann noch gegenseitig hoch. Das hat bei erschreckend vielen Nutzen die zivilisatorischen Schranken gelockert.

Die Polizei hat gut reagiert

In dieser Situation der virtuellen Aufruhr hat die zuständige Polizei das einzig richtige getan: sie hielt massiv dagegen. In scharfem Ton, bisweilen auch witzig, stellte das Social-Media-Team unermüdlich Lügen richtig, konterte radikale Hetze und versuchte, die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen. Richtig ist auch, dass die Polizei prüft, ob sie juristisch gegen besonders beleidigende und anstößige Beiträge vorgehen kann.

Gegen die Hetzer

Den Hetzern darf nicht die Deutungshoheit im Netz überlassen werden. Dabei reicht es nicht, auf Facebook, Google oder Twitter zu warten, dass sie ihre Kanäle vom Schmutz säubern.  Anschuldigungen und Lügen müssen Fakten entgegen gestellt werden, das ist die Aufgabe jedes Internetnutzers, der in den sozialen Medien unterwegs ist. Was nach der Tat von Heidelberg ablief, darf  nicht zur Normalität im Umgang werden.  Denn eines Tages glauben die Pöbler womöglich, dass sie mit ihrem Hass nicht nur das Internet beherrschen, sondern auch die Straße.

Prag kämpft gegen „Fake News“

Alle reden von „Fake News“ – auch in Tschechien. Dort ist seit dem 1. Januar sogar ein neues Abwehrzentrum in Betrieb genommen worden. Schließlich sind im Herbst Wahlen. Doch das Projekt sorgt für allerhand Streit. Sogar der Präsident hat sich nun eingemischt.

Hier geht es zur Homepage des Abwehrzentrums

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Der Präsident ist erbost

Präsident Milos Zeman gilt als Freund Russlands. Ob das seine Haltung zu dem Abwehrzentrum gegen „Fake News“ beeinflusst, ist unbekannt. Tatsache aber ist, der Staatschef hat das Projekt schon im Vorfeld immer wieder mit scharfen Worten gegeißelt.

Nun hat er sich wieder zu Wort gemeldet. In den Zeitung „Pravo“ sagt er, niemand habe ein Monopol auf die Wahrheit. Den Mitarbeitern der neuen Einheit warf er vor, nicht ausreichend qualifiziert und ideologisch voreingenommen zu sein. Das zeige sich an ihrer angeblich „negativen Haltung zum designierten US-Präsidenten Donald Trump“.

In seiner Weihnachtsansprache warnte Zeman:

„Wir brauchen keine Zensur, wir brauchen keine Meinungspolizei. Wir brauchen kein neues Amt für Presse und Information, wenn wir weiter in einer freien und demokratischen Gesellschaft leben wollen.“

Gegen den Verdacht der Zensur

Doch das Innenministerium verwahrte sich sofort gegen den Verdacht der Zensur. Das Abwehrzentrum werde weder Internetseiten ausschalten, noch irgendwelche Inhalte aus den Medien entfernen lassen, heißt es in einer Stellungnahme auf den Webseiten des Ministeriums. Eva Romancovová ist Koordinatorin des Abwehrzentrums. Dem Tschechischen Rundfunk sagt sie:

„Wir halten es auf keinen Fall für angemessen, das Internet zu zensieren. Wir glauben, dass der Kampf gegen Fake News nur über den Weg der Erklärung, des Erläuterns gehen kann. Das heißt, wir veröffentlichen dann mit Hinblick auf die innere Sicherheit die wahrheitsgemäßen Informationen. “

 Keine Einigung im Streit

Immer wieder hat Innenminister Milan Chovanec versucht, mit Zeman eine Lösung des Streits zu finden. Doch konnte er die Bedenken des Präsidenten auch in einem zweistündigen Vieraugengespräch nicht ausräumen. „Der Staat sollte seinen Standpunkt zu Informationen darlegen, die für die Sicherheit entscheidend sind“, argumentierte der Sozialdemokrat. Es handele sich nicht um eine Form der Zensur.

Schutz vor Wahlbeeinflussung

Das neue tschechische „Zentrum gegen Terrorismus und hybride Gefahren“ hat rund 20 Mitarbeiter und zum Jahresanfang seine Arbeit aufgenommen. Beobachter sehen darin auch einen Versuch, mögliche Wahlbeeinflussungen etwa durch Russland zu verhindern. In Tschechien stehen im Herbst Parlamentswahlen an.

Hier geht es zu einem Bericht in „Radio Praha“

 

Fake News zu einem Mob in Dortmund

Es ist ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Fake-News-Debatten in Deutschland. Im Mittelpunkt steht ein abstruser Text über angeblich chaotische Silvesterfeiern in Dortmund, veröffentlicht auf der  rechtspopulistischen US-Nachrichtenseite „Breitbart“.

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Ein „tobender Mob“?

Die Überschrift ist deutlich: „1000-Mann-Mob setzt Deutschlands älteste Kirche in Brand“ steht über einem Text bei „Breitbart“-News. Der englischsprachige Bericht erzeugt den Eindruck, dass in Dortmund während einer Silvesterfeier Ausländer mit Feuerwerkskörpern gegen andere Besucher und Polizisten vorgegangen seien und das Dach der Reinoldikirche in Brand gesetzt hätten. Der Text bezieht sich dabei in verfälschender Weise auf einen Bericht der „Ruhr Nachrichten“. Deren Reporter war am Silvesterabend in der Dortmunder Innenstadt und hat über die Nacht berichtet. Allerdings wurden die Fakten überdreht, verfälscht und in dieser Form schließlich über soziale Netzwerke verbreitet.

Die Kirche in Brand gesetzt?

Bei „Breitbart“ liest es sich so, dass ein Mob von mehr als 1000 Männern „Allahu Akbar“ geschrien, Polizisten attackiert und eine historische Kirche in Brand gesetzt habe. Die Berichterstattung zeichnet ein düsteres, bedrohliches Bild von der Silvesternacht in Dortmund. Für den Leser scheint es so, als sei die Lage dort in der Nacht zum neuen Jahr vollkommen außer Kontrolle geraten.

Die Polizei stellt richtig

Nun hat die Polizei auf den falschen Bericht reagiert und eine detaillierte Einsatzbilanz der Silvesternacht in Dortmund veröffentlicht. Die zuständige Behörde stellte klar: „Herausragende oder spektakuläre Silvestersachverhalte wurden bis zum heutigen Tage nicht gemeldet.“ Auf einem Platz in der Innenstadt hätten sich rund 1000 Menschen versammelt. Es sei zwar zum Teil zu unsachgemäßem Einsatz von Silvesterfeuerwerk gekommen, dies sei jedoch unterbunden worden.

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Die Feuerwehr hatte am Neujahrstag gemeldet, dass es durch eine Silvesterrakete zum Brand eines Gitterschutznetzes an der Reinoldikirche gekommen sei. Mit dem Netz ist ein Baugerüst verkleidet. Das Feuer sei schnell gelöscht worden. Die Polizei hat nach Angaben einer Sprecherin „keinerlei Erkenntnisse, dass die Rakete absichtlich abgefeuert wurde“.

Berater von Donald Trump

Das rechtspopulistische Internetportal „Breitbart“ wurde im US-Wahlkampf berühmt – der frühere Chefredakteur Steve Bannon ist Chefberater des designierten US-Präsidenten Donald Trump. „Breitbart“ hat vor einigen Wochen angekündigt, sich auch in Europa weiter ausdehnen zu wollen. Bisher gibt es nur einen Ableger in Großbritannien. Politiker wie die Chefin des rechtspopulistischen Front National, Marine Le Pen, in Frankreich, haben die Absicht begrüßt, auch in Frankreich eine Redaktion aufzubauen.

Kampf gegen Fake-News

Wie die Internet-Seite Meedia berichtet, wappnen sich zahlreiche Medien im Kampf gegen falsche Informationen im Netz und organisieren sich im Netzwerk First Draft Coalation. Das Bündnis will Fakten schneller checken und Falschmeldungen enttarnen. Zum Jahreswechsel wächst die Organisation um 40 internationale Medien, schreibt „Meedia“, darunter die dpa oder Zeit Online sowie Guardian und BBC. Auch Google und Facebook sind an Bord.

Das Netzwerk soll die Kräfte der Partner bündeln, um in der Recherche und Verifikation von Geschichten aus dem Netz effizienter arbeiten zu können, so „Meedia“. So wollen sich die Partner über einen virtuellen Newsroom über Fake News austauschen, ihre Ergebnisse auch mit der Öffentlichkeit teilen und gemeinsame Standards für den Umgang mit Fake News erarbeiten. Dafür sollen über die Koalition beispielsweise Mitarbeiter-Schulungen organisiert werden, heißt es.

Absichtlich lancierte Falschmeldungen und verfälschende Zuspitzungen prägten die Endphase des amerikanischen Wahlkampfs und alarmierten auch hierzulande Politiker. Im Innenministerium wird darüber diskutiert, ein Abwehrzentrum gegen Desinformation einzurichten.