Immer wieder werden in Frankreich illegale Flüchtlingslager geräumt – doch nicht immer sind die Aktionen so spektakulär wie in der Nacht auf Dienstag auf dem Place de la République in Paris. Die Runde machen wieder einmal unschöne Bilder von reichlich brutal vorgehenden Polizisten, die auch vor dem Einsatz von Tränengas nicht zurückschrecken.
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Aktivisten bauen ein Flüchtlingslager
Aktivisten hatten am Montag mehrere Hundert Zelte für Flüchtlinge auf dem zentralen Platz in Paris aufgebaut. Ausgangspunkt war die Räumung eines Flüchtlingscamps unter einem Autobahnzubringer im Vorort Saint-Denis. Hunderte Migranten sind seitdem ohne Unterkunft.
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Die Polizei wartet nicht lange
Die Polizei rückte etwa eine Stunde nach dem Aufbau des Camps auf der Place de la République an. Die Beamten trugen die Zelte weg, in denen sich teilweise noch Flüchtlinge befanden. Später setzten sie dann auch Tränengas gegen die Migranten und ihre Unterstützer ein.
Die Pariser Polizeiführung erklärte, das Lager sei geräumt worden, weil es illegal gewesen sei. Die Polizei habe die Migranten „eingeladen“, sich anderswo eine vom Staat oder Hilfsgruppen angebotene Unterkunft zu suchen. Hilfsorganisationen und Pariser Abgeordnete sagten, sie hätten die Zelte errichtet, um auf das Leid von Migranten aufmerksam zu machen, die vergangene Woche aus einem anderen Lager nahe dem Nationalstadion vertrieben worden seien. Mangels anderer Optionen hätten sie seither auf der Straße geschlafen.
Die meisten der Menschen stammen aus Afghanistan, Somalia und Eritrea. Bei manchen sei der Asylantrag abgelehnt worden, andere hätten ihn noch nicht gestellt und fielen damit durch die bürokratischen Raster, sagte Torre.
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Angriff auf Journslisten?
„Sie sind zu gewalttätig. Wir wollen nur ein Dach über dem Kopf“, sagte der afghanische Flüchtling Shahbuddin nach Medienberichten. Ein Journalist des Online-Mediums „Brut“ wirft einem Beamten vor, ihn drei Mal angegriffen zu haben. „Wir werden die Polizeipräfektur und das Innenministerium um Erklärungen bitten“, erklärte „Brut“.
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Der Innenminister reagiert „schockiert“
Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin nannte die Bilder von der Räumung des Lagers „schockierend“. Er forderte vom Polizeipräfekten einen Bericht an. Sobald dieser vorliege, werde er über weitere Schritte entscheiden, schrieb Darmanin im Onlinedienst Twitter.
Die Polizeipräfektur und die Präfektur der Region Ile-de-France erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme, der Aufbau nicht genehmigter Flüchtlingslager sei „nicht hinnehmbar“. Die Polizei sei eingeschritten, um die „illegale Besetzung des öffentlichen Raums“ zu beenden.
Zusammenhang mit neuem Gesetz?
Der Linkspolitiker Éric Coquerel, der selbst vor Ort war, bezeichnete das Verhalten der Polizei als „unverhältnismäßig“. Er sei von der Polizei herumgeschubst worden, sagte er dem Sender Franceinfo. Es sind nun vor allem Videos im Netz, die das Vorgehen der Polizei dokumentieren. Gleichzeitig wird im Parlament über das sogenannte globale Sicherheitsgesetz debattiert, das der Regierung zufolge die Polizei besser schützen soll.
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Ein umstrittener Paragraf sieht vor, dass die Veröffentlichung von Bildern von Sicherheitsbeamten im Einsatz bestraft werden kann, wenn sie das Ziel verfolgt, die körperliche oder seelische Unversehrtheit der Polizistinnen oder Polizisten zu verletzen. Medienschaffende sehen darin einen Angriff auf die Pressefreiheit und fürchten Repressionen bei Demonstrationen.
„Für mich liegt auf der Hand, dass, wenn sich die Polizei auf den Straßen von Paris so etwas erlaubt, es offensichtlich mit dem globalen Sicherheitsgesetz zusammenhängt“, sagt Linkspolitiker Coquerel.
Innenminister lässt prüfen
Innenminister Gérald Darmanin schaltete am Dienstag die Polizei-Aufsichtsbehörde ein, die als mächtige „Polizei der Polizei“ gilt.
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