„Kebab-Krieg“ in Beziers

Wie kontert man rechte Hetze? Mit Humor! Und wenn es gut geht, „eskaliert“ die Sache und schlägt die entsprechend hohen Wellen. So geschehen in Beziers.

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Grillen mit Freunden

In der südfranzösischen Stadt Beziers sorgt ein „Internationales Kebab-Festival“ in diesen Tagen für Furore. Mit dem scherzhaft gemeinten Aufruf zu einem Treffen der Grillspieß-Freunde am 5. Mai 2016 wollte Initiator Baptiste Fluzin eigentlich gegen die Politik des vom rechtspopulistischen Front National gestützten Stadtoberhaupts Robert Menard protestieren. Inzwischen haben jedoch mit Stand von Montagmittag im Sozialen Netzwerk facebook mehr als 40.000 Menschen die Einladung zu dem Festival angenommen. Hier der Link zu der Facebook-Seite

Wie Wandlung des Herrn Menard

Der parteilose Menard, Mitbegründer der Organisation „Reporter ohne Grenzen“, geriet in den vergangenen Jahren wiederholt mit radikalen Äußerungen unter anderem zur Todesstrafe und zum Islam in die Schlagzeilen. Seit 2014 ist er Bürgermeister von Beziers. Im Vorfeld der Wahl kam es zum endgültigen Bruch mit „Reporter ohne Grenzen“.

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Aus Satire wird Realität

Das „Kebab-Festival“ versteht sich laut französischen Medienberichten als satirische Antwort auf einen Plan Menards, die Eröffnung neuer Kebab-Restaurants in Beziers zu verbieten. Er wolle nicht, dass die 73.000-Einwohner-Stadt nahe der Mittelmeerküste eine „Kebab-Hauptstadt“ werde, ließ Menard demnach verlauten. Das aus der Türkei kommende Gericht vertrage sich nicht mit der französischen Kultur und laufe „unserer christlich-jüdischen Tradition“ zuwider.

Im Zeichen der hellen Soße

Festival-Erfinder Fluzin drehte den Spieß daraufhin um und lädt nun im Internet zu einem großen Fest „im Zeichen der hellen Soße, der Harissa-Paste und der Samurai-Soße“ mit orientalischem Tanz und Kebab-Verkostung. Das Treffen werde gemeinsam mit dem Rat von Beziers und dem Bürgermeister organisiert, „dem wir dafür recht herzlich danken“. Neben zahlreichen humoristischen Kommentaren auf Fluzins facebook-Seite finden sich dort auch besorgte Zuschriften, wie denn der rechtskonservative Bürgermeister ein solches Fest auf dem Stadtgebiet habe genehmigen können.

15.11.02-Kebab Hier der Link zu einem Text von Le Monde über das Festival

Marine Le Pen auf allen Kanälen

Marine Le Pen steht im Moment dort, wo sie am liebsten steht: im Rampenlicht. Jüngster „Skandal“ ist ihre kurzfristige Absage eines Auftritts bei einer populären Politiksendung „Des Paroles et des Actes“ des Sender France 2.

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Ein häufiger Gast

Der Grund für den Rückzieher von Marine Le Pen: es hagelte Proteste wegen ihrer großen TV-Präsenz. Sie werde am Donnerstagabend nicht „zu der Maskerade gehen, zu der diese Sendung seit einigen Stunden geworden ist“, sagte die Vorsitzende des rechtsextremen Front National (FN). Der Sender France 2 sagte daraufhin die Sendung ab. Es war bereits das fünfte Mal in 36 Sendungen, dass Marine Le Pen von dem öffentlich-rechtlichen Sender eingeladen worden war. So häufig war dort noch kein anderer Parteichef zur besten Sendezeit zu Gast.

Diese Häufung an Auftritten wollte die politische Konkurrenz nicht mehr hinnehmen. Sowohl die Sozialisten von Präsident François Hollande als auch dessen konservativer Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy warfen France 2  vor, die rechtsextreme Politikerin zu bevorzugen und ihr wenige Wochen vor den Regionalwahlen zu viel Sendezeit einzuräumen. Die Europaabgeordnete und Tochter von Parteigründer Jean-Marie Le Pen tritt  bei den Regionalwahlen im Dezember in einer nordfranzösischen Region als Spitzenkandidatin an. Trotz vieler Telefonate konnten sich alle Beteiligten auf kein gemeinsames Vorgehen einigen – also wurde die Sendung am Ende abgesagt.

Wasser auf die Mühlen des FN

Dieser Streit mit der politischen Konkurrenz und dem TV-Sender ist Wasser auf die Mühlen der FN-Chefin, die ihre Partei „verteufelt“ sieht – vor allem von den ihr missliebigen Medien. Aus diesem Grund versucht sie immer wieder, das Erscheinungsbild des Front National (FN) in Frankreich zu „entdämonisieren“.

Allerdings zeigt ihre bürgerliche Fassade auch tiefe Risse – sehr zu ihrem Leidwesen. Gerade in diesen Tagen musste sich Marine Le Pen sogar in Lyon wegen Anstiftung zum Hass verantworten. Der Auslöser liegt fünf Jahre zurück. Während einer öffentlichen Parteiveranstaltung verglich die Politikerin im Dezember 2010 eine Szene von Muslimen, die auf der Straße beteten, mit der Situation im von Nazis besetzten Frankreich während des Zweiten Weltkrieges.

„Diskriminierung oder Hass“

Der Empörung von politischen Gegnern folgten Klage von Verbänden, juristische Ermittlungen und schließlich die Aufhebung der Immunität der EU-Parlamentarierin. Im Fall einer Verurteilung wegen Anstachelung zu „Diskriminierung oder Hass“ gegen Menschen wegen Herkunft oder Zugehörigkeit zu einer Religion drohen ihr bis zu einem Jahr Haft und 45 000 Euro Geldstrafe.

„Ich habe gegen kein Gesetz verstoßen“, sagt die Parteichefin, sie verbreitet im Gegenzug wilde Verschwörungstheorien. Le Pen spricht von einer „regelrechten juristischen Verfolgung“ gegen sie. „Die Staatsanwaltschaft ist nicht unabhängig, sie untersteht direkt Madame (Christiane) Taubira.“ Frankreichs linke, schwarze Justizministerin ist beliebte Zielscheibe für die Front National.

Auch mit anderen juristischen Entscheidungen hat Tochter Le Pen zuletzt keine guten Erfahrungen gesammelt. So darf sie im Politstreit weiter als „Faschistin“ bezeichnet werden. Zweimal verlor sie deswegen gegen den Ex-Chef der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon.

Populisten auf Stimmenfang in Europa

Populismus ist im Kommen. Überall in Europa machen Parteien mobil den Zuzug von Migranten, warnen vor Überfremdung und Überforderung: Sie versuchen aus der Flüchtlingskrise Kapital zu schlagen – längst nicht nur vom rechten Rand.

Bei den Wahlen in der Schweiz hat die SVP mit rechtspopulistischen Slogans Stimmen gewonnen. Und auch im Nachbarland Österreich erstarkte bei den Landtagswahlen die rechte FPÖ, die in der Flüchtlingskrise mit ausländerkritischen Parolen auf Stimmenfang ging. Auch anderswo in Europa wollen Parteien die Flüchtlingskrise für sich nutzen. Eine Übersicht:

15.10.21-flagge-schweiz In der SCHWEIZ nutzte die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) die Flüchtlingskrise für ihren Wahlkampf – und sie haben damit gepunktet. Nach ihrem Triumph bei den eidgenössischen Parlamentswahlen verlangt die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) eine stärkere Beteiligung an der Regierungsmacht. Die großen Flüchtlingsströme gehen derzeit zwar an der Schweiz vorbei. Die Regierung geht für 2015 von rund 30 000 Asylsuchenden aus. Aber die Schweiz gehört gemessen an der Bevölkerungszahl mit Deutschland und Schweden zu jenen Ländern Europas, die bislang die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Zudem ist der Ausländeranteil an der Bevölkerung mit 25 Prozent bereits vergleichsweise hoch.

15.10.21-flagge-polen In POLEN, wo am 25. Oktober Parlamentswahlen sind, ist die Aufnahme von Flüchtlingen ein großes Wahlkampfthema. Die nationalkonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die Umfragen zufolge stärkste Kraft werden könnte, warnt vor Integrationsproblemen. Sie sagt, das Land sei nicht ausreichend auf die Aufnahmen von Menschen aus anderen Kulturkreisen vorbereitet. Die Sorge vor Wählerverlusten dürfte auch bei der zögerlichen Haltung der liberalkonservativen Warschauer Regierung eine Rolle gespielt haben. Regierungschefin Ewa Kopacz, die auch Vorsitzende der Bürgerplattform (PO) ist, sprach sich gegen verbindliche Aufnahmequoten aus und betonte, reine Wirtschaftsmigranten dürften nicht nach Polen kommen. Dort sind bisher weniger als ein Prozent der Einwohner Ausländer – und bisher stammen die meisten von ihnen aus EU-Staaten.

15.10.21-flagge-frankreich Die rechtsextreme Front National (FN) in FRANKREICH unter ihrer Chefin Marine Le Pen versucht seit Wochen, das Thema für sich zu nutzen. „Raus aus Schengen“ und „Schließung der Grenzen“ sind als alte FN-Forderungen nun noch häufiger zu hören, mit harten Worten greift Le Pen die deutsche Flüchtlingspolitik an. Bei den Regionalwahlen im Dezember rechnet die Partei sich Chancen aus, in mindestens zwei Regionen erstmals das Ruder zu übernehmen. In nationalen Umfragen konnte die FN noch keinen deutlichen Schub aus dem Thema gewinnen, allerdings liegt sie ohnehin meist etwa gleichauf mit der konservativen Opposition und vor den regierenden Sozialisten.

15.10.21-flagge-italien In ITALIEN hat die rechtspopulistische Lega Nord zwar zuletzt leicht an Zustimmung verloren, ist aber grundsätzlich im Aufwind. Den Umfragen zufolge kommt die Partei um den polarisierenden Chef Matteo Salvini landesweit auf etwa 13,5 Prozent der Stimmen. Sie wäre drittstärkste Kraft hinter der Demokratischen Partei (PD) von Regierungschef Matteo Renzi und der Protestbewegung „5 Sterne“. Die ebenfalls konservative Forza Italia (FI) von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sie längst überholt. Die fremdenfeindliche Partei hetzt gegen Flüchtlinge und will die Boote am liebsten schon auf dem Mittelmeer abwimmeln – diesen Kurs unterstützen in der Krise immer mehr Italiener.

15.10.21-flagge-niederlande In den NIEDERLANDEN ist die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders durch die Flüchtlingsdebatte stark im Aufwind. Nach den neuesten Umfragen kommt seine „Partei für die Freiheit“ derzeit auf mehr als 30 Prozent der Stimmen – und wäre damit stärkste Kraft im Parlament. Bei der Wahl 2012 kam Wilders auf 10,1 Prozent. Die nächsten Wahlen sind allerdings erst für März 2017 geplant. Wilders macht mit einer scharfen Kampagne gegen die Aufnahme von Flüchtlingen von sich reden. Er rief Bürger zum Widerstand gegen Notunterkünfte auf und fordert die Schließung der Grenzen.

15.10.21-flagge-ungarn In UNGARN hat die regierende nationalkonservative Partei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban von ihrer strengen Flüchtlingspolitik profitiert. In den Umfragen vergrößerte Fidesz den Abstand zu ihrem stärksten Rivalen, der rechtsradikalen Oppositionspartei Jobbik, um fünf Prozentpunkte. Da Jobbik nur zwei Prozentpunkte einbüßte, dürfte Fidesz laut Analysen auch aus dem Kreis der Unentschlossenen Anhänger hinzugewonnen haben. Jobbik ist nach Fidesz Ungarns zweitstärkste Partei. Die links-liberalen Parteien rangieren weit hinten – als stärkste von ihnen stand die sozialistische MSZP zuletzt bei 16 Prozent.

15.10.21-flagge-tschechien Alle großen Parlamentsparteien TSCHECHIENS von links bis rechts sind gegen die Aufnahme einer größeren Zahl von Flüchtlingen. Die Regierung in Prag schickte Hunderte Polizisten an die Grenze zu Österreich und kämpft gegen dauerhafte EU-Flüchtlingsquoten. Am rechten Rand verbündete sich die Splitterpartei „Morgenröte“ mit der Bewegung „Block gegen den Islam“. Auch Europaskeptiker um den früheren Präsidenten Vaclav Klaus versuchen, mit dem Thema zu punkten. In einem Jahr finden in Tschechien Kommunal- und Teilwahlen zum Senat statt.

15.10.21-flagge-griechenland In GRIECHENLAND wurde die rechtsextremistische Partei Goldene Morgenröte bei den jüngsten Parlamentswahlen am 20. September drittstärkste Kraft. Mit knapp sieben Prozent der Stimmen stellt sie 18 Abgeordnete im Parlament mit 300 Sitzen. Die Partei profitiert von der schlimmen Wirtschaftslage und der hohen Arbeitslosigkeit. Die Goldene Morgenröte setzt auch auf die Ängste der Menschen vor den steigenden Flüchtlingszahlen. Gegen die gesamte Parteiführung und dutzende Mitglieder läuft seit Monaten ein Prozess wegen Bildung einer kriminellen Organisation.

15.10.21-flagge-spanien In SPANIEN spielen rechte und ausländerfeindliche Parteien bei Wahlen keine Rolle. Das ist schon seit Jahrzehnten so, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Das Flüchtlingsdrama ist für die spanischen Wähler kein wichtiges Thema, denn Spanien ist vom Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien oder vom Balkan kaum betroffen.

15.10.21-flagge-österreich In ÖSTERREICH schwimmt die rechte FPÖ seit mindestens zwei Jahren auf einer Erfolgswelle. Schon vor der aktuellen Debatte um die Flüchtlinge sammelte die Partei von Heinz-Christian Strache Protestwähler ein. Anlass ist die große Unzufriedenheit der Bürger mit dem Stillstand im Land, den ausbleibenden Reformen, der stetig wachsenden Arbeitslosigkeit. Die rot-schwarze Bundesregierung, die eher einer Zwangsehe als einem Wunschpaar ähnelt, bekommt ganz schlechte Noten. Die Flüchtlingsfrage hat die Tendenzen erheblich verstärkt. SPÖ und ÖVP verlieren massiv, die ausländerkritische FPÖ eilt von Erfolg zu Erfolg wie jetzt bei der Landtagswahl in Wien. Landesweite Umfragen sehen die FPÖ aktuell bei 33 Prozent.

Vernichtungskrieg in der Familie Le Pen

Wie tief kann der Hass in einer Familie reichen? Die Antwort auf diese Frage gibt uns die französische Politikerfamilie Le Pen.

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Kampf bis aufs Blut

Als politische Erfolgsgeschichte gestartet, bekämpfen sich inzwischen Tochter Marine und Vater Jean-Marie bis aufs Blut. Vorerst letzter Akt der Tragödie ist eine verbale Breitseite der Chefin des rechtsextremen Front National (FN) gegen ihren Vorgänger. Marine Le Pen hat ihren aus der Partei ausgeschlossenen Vater spöttisch mit einer Femen-Aktivistin verglichen. „Sagen wir mal, dass er so etwas wie unsere kleine persönliche Femen(-Aktivistin) ist“, sagte Le Pen den Sendern Radio Classique und LCI. Sie reagierte damit auf die Ankündigung des 87-jährigen Parteigründers, am Wochenende am Sommertreffen der FN teilnehmen zu wollen – trotz seines Parteiausschlusses.

Aus der Partei geworfen

Dieser Attacke geht ein schmutziger Kampf um die Macht in der Partei voraus, der selbst hartgesottenen Politikbeobachtern den Atem stocken ließ. Die ausländerfeindliche Front National hatte ihren Gründer vor zwei Wochen wegen wiederholter antisemitischer Provokationen aus der Partei geworfen. Der Übervater des FN betonte zuletzt aber kämpferisch, er wolle bei der sogenannten Sommeruniversität der Front National in Marseille „vorbeischauen“.

Der kleine Unterschied

„Sein Ziel ist es natürlich, die Sommeruniversität zu stören und wenn möglich einen Vorfall, einen Medien-Hype auszulösen“, sagte seine Tochter Marine dazu. „Das ist genau das, was die Femen-Aktivistinnen machen, es gibt nur einen kleinen Unterschied bei der Bekleidung.“ Die Feministinnen-Gruppe Femen ist mit ihren aufsehenerregenden Oben-Ohne-Protesten bekannt geworden. Am 1. Mai störten drei barbusige Aktivistinnen auch eine Veranstaltung der Front National in Paris.

Für die Schlacht gerüstet

Jean-Marie Le Pen scheint allerdings für die Schlacht gegen seine Tochter gerüstet. Nach seinem Rauswurf tönte er, strotzende vor Selbstbewusstsein: “Ich bin der Front National, ich bin im Front National zu Hause, und ich werde gegen diesen theoretischen Ausschluss vor Gericht ziehen und ein viertes Mal gewinnen, wie schon die drei Male zuvor.” Den Kampf gegen seine Tochter sieht der Vater inzwischen offensichtlich als Vernichtungsfeldzug.  „Sie hat per Telefon das Exekutionskommando angewiesen, ihren Papa umzubringen, sie hat ihn nicht direkt getötet, aber ihre Handlanger haben es für sie erledigt.”

Das ganze Gespräch mit Marine Le Pen im TV

Die entscheidenden Sekunden des Gesprächs mit Marine Le Pen

Die Rechten auf dem Vormarsch – ein Überblick 

Die Rechtspopulisten sind die strahlenden Sieger bei Parlamentswahl in Dänemark. Am Ende eines Wahlkrimis ist die Dänische Volkspartei zweitstärkste Partei im Parlament. Doch nicht nur in Dänemark sind die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. In vielen europäischen Volksvertretungen sind sie bereits präsent.

15.06.19-DänemarkKristian Thulesen Dahl, Chef der Dänischen Volkspartei, ist der eigentliche Sieger der Parlamentswahl.

Ministerpräsidentin abgewählt

Das Mitte-links-Bündnis von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt ist abgewählt worden. Der Mitte-rechts-Block des liberal-konservativen Oppositionsführers Lars Lökke Rasmussen kam am Donnerstag dank des Rekordergebnisses für die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) auf eine hauchdünne Mehrheit. Mehr als jeder fünfte Däne hat für die „DF“ gestimmt. Unter dem seit 2012 an der DF-Spitze stehenden Kristian Thulesen Dahl  gab sich die Partei, die sich seit jeher für die Beschränkung der Einwanderung einsetzt, ein moderateres Profil.

Hier ein Überblick über die wichtigsten rechtspopulistischen Parteien in Europa:

FRANKREICH: Mit einer Distanzierung von klar rechtsradikalem Gedankengut hat Marine Le Pen die Front National zu einer für viele Franzosen wählbaren Partei gemacht. Offene Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus sind unter der Führung der 46-Jährigen inzwischen tabu, stattdessen wird populistisch auf Themen wie Rente mit 60, mehr Sicherheit sowie eine Abgrenzung von EU und Nato gesetzt. Der FN ist mit zwei Sitzen in der Nationalversammlung vertreten. Bei der Europawahl 2014 war der FN mit 24,86 Prozent der Stimmen die französische Partei, die die meisten Wählerstimmer erhielt.

NIEDERLANDE: Die „Partei für die Freiheit“ (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders reitet nicht mehr auf der großen Erfolgswelle. Bei den Europawahlen musste er einen Dämpfer einstecken und kam nur auf knapp 12 Prozent der Stimmen und war damit nur noch viertstärkste Kraft in den Niederlanden. Wilders fährt einen harten Abgrenzungskurs gegen Europa. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der französischen Front National, Marine Le Pen, hat er in diesen Tagen ein neues Rechtsbündnis im EU-Parlament geschmiedet. Er kritisiert den freien Zuzug von Arbeitnehmern vor allem aus Osteuropa und macht sich stark für einen EU-Austritt der Niederlande sowie die „Befreiung vom Diktat Brüssels“. Im niederländischen Parlament ist die Wilders-Partei weitgehend von den übrigen Parteien isoliert.

GRIECHENLAND: Die rechtsextremistische und rassistische griechische Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) ist inzwischen eine feste Größe. Bei den griechischen Parlamentswahlen 2015 erzielte die Partei 6,28 Prozent der Stimmen und zog mit 17 Sitzen ins Parlament ein. Zahlreichen Parteifunktionären, darunter auch Parteichef Nikolaos Michaloliakos, wirft die griechische Justiz vor, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Der Parteichef und fünf weitere Abgeordnete sind bereits inhaftiert. Eine Hauptforderung ist, alle Ausländer – vor allem Asiaten und Afrikaner – aus Nicht-EU-Staaten aus Griechenland auszuweisen. Zudem verlangt die Partei den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Mitglieder zeigen öfter den Hitlergruß.

In GROSSBRITANNIEN musste die rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (UKIP) zuletzt eine herbe Niederlage hinnehmen. Bei den Unterhauswahlen im Mai 2015 konnte die Partei zwar 12,6 Prozent der Stimmen erreichen, wegen des Mehrheitswahlrechts gewann sie aber nur ein Mandat. Die UKIP steht vor allem für den Austritt Großbritanniens aus der EU und für eine deutliche Begrenzung der Zuwanderung. So sollen Einwanderer in den ersten fünf Jahren keinen Anspruch auf Sozialleistungen und ihre Kinder kein Recht auf freie Bildung haben. In der Bedeutungslosigkeit versunken ist inzwischen die noch weiter rechts stehenden British National Party (BNP).

ÖSTERREICH: Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist im Nationalrat, in allen neun Landtagen und vielen Gemeinderäten vertreten. Mit Kritik an der EU und fremdenfeindlichen Tönen spricht die Partei vor allem Protestwähler an und gibst sich als Kämpfer für den kleinen Mann. Auf EU-Ebene ist die FPÖ mit anderen rechten Partei-Chefs gut vernetzt. Bei der Nationalratswahl 2013 kam die Partei mit 20,50 Prozent der Stimmen auf den dritten Platz.

In ITALIEN hat sich die Lega Nord „regionalen Nationalismus“, Föderalismus und Autonomie auf die Fahnen geschrieben. Sie zählt zu den klassischen rechtspopulistischen Parteien in Europa. Zeitweise durch Silvio Berlusconi in eine Mitte-Rechts-Koalition eingebunden, driftet die im Jahr 1989 gegründete „Lega Nord für die Unabhängigkeit Padaniens“ inzwischen wieder allein durch die Parteienlandschaft – immer in Konfrontation zum armen Süden und zur Hauptstadt Rom. Bei den Regionalwahlen Anfang Juni 2015 war die Partei der große Sieger. In Venetien wurde der Regionalpräsident mit über 50 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.  In der Toskana errangen die Lega Nord nach einem aggressiv antiziganistischen und migrationsfeindlichen Wahlkampf ihres Vorsitzenden Matteo Salvini 20 Prozent der Stimmen.

In FINNLAND stehen die rechtspopulistischen „Wahren Finnen“ gut da. Sie sind zweitstärkste Kraft im Parlament, gewannen bei der Parlamentswahl 17,7 Prozent der Stimmen und sitzen auch auf der Regierungsbank. Die Partei stellt den Verteidigungsminister, den Sozialminister und den Justiz- und Arbeitsminister. Die „Wahren Finnen“ haben sich von einer kleinen Protestpartei zu einer wichtigen Kraft entwickelt, obwohl sie regelmäßig wegen rassistischer oder sexistischer Äußerungen am Pranger der Medien stehen. Die Partei ist unter anderem strikt gegen Hilfszahlungen an überschuldete EU-Länder.

In SCHWEDEN wurden die Schwedendemokraten bis vor einigen Jahren dem rechtsextremistischen Lager zugerechnet, sie selbst nennen sich nationalistisch. Bei den Reichstagswahlen im September 2014 erreichte die Partei 12,9 Prozent der Stimmen. Sie entsendet damit 49 Abgeordnete in den Reichstag. Die Schwedendemokraten wollen den „Erweiterungseifer“ der EU dämpfen und Grenzkontrollen wieder einführen. Sie fordern eine rigidere Asyl- und Einwanderungspolitik und wollen die „Kosten die das multikulturelle Gesellschaftsexperiment verschlingt“ einsparen.

DEUTSCHLAND: Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gilt als bedeutendste rechtsextreme Kraft in der Bundesrepublik. Ausländerhass und Antisemitismus sind laut Bundesamt für Verfassungsschutz in der Partei tief verwurzelt. Der Bundesrat hat im Dezember einen neuen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Derzeit ist die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertreten. Bei der Bundestagswahl 2013 erreichte sie nur 1,3 Prozent. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Drei-Prozent-Klausel bei der Europawahl gekippt hat, zog die NPD mit einem Mandat in das Europaparlament ein. Mit der AfD gibt es inzwischen eine Partei, die dem rechts-konservativen Lager zuzuordnen ist.

In der SLOWAKEI hetzt die minderheitenfeindliche Nationalpartei SNS gegen slowakische Ungarn und Roma – Ausländer gibt es in der Slowakei kaum. Aber auch Homophobie ist der Partei nicht fremd. Im slowakischen Parlament ist die Partei seit 2012 nicht mehr vertreten, nachdem ihre Minister bei einer früheren Regierungsbeteiligung mehr durch Korruptionsverdacht als konstruktive Arbeit auffielen. In nationalen Umfragen bewegt sich die SNS an der für einen Parlamentseinzug in der Slowakei gültigen Fünfprozenthürde.

In LETTLAND ist die Nationale Allianz derzeit mit 13 Abgeordneten im Parlament vertreten und gehört seit 2011 der Regierung an. Die Partei beteiligt sich traditionell am umstrittenen Gedenkmarsch der lettischen SS-Veteranen in Riga. Im vergangenen Jahr war der Umweltminister aus diesem Grund entlassen worden. Premier Laimdota Straujuma begründete dies damit, dass radikale Gruppen und auch politische Parteien die historischen Ereignisse gefälscht darstellen und damit Lettlands Ansehen im Ausland aufs Spiel setzen.

In LITAUEN tritt die rechtspopulistische Partei „Partei für Ordnung und Gerechtigkeit“ an. Gründer und Vorsitzender ist der 2004 wegen Amtsmissbrauchs abgesetzte Ex-Präsident Rolandas Paksas. Er selbst darf deshalb kein öffentliches Amt in Litauen mehr bekleiden, sitzt aber seit 2009 im EU-Parlament.

UNGARN: Die 2003 gegründete Partei Jobbik (Bewegung für ein besseres Ungarn) kam bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr auf 20,5 Prozent der Stimmen und verfügt derzeit über 23 der 199 Parlamentssitze in Budapest. Sie ist der größte Konkurrent des Premiers Victor Orban und fällt vor allem durch Hass-Rhetorik gegen Minderheiten wie Juden oder Roma auf.

Der Front National unter Betrugsverdacht

Haben die vermeintlichen Saubermänner Flecken auf ihrer weißen Weste? Der Front National steht unter Betrugsverdacht. Die rechtsextreme Partei soll auf Kosten des EU-Parlaments 20 Mitarbeiter beschäftigen, die für die Partei in Frankreich arbeiten.

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Wegen des Verdachts des Betrugs beim französischen Front National (FN) hat das Europaparlament am Montagabend die europäische Anti-Betrugsbehörde Olaf eingeschaltet. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz habe die Behörde wegen eventueller finanzieller Unregelmäßigkeiten beim FN angerufen, teilte das Parlament mit. Die rechtsextreme Partei soll auf Kosten des EU-Parlaments 20 Mitarbeiter beschäftigen, die für die Partei in Frankreich arbeiten.

Schulz habe auch der französischen Justizministerin Christiane Taubira wegen des Verdachts gegen die rechtsextreme Partei geschrieben, erklärte das Parlament. Aus Parlamentskreisen verlautete, es gehe um insgesamt 7,5 Millionen Euro. Laut dem Parlament besteht der Verdacht, dass die FN-Abgeordneten auf Kosten des Straßburger Parlaments 20 Mitarbeiter beschäftigen, die in Wahrheit nicht für die Abgeordneten, sondern für die Partei in Frankreich tätig sind.

Noch ist es nur ein Verdacht

Demnach tauchen im Organigramm der Partei vier Mitarbeiter aus Straßburg und Brüssel sowie 16 Mitarbeiter in den Wahlkreisen auf. Es gebe noch weitere Hinweise, dass die Mitarbeiter nicht wie vorgesehen „direkt für die Ausübung des Parlamentsmandats der Europaabgeordneten“ arbeiten. Der Parlamentssprecher Jaume Duch betonte, das Parlament ziehe keine Schlüsse, sondern teile lediglich seinen Verdacht mit. Die Anti-Betrugsbehörde müsse nun entscheiden, ob sie Ermittlungen einleitet.

Der FN wies die Vorwürfe zurück. Die Parteivorsitzende Marine Le Pen kündigte über den Kurzmitteilungsdienst Twitter mit, „Anzeige wegen Verleumdung“ zu stellen. Der Vizechef der Partei, Florian Philippot, sprach von „Schwindel“, schrieb aber auch, „im Kern hat Schulz Recht“. „Unsere Mitarbeiter arbeiten nicht für die Europäische Union, sondern gegen sie“, schrieb Philippot auf Twitter. Die rechtsextreme Partei lehnt die EU in ihrer gegenwärtigen Form ab.

Schon häufig Ärger mit dem FN

Die Partei hat 23 Abgeordnete im EU-Parlament, nachdem sie bei der letzten Wahl im Mai 2014 in Frankreich stärkste Kraft geworden war. Bei den französischen Départementswahlen Ende März kann sie Umfragen zufolge mit 30 Prozent der Stimmen rechnen. Der sozialistische Premierminister Manuel Valls warnte am Sonntag in scharfen Worten vor einem Wahlsieg der Rechtsextremen und löste damit eine heftige Debatte in Frankreich über den Umgang mit dem FN aus.

Hier der Link zu meinem Europa-Blog in der Stuttgarter Zeitung:

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.europa-blog-betrugsverdacht-gegen-den-front-national.8359c2df-97f0-4cfb-9586-8a03b395f337.html