Treffen der Rechtspopulisten in Prag: Forderung nach dem Ende der EU

Die Rechtspopulisten in Europa formieren sich. Der Star der Prager Rechten, Tomio Okamura, hat mehrere Vertreter rechtspopulistischer Prominenter aus ganz Europa in seine Stadt eingeladen. Die Gäste waren sich einig in ihrem Abgesang auf die EU.

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Rechtspopulistische Parteiführer aus ganz Europa haben in Prag ein Ende der EU in ihrer jetzigen Form gefordert. Die Chefin des französischen Front National, Marine Le Pen, sagte beim Treffen, Brüssel sei eine „existenzielle Gefahr für unsere Nationalstaaten“. Der Niederländer und Parteichef der rechtspopulistischen „Partei für die Freiheit“, Geert Wilders, ermunterte die Tschechen „ihre Türen vor der Massenzuwanderung fest geschlossen zu halten“. Tschechien weigert sich ebenso wie Ungarn und Polen, die EU-Flüchtlingsquote umzusetzen. Die EU-Kommission klagt deswegen gegen die drei osteuropäischen Staaten.

Alexander Häusler, Rechtsextremismus-Experte an der Hochschule in Düsseldorf, sagte im Deutschlandfunk, das ENF-Treffen diene der Neusortierung der Rechtsaußenparteien, um eine neue Gruppe zu gründen für die Europaparlamentswahlen im Jahr 2019. Das Bündnis sei ein reines Zweckbündnis.

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Gastgeber des Treffens für die im EU-Parlament sitzenden Rechtspopulisten (ENF) war der tschechische rechtsgerichtete Millionär Tomio Okamura. Die Partei des Politikers war bei der jüngsten Parlamentswahl in Tschechien zur vierstärksten Kraft aufgestiegen. Er erklärte bei der Zusammenkunft, dass eine „muslimische Kolonisation Europas“ drohe. Spitzenvertreter der rechtspopulistischen österreichischen FPÖ blieben dem Treffen fern, da sie sich in Wien an einer Sitzung der Bundesparteileitung beteiligten.

Das war im vergangenen Jahr allerdings noch anders. Damals jatte der EU-Abgeordnete Harald Vilimsky von der FPÖ ein Rechtspopulisten-Treffen in Wien und Vösendorf organisiert, das sich „Patriotischer Frühling“ nannte und von der Front National über die AfD bis zum Vlaams Belang fast alle versammelte, die Rang und Namen haben in der rechten Szene.
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Eingeladen wurde in Prag als ENF-Mitglied natürlich auch die FPÖ. Okamura hatte bereits früher über mögliche Teilnahme von FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache gesprochen, die jedoch angesichts der Regierungsbildung in Österreich „nicht sicher“ sei, wie der SPD-Chef der tschechischen Nachrichtenagentur CTK bereits im November sagte. Wie die FPÖ der Nachrichtenagentur APA nun mitteilte, wurde Harald Vilimsky als stellvertretender Vorsitzender der ENF-Fraktion zur Jahrestagung in Prag eingeladen. Aus terminlichen Gründen werde er aber nicht daran teilnehmen.

Mit 37 Abgeordneten ist ENF die kleinste Fraktion im Europaparlament. Zu ihren Mitgliedern gehören neben den drei Abgeordneten der FPÖ auch die der Front National (FN) aus Frankreich, der niederländischen Partei für die Freiheit von Wilders und der italienischen Lega Nord. Einziger Deutscher ist der frühere AfD-Politiker Marcus Pretzell. Er tritt mittlerweile als Abgeordneter der Blauen Partei seiner Ehefrau Frauke Petry auf.

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Politisch bewegen konnte die ENF im Europaparlament bislang kaum etwas. Stattdessen gab es mehrfach Skandale. So bezahlte FN-Chefin Le Pen zum Beispiel Mitarbeiter mit EU-Geldern, die gar nicht wie vorgeschrieben in der Volksvertretung tätig waren. Ein anderes Mal stimmte der Niederländer de Graaff mit Le Pens Abstimmungskarte ab, was streng verboten ist.

Die Gastgeberpartei SPD hatte bei den Parlamentswahlen in Tschechien im Oktober überraschend mit 10,6 Prozent ein zweistelliges Ergebnis erzielt. Im Wahlkampf präsentierte sich der japanischstämmige Unternehmer Okamura unverhohlen als Gegner des Islams, der illegalen Immigration und als scharfer Kritiker der EU. So forderte er eine Volksabstimmung zum Austritt Tschechiens aus der EU, wobei er allerdings behauptete, er würde für den Verbleib stimmen.

Demo als Gegenveranstaltung

Gegen die ENF-Veranstaltung in Prag demonstrierten mehrere Hundert Menschen. Sie riefen vor dem Tagungshotel „Schande“ und zeigten Spruchbänder, auf denen “Soziale Gerechtigkeit statt Rassismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit“ stand. Anfang des Jahres hatten sich die bekanntesten Rechtspopulisten Europas in Koblenz getroffen. Über 3.000 Menschen waren damals gegen die Veranstaltung auf die Straße gegangen.

Der Pakt der Schmuddelkinder

In Deutschland ist die AfD isoliert. Anti-Euro-Parteien wie die FPÖ oder Front National möchten die AfD dagegen umarmen. Doch einige Parteimitglieder zögern – noch.

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Frauke Petry arbeitet an europaweiten Koalitionen der AfD

Meuthen gegen eine Kooporation mit dem FN

Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen ist gegen eine enge Zusammenarbeit seiner Partei mit dem rechtsextremen Front National in Frankreich. „Wir haben eine distanzierte Haltung, die auch inhaltliche Gründe hat“, erklärt Meuthen, der auch die AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag anführt. „Der Front National ist nationalistisch, wird hingegen sind patriotisch.“ Auch auf der wirtschaftlichen Ebene sieht Meuthen nur sehr wenige Berührungspunkte. Die AfD vertrete im Bereich der Ökonomie eine freiheitliche Position, der Front National eine sozialistische.

Treibende Kraft hinter einer Annäherung der beiden Parteien ist der EU-Abgeordnete Marcus Pretzell. Der AfD-Politiker hatte sich nach seinem Ausschluss aus der konservativen EKR-Fraktion Anfang Mai der rechten EFN-Fraktion im Europäischen Parlament angeschlossen. Dieser Fraktion gehören neben der österreichischen FPÖ auch die italienische Lega Nord, die Front National und die niederländische PVV von Geert Wilders an. Pretzell, der am Mittwoch schon auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der FN-Vorsitzenden Marine Le Pen in Straßburg aufgetreten ist, beklagt den Kurs der Bundes-AfD. Er sagt: „Ich hätte mir zu einem früheren Zeitpunkt eine einheitliche Linie des Bundesvorstandes gewünscht. Allerdings ist die Zusammenarbeit mit dem Front National, mit Geert Wilders, UKIP und anderen ja heute schon gelebter Alltag.“

Hier eine Übersicht der rechtspopulistischen Parteien in Europa

 

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Marcus Pretzell

Europa ja – Deutschland nein

Die Kontakte zwischen Pretzell und Le Pen kommentiert Jörg Meuthen eher zurückhaltend. Er erklärt: „Solange sich das auf Straßburg und Brüssel beschränkt, habe ich damit kein Problem, denn die Fraktionen sind auf EU-Ebene ohnehin relativ heterogen. Ein Signal für eine Zusammenarbeit auf anderen Ebenen ist dies aber nicht.“ Pretzell sieht das etwas anders: „Uns verbindet – und da schließe ich Le Pen und Wilders ausdrücklich ein – das gemeinsame Ziel der Rückholung von Souveränität für die Nationalstaaten.“

Der Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit besteht auch auf Seiten des Front National. Er wolle AfD-Chefin Frauke Petry zu einem Gespräch sowie zum Besuch des nächsten FN-Parteitags einladen, sagte der Delegationsleiter der FN im Europaparlament, Edouard Ferrand. Die beiden Parteien hätten gemeinsame Interessen. Auch der thüringische AfD-Landeschef und Rechtsaußen Björn Höcke hatte sich kürzlich für ein Treffen Petrys mit der FN-Vorsitzenden Marine Le Pen stark gemacht.

 

Björn Höcke

Höcke will ein Treffen von Petry und Le Pen

Gauland hält das für keine gute Idee

Alexander Gauland hält das aber für keine gute Idee. „Ich würde es nicht für sinnvoll halten, jetzt ein symbolträchtiges Treffen zwischen Marine Le Pen und Frauke Petry zu organisieren“, erklärt Gauland. Wie AfD-Chef Meuthen, sieht aber auch er kein Problem für eine Zusammenarbeit mit der Front-National-Chefin Le Pen im Europäischen Parlament, weil beide Parteien für ein „Europa der souveränen Vaterländer“ einträten. Das „innenpolitische Gesicht“ der französischen Partei sehe jedoch ganz anders aus als das der AfD. „Bis vor kurzem war der Front National auch antisemitisch“, fügte Gauland hinzu.

Auch diese Haltung kann Pretzell nicht nachvollziehen. Dass Gauland jetzt vor engen Kontakten zu Le Pens Partei warne, sei für ihn schwer zu verstehen, erklärt Pretzell. Schließlich habe der Vize-Parteichef die Debatte über Gemeinsamkeiten mit anderen europäischen Parteien selbst losgetreten. Eine Trennung „nach dem Motto, in Brüssel und Straßburg ja, aber sonst nicht“, wäre „künstlich“, sagt der NRW-Vorsitzende.

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Die europaweite Partnersuche

Die AfD ist aber nicht nur in Frankreich auf Partnersuche. Große Gemeinsamkeiten sieht die Partei mit der schweizerischen SVP und der österreichischen FPÖ. Mit diesen Gruppen sind auch schon Kontakte geknüpft worden. FPÖ-Politiker waren schon bei der AfD zu Gast. Parteichefin Frauke Petry trat kürzlich in der Schweiz bei einer Vereinigung als Rednerin auf, die der SVP nahesteht. In Wirtschaftsfragen gingen die Ansichten zwar teilweise auseinander, heißt es von Marcus Pretzell, „aber beim Thema Zuwanderung, da gibt es keine wesentlichen Differenzen, höchstens Unterschiede in der Tonalität“. Das sehen auch Mitglieder der genannten Parteien ähnlich. „Die AfD und die SVP haben fast das gleiche Programm“, stellte kürzlich der Walliser SVP-Staatsrat Oskar Freysinger fest. Er war im November 2015 bei der AfD in Essen als Redner aufgetreten.

„Wir beschnuppern uns heute erstmals – und es riecht gut“, erklärte der Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Heinz-Christian Strache, im Februar bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit Petry und Pretzell in Düsseldorf. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky nahm an einem Treffen im brandenburgischen Nauen teil, das der Brandenburger AfD-Chef Gauland organisiert hatte. Mit der FPÖ könne die AfD besonders gut „gemeinsam gegen einen europäischen Superstaat“ kämpfen, „weil unsere politische Kultur eine ähnliche ist“, sagt Gauland.

Populisten auf Stimmenfang in Europa

Populismus ist im Kommen. Überall in Europa machen Parteien mobil den Zuzug von Migranten, warnen vor Überfremdung und Überforderung: Sie versuchen aus der Flüchtlingskrise Kapital zu schlagen – längst nicht nur vom rechten Rand.

Bei den Wahlen in der Schweiz hat die SVP mit rechtspopulistischen Slogans Stimmen gewonnen. Und auch im Nachbarland Österreich erstarkte bei den Landtagswahlen die rechte FPÖ, die in der Flüchtlingskrise mit ausländerkritischen Parolen auf Stimmenfang ging. Auch anderswo in Europa wollen Parteien die Flüchtlingskrise für sich nutzen. Eine Übersicht:

15.10.21-flagge-schweiz In der SCHWEIZ nutzte die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) die Flüchtlingskrise für ihren Wahlkampf – und sie haben damit gepunktet. Nach ihrem Triumph bei den eidgenössischen Parlamentswahlen verlangt die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) eine stärkere Beteiligung an der Regierungsmacht. Die großen Flüchtlingsströme gehen derzeit zwar an der Schweiz vorbei. Die Regierung geht für 2015 von rund 30 000 Asylsuchenden aus. Aber die Schweiz gehört gemessen an der Bevölkerungszahl mit Deutschland und Schweden zu jenen Ländern Europas, die bislang die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Zudem ist der Ausländeranteil an der Bevölkerung mit 25 Prozent bereits vergleichsweise hoch.

15.10.21-flagge-polen In POLEN, wo am 25. Oktober Parlamentswahlen sind, ist die Aufnahme von Flüchtlingen ein großes Wahlkampfthema. Die nationalkonservative Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die Umfragen zufolge stärkste Kraft werden könnte, warnt vor Integrationsproblemen. Sie sagt, das Land sei nicht ausreichend auf die Aufnahmen von Menschen aus anderen Kulturkreisen vorbereitet. Die Sorge vor Wählerverlusten dürfte auch bei der zögerlichen Haltung der liberalkonservativen Warschauer Regierung eine Rolle gespielt haben. Regierungschefin Ewa Kopacz, die auch Vorsitzende der Bürgerplattform (PO) ist, sprach sich gegen verbindliche Aufnahmequoten aus und betonte, reine Wirtschaftsmigranten dürften nicht nach Polen kommen. Dort sind bisher weniger als ein Prozent der Einwohner Ausländer – und bisher stammen die meisten von ihnen aus EU-Staaten.

15.10.21-flagge-frankreich Die rechtsextreme Front National (FN) in FRANKREICH unter ihrer Chefin Marine Le Pen versucht seit Wochen, das Thema für sich zu nutzen. „Raus aus Schengen“ und „Schließung der Grenzen“ sind als alte FN-Forderungen nun noch häufiger zu hören, mit harten Worten greift Le Pen die deutsche Flüchtlingspolitik an. Bei den Regionalwahlen im Dezember rechnet die Partei sich Chancen aus, in mindestens zwei Regionen erstmals das Ruder zu übernehmen. In nationalen Umfragen konnte die FN noch keinen deutlichen Schub aus dem Thema gewinnen, allerdings liegt sie ohnehin meist etwa gleichauf mit der konservativen Opposition und vor den regierenden Sozialisten.

15.10.21-flagge-italien In ITALIEN hat die rechtspopulistische Lega Nord zwar zuletzt leicht an Zustimmung verloren, ist aber grundsätzlich im Aufwind. Den Umfragen zufolge kommt die Partei um den polarisierenden Chef Matteo Salvini landesweit auf etwa 13,5 Prozent der Stimmen. Sie wäre drittstärkste Kraft hinter der Demokratischen Partei (PD) von Regierungschef Matteo Renzi und der Protestbewegung „5 Sterne“. Die ebenfalls konservative Forza Italia (FI) von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sie längst überholt. Die fremdenfeindliche Partei hetzt gegen Flüchtlinge und will die Boote am liebsten schon auf dem Mittelmeer abwimmeln – diesen Kurs unterstützen in der Krise immer mehr Italiener.

15.10.21-flagge-niederlande In den NIEDERLANDEN ist die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders durch die Flüchtlingsdebatte stark im Aufwind. Nach den neuesten Umfragen kommt seine „Partei für die Freiheit“ derzeit auf mehr als 30 Prozent der Stimmen – und wäre damit stärkste Kraft im Parlament. Bei der Wahl 2012 kam Wilders auf 10,1 Prozent. Die nächsten Wahlen sind allerdings erst für März 2017 geplant. Wilders macht mit einer scharfen Kampagne gegen die Aufnahme von Flüchtlingen von sich reden. Er rief Bürger zum Widerstand gegen Notunterkünfte auf und fordert die Schließung der Grenzen.

15.10.21-flagge-ungarn In UNGARN hat die regierende nationalkonservative Partei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orban von ihrer strengen Flüchtlingspolitik profitiert. In den Umfragen vergrößerte Fidesz den Abstand zu ihrem stärksten Rivalen, der rechtsradikalen Oppositionspartei Jobbik, um fünf Prozentpunkte. Da Jobbik nur zwei Prozentpunkte einbüßte, dürfte Fidesz laut Analysen auch aus dem Kreis der Unentschlossenen Anhänger hinzugewonnen haben. Jobbik ist nach Fidesz Ungarns zweitstärkste Partei. Die links-liberalen Parteien rangieren weit hinten – als stärkste von ihnen stand die sozialistische MSZP zuletzt bei 16 Prozent.

15.10.21-flagge-tschechien Alle großen Parlamentsparteien TSCHECHIENS von links bis rechts sind gegen die Aufnahme einer größeren Zahl von Flüchtlingen. Die Regierung in Prag schickte Hunderte Polizisten an die Grenze zu Österreich und kämpft gegen dauerhafte EU-Flüchtlingsquoten. Am rechten Rand verbündete sich die Splitterpartei „Morgenröte“ mit der Bewegung „Block gegen den Islam“. Auch Europaskeptiker um den früheren Präsidenten Vaclav Klaus versuchen, mit dem Thema zu punkten. In einem Jahr finden in Tschechien Kommunal- und Teilwahlen zum Senat statt.

15.10.21-flagge-griechenland In GRIECHENLAND wurde die rechtsextremistische Partei Goldene Morgenröte bei den jüngsten Parlamentswahlen am 20. September drittstärkste Kraft. Mit knapp sieben Prozent der Stimmen stellt sie 18 Abgeordnete im Parlament mit 300 Sitzen. Die Partei profitiert von der schlimmen Wirtschaftslage und der hohen Arbeitslosigkeit. Die Goldene Morgenröte setzt auch auf die Ängste der Menschen vor den steigenden Flüchtlingszahlen. Gegen die gesamte Parteiführung und dutzende Mitglieder läuft seit Monaten ein Prozess wegen Bildung einer kriminellen Organisation.

15.10.21-flagge-spanien In SPANIEN spielen rechte und ausländerfeindliche Parteien bei Wahlen keine Rolle. Das ist schon seit Jahrzehnten so, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Das Flüchtlingsdrama ist für die spanischen Wähler kein wichtiges Thema, denn Spanien ist vom Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien oder vom Balkan kaum betroffen.

15.10.21-flagge-österreich In ÖSTERREICH schwimmt die rechte FPÖ seit mindestens zwei Jahren auf einer Erfolgswelle. Schon vor der aktuellen Debatte um die Flüchtlinge sammelte die Partei von Heinz-Christian Strache Protestwähler ein. Anlass ist die große Unzufriedenheit der Bürger mit dem Stillstand im Land, den ausbleibenden Reformen, der stetig wachsenden Arbeitslosigkeit. Die rot-schwarze Bundesregierung, die eher einer Zwangsehe als einem Wunschpaar ähnelt, bekommt ganz schlechte Noten. Die Flüchtlingsfrage hat die Tendenzen erheblich verstärkt. SPÖ und ÖVP verlieren massiv, die ausländerkritische FPÖ eilt von Erfolg zu Erfolg wie jetzt bei der Landtagswahl in Wien. Landesweite Umfragen sehen die FPÖ aktuell bei 33 Prozent.

Gut gemacht, Wien!

Die SPÖ hat die Wahl in Wien deutlich gewonnen – entgegen aller Prognosen. Das ist gutes Zeichen für Europa. Die Menschen gehen den rechtspopulistischen Parolen nicht blind auf den Leim.

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Kein Kopf-an-Kopf-Rennen

Wer das Schlimmste erwartet hat wurde enttäuscht. Bei der Gemeinderatswahl in Wien hat die regierende SPÖ ihre Position mit fast 40 Prozent (Hochrechnung) als stärkste Kraft überraschend klar behauptet. Überraschend deshalb, weil alle mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der rechtspopulistischen FPÖ (knapp über 30 Prozent/Hochrechnung) gerechnet hatten.

FPÖ-Chef Strache hatte vor allem mit dem Flüchtlingsthema Politik gemacht. Er sprach von einer „sozialromantischen Einladungskultur“ und von „Goldgräberstimmung unter den Salafisten“, Österreicher drohten „zu einer Minderheit in der eigenen Heimat“ zu werden. Demgegenüber hat der Sieger Michael Häupl von der SPÖ immer für Toleranz plädiert. Die Wahl galt als Gradmesser für die Stimmung in Österreich. Bei den bisherigen drei Wahlen – in Oberösterreich, im Burgenland, in der Steiermark – hatte die FPÖ mit einer Anti-Asyl-Kampagne teils enorme Zugewinne erzielt, vor allem im Arbeitermilieu.

Die bisherige rot-grüne Koalition kann laut der Hochrechnung ihre Regierungsarbeit fortsetzen. Der seit 1994 regierende Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Häupl (SPÖ) wird somit voraussichtlich im Amt bleiben.

Bitterer Beigeschmack

Der Sieg hat allerdings einen bitteren Geschmack. Die SPÖ verlor rund 5 Prozentpunkte, während die rechtspopulistische FPÖ 5 Prozentpunkte gewinnen konnte.

Die anderen Ergebnisse: Die konservative ÖVP rutschte knapp unter die Marke von zehn Prozent und erreicht nur noch 9,5 Prozent der Stimmen. Damit fiel sie auch hinter die Grünen zurück, für die sich 11,6 Prozent der Wähler entschieden. Die Grünen werden trotz geringer Verluste somit künftig drittstärkste Kraft im Wiener Gemeinderat sein. Die in Wien erstmals angetretenen liberalen NEOS schafften mit 6,2 Prozent den Sprung ins Landesparlament.

Der alte und neue Bürgermeister weiß, dass nicht nur im Superwahljahr 2015 in Österreich für die Politik noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten ist. Es sei nicht alles „optimal“ gelaufen, sagt Häupl. „Ich finde es unangebracht, pauschal zu sagen: Die Politik hat versagt.“ Allerdings: Eine wirklich gute Figur haben die Politiker auch nicht gemacht.

Offensichtlich aber ist, dass die Menschen den Rechtspopulisten mit ihrer an Hetze grenzenden Aussagen über Flüchtlinge nicht blind auf den Leim gehen.

Die Rechten auf dem Vormarsch – ein Überblick 

Die Rechtspopulisten sind die strahlenden Sieger bei Parlamentswahl in Dänemark. Am Ende eines Wahlkrimis ist die Dänische Volkspartei zweitstärkste Partei im Parlament. Doch nicht nur in Dänemark sind die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. In vielen europäischen Volksvertretungen sind sie bereits präsent.

15.06.19-DänemarkKristian Thulesen Dahl, Chef der Dänischen Volkspartei, ist der eigentliche Sieger der Parlamentswahl.

Ministerpräsidentin abgewählt

Das Mitte-links-Bündnis von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt ist abgewählt worden. Der Mitte-rechts-Block des liberal-konservativen Oppositionsführers Lars Lökke Rasmussen kam am Donnerstag dank des Rekordergebnisses für die rechtspopulistische Dänische Volkspartei (DF) auf eine hauchdünne Mehrheit. Mehr als jeder fünfte Däne hat für die „DF“ gestimmt. Unter dem seit 2012 an der DF-Spitze stehenden Kristian Thulesen Dahl  gab sich die Partei, die sich seit jeher für die Beschränkung der Einwanderung einsetzt, ein moderateres Profil.

Hier ein Überblick über die wichtigsten rechtspopulistischen Parteien in Europa:

FRANKREICH: Mit einer Distanzierung von klar rechtsradikalem Gedankengut hat Marine Le Pen die Front National zu einer für viele Franzosen wählbaren Partei gemacht. Offene Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus sind unter der Führung der 46-Jährigen inzwischen tabu, stattdessen wird populistisch auf Themen wie Rente mit 60, mehr Sicherheit sowie eine Abgrenzung von EU und Nato gesetzt. Der FN ist mit zwei Sitzen in der Nationalversammlung vertreten. Bei der Europawahl 2014 war der FN mit 24,86 Prozent der Stimmen die französische Partei, die die meisten Wählerstimmer erhielt.

NIEDERLANDE: Die „Partei für die Freiheit“ (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders reitet nicht mehr auf der großen Erfolgswelle. Bei den Europawahlen musste er einen Dämpfer einstecken und kam nur auf knapp 12 Prozent der Stimmen und war damit nur noch viertstärkste Kraft in den Niederlanden. Wilders fährt einen harten Abgrenzungskurs gegen Europa. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der französischen Front National, Marine Le Pen, hat er in diesen Tagen ein neues Rechtsbündnis im EU-Parlament geschmiedet. Er kritisiert den freien Zuzug von Arbeitnehmern vor allem aus Osteuropa und macht sich stark für einen EU-Austritt der Niederlande sowie die „Befreiung vom Diktat Brüssels“. Im niederländischen Parlament ist die Wilders-Partei weitgehend von den übrigen Parteien isoliert.

GRIECHENLAND: Die rechtsextremistische und rassistische griechische Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) ist inzwischen eine feste Größe. Bei den griechischen Parlamentswahlen 2015 erzielte die Partei 6,28 Prozent der Stimmen und zog mit 17 Sitzen ins Parlament ein. Zahlreichen Parteifunktionären, darunter auch Parteichef Nikolaos Michaloliakos, wirft die griechische Justiz vor, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Der Parteichef und fünf weitere Abgeordnete sind bereits inhaftiert. Eine Hauptforderung ist, alle Ausländer – vor allem Asiaten und Afrikaner – aus Nicht-EU-Staaten aus Griechenland auszuweisen. Zudem verlangt die Partei den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Mitglieder zeigen öfter den Hitlergruß.

In GROSSBRITANNIEN musste die rechtspopulistischen United Kingdom Independence Party (UKIP) zuletzt eine herbe Niederlage hinnehmen. Bei den Unterhauswahlen im Mai 2015 konnte die Partei zwar 12,6 Prozent der Stimmen erreichen, wegen des Mehrheitswahlrechts gewann sie aber nur ein Mandat. Die UKIP steht vor allem für den Austritt Großbritanniens aus der EU und für eine deutliche Begrenzung der Zuwanderung. So sollen Einwanderer in den ersten fünf Jahren keinen Anspruch auf Sozialleistungen und ihre Kinder kein Recht auf freie Bildung haben. In der Bedeutungslosigkeit versunken ist inzwischen die noch weiter rechts stehenden British National Party (BNP).

ÖSTERREICH: Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist im Nationalrat, in allen neun Landtagen und vielen Gemeinderäten vertreten. Mit Kritik an der EU und fremdenfeindlichen Tönen spricht die Partei vor allem Protestwähler an und gibst sich als Kämpfer für den kleinen Mann. Auf EU-Ebene ist die FPÖ mit anderen rechten Partei-Chefs gut vernetzt. Bei der Nationalratswahl 2013 kam die Partei mit 20,50 Prozent der Stimmen auf den dritten Platz.

In ITALIEN hat sich die Lega Nord „regionalen Nationalismus“, Föderalismus und Autonomie auf die Fahnen geschrieben. Sie zählt zu den klassischen rechtspopulistischen Parteien in Europa. Zeitweise durch Silvio Berlusconi in eine Mitte-Rechts-Koalition eingebunden, driftet die im Jahr 1989 gegründete „Lega Nord für die Unabhängigkeit Padaniens“ inzwischen wieder allein durch die Parteienlandschaft – immer in Konfrontation zum armen Süden und zur Hauptstadt Rom. Bei den Regionalwahlen Anfang Juni 2015 war die Partei der große Sieger. In Venetien wurde der Regionalpräsident mit über 50 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt.  In der Toskana errangen die Lega Nord nach einem aggressiv antiziganistischen und migrationsfeindlichen Wahlkampf ihres Vorsitzenden Matteo Salvini 20 Prozent der Stimmen.

In FINNLAND stehen die rechtspopulistischen „Wahren Finnen“ gut da. Sie sind zweitstärkste Kraft im Parlament, gewannen bei der Parlamentswahl 17,7 Prozent der Stimmen und sitzen auch auf der Regierungsbank. Die Partei stellt den Verteidigungsminister, den Sozialminister und den Justiz- und Arbeitsminister. Die „Wahren Finnen“ haben sich von einer kleinen Protestpartei zu einer wichtigen Kraft entwickelt, obwohl sie regelmäßig wegen rassistischer oder sexistischer Äußerungen am Pranger der Medien stehen. Die Partei ist unter anderem strikt gegen Hilfszahlungen an überschuldete EU-Länder.

In SCHWEDEN wurden die Schwedendemokraten bis vor einigen Jahren dem rechtsextremistischen Lager zugerechnet, sie selbst nennen sich nationalistisch. Bei den Reichstagswahlen im September 2014 erreichte die Partei 12,9 Prozent der Stimmen. Sie entsendet damit 49 Abgeordnete in den Reichstag. Die Schwedendemokraten wollen den „Erweiterungseifer“ der EU dämpfen und Grenzkontrollen wieder einführen. Sie fordern eine rigidere Asyl- und Einwanderungspolitik und wollen die „Kosten die das multikulturelle Gesellschaftsexperiment verschlingt“ einsparen.

DEUTSCHLAND: Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gilt als bedeutendste rechtsextreme Kraft in der Bundesrepublik. Ausländerhass und Antisemitismus sind laut Bundesamt für Verfassungsschutz in der Partei tief verwurzelt. Der Bundesrat hat im Dezember einen neuen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Derzeit ist die NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern vertreten. Bei der Bundestagswahl 2013 erreichte sie nur 1,3 Prozent. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Drei-Prozent-Klausel bei der Europawahl gekippt hat, zog die NPD mit einem Mandat in das Europaparlament ein. Mit der AfD gibt es inzwischen eine Partei, die dem rechts-konservativen Lager zuzuordnen ist.

In der SLOWAKEI hetzt die minderheitenfeindliche Nationalpartei SNS gegen slowakische Ungarn und Roma – Ausländer gibt es in der Slowakei kaum. Aber auch Homophobie ist der Partei nicht fremd. Im slowakischen Parlament ist die Partei seit 2012 nicht mehr vertreten, nachdem ihre Minister bei einer früheren Regierungsbeteiligung mehr durch Korruptionsverdacht als konstruktive Arbeit auffielen. In nationalen Umfragen bewegt sich die SNS an der für einen Parlamentseinzug in der Slowakei gültigen Fünfprozenthürde.

In LETTLAND ist die Nationale Allianz derzeit mit 13 Abgeordneten im Parlament vertreten und gehört seit 2011 der Regierung an. Die Partei beteiligt sich traditionell am umstrittenen Gedenkmarsch der lettischen SS-Veteranen in Riga. Im vergangenen Jahr war der Umweltminister aus diesem Grund entlassen worden. Premier Laimdota Straujuma begründete dies damit, dass radikale Gruppen und auch politische Parteien die historischen Ereignisse gefälscht darstellen und damit Lettlands Ansehen im Ausland aufs Spiel setzen.

In LITAUEN tritt die rechtspopulistische Partei „Partei für Ordnung und Gerechtigkeit“ an. Gründer und Vorsitzender ist der 2004 wegen Amtsmissbrauchs abgesetzte Ex-Präsident Rolandas Paksas. Er selbst darf deshalb kein öffentliches Amt in Litauen mehr bekleiden, sitzt aber seit 2009 im EU-Parlament.

UNGARN: Die 2003 gegründete Partei Jobbik (Bewegung für ein besseres Ungarn) kam bei den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr auf 20,5 Prozent der Stimmen und verfügt derzeit über 23 der 199 Parlamentssitze in Budapest. Sie ist der größte Konkurrent des Premiers Victor Orban und fällt vor allem durch Hass-Rhetorik gegen Minderheiten wie Juden oder Roma auf.