Droht Frankreich wegen des neuen Personalausweises der Untergang?

Der französische Personalausweis soll in Zukunft zweisprachig sein – ausgerechnet in Englisch. Die Sprachwächter der Académie française sind empört.

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So sieht er aus, der neue Personalausweis. Und noch bevor es ihn gibt, regt sich der Widerstand.

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Die schönste Sprache der Welt

Französisch ist eine wunderbare Sprache. In den Ohren der Zuhörer vereinen sich in ihr Eleganz und Noblesse, so dass selbst die rüden Reime der Rapper aus den Pariser Banlieue einen erstaunlichen Wohlklang entfalten. Damit dies bis in alle Ewigkeit so bleibt, haben es sich manche Franzosen zur Aufgaben gemacht, mit Argusaugen über die Reinheit ihrer Sprache zu wachen. Zu diesen nimmermüden Wächtern zählen Hélène Carrère d’Encausse von der Académie française und Frédéric Vitoux, Präsident der Kommission für die Bereicherung der französischen Sprache.

Beide sind nun einem Skandal auf der Spur, der nach ihrer Interpretation das Selbstbewusstsein ihrer Landsleute erschüttern könnte. Der Grund allen Übels ist der neue Personalausweis, der in der Europäischen Union ausgestellt wird, warnen die Sprachpfleger in der Tageszeitung „Le Figaro“. Was sie alarmiert ist die Tatsache, dass der gesamte Ausweis zweitsprachig, nämlich Französisch und Englisch, ausgestellt sein wird.

Vorauseilender Gehorsam der Beamten

Die beiden Wissenschaftler könnten akzeptieren, dass der Titel des Dokuments – also das Wort Personalausweis – gemäß der EU-Richtlinie in zwei Sprachen aufgedruckt sein muss. Sie empören sich aber darüber, dass die französischen Behörden in einer Art vorauseilendem Angleichungswillen alle Angaben zweisprachig gemacht hätten. Das sei nicht nachzuvollziehen, zumal nach dem Brexit die Position der englischen Sprache innerhalb er Europäischen Union sowieso deutlich geschwächt worden sei.

Doch sie gehen noch weiter, denn der neue Ausweis konterkariere den Artikel 2 der französischen Verfassung. Dort steht: die Sprache der Republik ist Französisch. Durch die Übersetzung des gesamten Dokuments ins Englische aber würden beide Sprachen gleichgestellt und der Status der Sprache der Republik auf diese Weise relativiert.

Die Sprache – Heimat des Menschen

Damit nicht genug. Die Sprache sei der Kit für die französische Identität, das einigende Merkmal, das alle Franzosen miteinander verbinde. Als Zeugen bemühen sie die Schriftstellerlegende Albert Camus, der einst schrieb: „Meine Heimat ist die französische Sprache“. Diese Verbindung zwischen Sprache und Identität sei auch im Jahr 1634 der Ursprung der Gründung der Académie française gewesen. Angesichts dieser Gefahren für den Fortbestand der Republik fordern sie die vaterlandslosen Gesellen in der Personalausweis-Aufsichtsbehörde auf, einzuhalten in ihrem Tun – und das zweisprachige Dokument zum Wohle Frankreichs in der Sickergrube der Geschichte zu versenken.

Viel Verwirrung um die „Rosen unter Bäumen“

Frankreich gibt ein von Nazis geraubtes Klimt-Gemälde zurück, doch der Weg dorthin war lang und verworren. Blamiert hat sich auf jeden Fall die Rückgabekommission in Österreich.

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Ein Kunstwerk für einen Spottpreis verkauft

Frankreich besitzt genau ein Gemälde von Gustav Klimt. Doch nun möchte der Staat das Werk nicht mehr haben, zu viel Leid und Unrecht sind damit verbunden. „Rosen unter Bäumen“ lautet der Titel des 1905 entstandenen Bildes, das seit fast 40 Jahren in Paris im Musée d’Orsay hängt. Der Schritt zur Rückgabe sei sehr schwer gefallen, gesteht Frankreichs Kulturministerin Roselyne Bachelot-Narquin. „Aber diese Entscheidung ist notwendig, unumgänglich“, schreibt sie auf Twitter.

Lange war die Geschichte des Werkes nicht geklärt, doch nun scheinen alle Zweifel beseitigt. Bis 1938 gehörte das Gemälde der jüdischen Österreicherin Nora Stiasny, die es damals auf Druck der Nazis zum Spottpreis von 395 Reichsmark verkaufen musste. Während des Krieges wurde sie gemeinsam mit ihrer Mutter ins Ghetto Izbica deportiert und vermutlich dort oder im Vernichtungslager Belzec ermordet.

Die tragische Geschichte einer jüdischen Familie

Mit dem Bild ist allerdings nicht nur eine tragische Familiengeschichte, sondern auch ein peinlicher Fehler verbunden. Eine Kommission, die in Österreich für die Rückgabe von Raubkunst zuständig ist, veranlasste im Jahr 2000, dass den Erben von Nora Stiasny das Gemälde von Gustav Klimt (1862-1918) zurückgegeben wird. Doch es stellte sich heraus, dass es sich um das falsche Werk handelte – ausgehändigt wurde nicht „Rosen unter Bäumen“, sondern Klimts „Apfelbaum II“ aus dem Jahr 1916, das im Belvedere Museum Wien gehangen hatte.

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Ein zu spät entdeckter Fehler

Entdeckt wurde der Fauxpas erst, als sich andere mögliche Erben zu Wort gemeldet hatten. Danach war die österreichische Kommission für Provenienzforschung noch einmal tätig geworden und klärte den Fehler auf. Die Verantwortlichen in Wien versuchten daraufhin den Irrtum zu revidieren, was sich allerdings rechtlich äußerst schwierig gestaltet, da die Rückgabe von „Apfelbaum II“ nicht nur ein reumütiger Akt von Vergangenheitsbewältigung, sondern offenbar ein Geschenk des Staates an die Erben von Nora Stiasny war. Zudem hatte die Familie das Gemälde vor vielen Jahren an einen unbekannten privaten Sammler verkauft.

Aber auch das richtige Klimt-Werk „Rosen unter Bäumen“ kann nun nicht ohne Probleme an die Erben ausgehändigt werden. Kulturministerin Roselyne Bachelot-Narquin erklärte, dass das Werk Teil der der staatlichen Sammlung ist. Es fehle noch ein entsprechender Gesetzentwurf, dann aber stehe der Herausgabe aber nichts mehr im Wege.

Corona Frankreich: Vier weitere Städte werden zu roten Zonen

Nach Aix-Marseille, Paris und Guadeloupe werden vier weitere Städte an diesem Samstag als Risikogebiet eingestuft. Damit gibt es auch dort neue Corona-Beschränkungen, um die sich verschlimmernde Epidemie von Covid-19 einzudämmen.

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Die neuen Corona-Hotpots in Frankreich

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Vier neue Städte als Corona-Hotspots

Die neuen Restriktionen gelten für Lille, Grenoble, Lyon und Saint-Étienne. Wie Gesundheitsminister Olivier Véran sagte, sei die Entwicklung auch in Toulouse und Montpellier „besorgniserregend“. Es könne sein, dass diese Städte schon am Montag als Risikogebiet eingestuft werden. Allerdings erklärte er auch, dass es „eine signifikante Verbesserung“ der Lage in Nizza und Bordeaux gebe. Auch Rennes und in Aix-Marseille sei eine positive Entwicklung zu verzeichnen.

Hier eine Liste der Restriktionen in den einzelnen Zonen mit verschiedenen Farben:

Eine Liste der Restriktionen in den einzelnen Zonen

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Wann wird eine Stadt zur roten Zone?

Die maximale Alarmzone wird erreicht, wenn die Infektionsrate in der Allgemeinbevölkerung in den letzten sieben Tagen 250 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner überschreitet. Mit einbezogen wird auch, wenn auf den Intensivstationen die Zahl der mit Covid-19-Patienten belegten Betten in einer Region über 30 Prozent steigt.

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Ein Garten Eden im Großstadt-Dschungel

Frisches Gemüse mitten aus der Großstadt – in Paris ist das kein Problem. Auf dem Dach einer Messehalle in Porte de Versailles werden Bioprodukte angebaut.

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Erdbeeren vom Dach – die Bio-Produkte werden vor allem an Restaurants verkauft

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Salat, Thymian, Tomaten – alles vorhanden

Das Summen der Bienen ist nicht zu hören. Der nie versiegende Straßenlärm drängt zwischen den Häusern unaufhörlich nach oben und legt sich wie ein monotoner Klangteppich sanft über alle anderen Geräusche. Dieses nicht unangenehme Grundrauschen ist die ideale Begleitmusik für diese surreale Welt auf dem Dach der Halle 6 im Messezentrum Porte de Versailles in Paris. Auf fast 15.000 Quadratmetern entsteht hier ein moderner Garten Eden. Aus hohen Plastiksäulen sprießen Erdbeerpflanzen, deren Früchte appetitlich rot in der Sonne leuchten, daneben wächst Salat, Mangold, Pfefferminze oder Thymian und dazwischen stehen kleine Tomatenstauden.

Die größte Stadt-Farm Europas

Sophie Hardy hat einen eher pragmatischen Blick auf das üppige Grüne. „Wir nutzen im Moment etwa ein Drittel der möglichen Fläche“, sagt die Betriebsleiterin des Unternehmens Nature Urbaine, das die Anlage betreibt. „In den kommenden beiden Jahren werden wir den Rest des Daches bepflanzen.“ Weil sehr viel Gemüse und Früchte in dann fast 2000 vertikalen Säulen angebaut wird, wird sich die Anbaufläche am Ende auf 80.000 Quadratmeter erstrecken – und das Projekt ist damit die größte Stadt-Farm Europas.

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Die Betriebsleiterin Sophie Hardy

Urban Gardening liege im Trend, erklärt Sophie Hardy. „Die Menschen achten mehr darauf, was sie essen. Es soll biologisch sein und möglichst regional oder lokal angebaut werden.“ Aus diesem Grund wurde bei der Sanierung der Halle 6 des Pariser Messezentrums beschlossen, auf dem Dach die Farm zu installieren und in diesem Frühjahr in Betrieb zu nehmen. Um Gewicht zu sparen, werden Hydrokulturen und leichtes Substrat eingesetzt. Das hat allerdings einen kleinen Nachteil: weil die Pflanzen nicht in normaler Erde wachsen, bekommen sie nicht das französische Bio-Siegel. „Wir verwenden keine Insektizide oder andere Chemikalien“, versichert Sophie Hardy, „unsere Produkte sind also auch zu 100 Prozent bio.“ Am Ende werde die Farm jeden Tag „1000 Einheiten“ produzieren, sagt sie, das sei ein Kilo Gemüse und eine Schale Früchte oder einen Bund frische Kräuter.

Restaurants schätzen die kurzen Lieferwege

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Aus solchen Säulen wachsen die Pflanzen

Die edlen Restaurants und Hotels rund um das Messezentrum Porte de Versailles haben den Vorteil der kurzen Lieferwege und natürlich den enormen Werbewert erkannt. Sie werden den Großteil der Ernte der Dachgärtner abnehmen, die sich je nach Saison im Laufe eines Jahres ständig verändern wird. Da im Moment wegen der Corona-Sperren allerdings noch alle Gastronomiebetriebe geschlossen sind, haben sich die Verantwortlichen von Nature Urbaine entschieden, die Produkte dieses ersten Frühjahrs an die Anwohner im 15. Arrondissement von Paris zu verkaufen. So werden Gemüsekisten zusammengestellt, die über das Internet für 15 Euro bestellt und jeden Abend vor dem Rathaus des Stadtteils abgeholt werden können.

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Die Anwohner sind eingeladen mitzumachen

Zum Konzept des Urban Gardening gehört in diesem Fall allerdings auch, dass die Menschen mitmachen sollen. „Wir haben knapp 140 Parzellen, wo die Anwohner anbauen können, was sie wollen – solange es legal ist“, sagt Sophie Hardy lachend und zeigt auf eine Reihe von Hochbeeten, von denen jedes etwa zwei Quadratmeter misst. 320 Euro pro Jahr kostet eine Parzelle, darin inbegriffen sind auch zwei Mal wöchentlich die Tipps von Profis an die Hobbygärtner. Zudem haben die Beete ein automatisches Bewässerungssystem, was vor allem im Hochsommer das leidige Wasserschleppen und nach dem Urlaub einige vertrocknete Überraschungen erspart. Der Drang der Städter, sich zumindest ein kleines Stück Natur zu erobern und mit den eigenen Händen in der Erde zu graben ist enorm. Schon nach wenigen Tagen waren fast alle Parzellen vermietet.

„Der Wind ist unser Feind“

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Tomaten lieben keinen Wind

Trotz einer ausgeklügelten Planung müssen die Macher von Nature Urbaine in den ersten Monaten allerdings auch mit unerwarteten Problemen kämpfen. „Der Wind ist unser Feind“, sagt Sophie Hardy. Es gefalle nicht allen Pflanzen auf dem Dach hoch über der Stadt, dass ständig an ihnen herumgezerrt wird. „Wir haben dafür noch keine endgültige Lösung, aber wir arbeiten daran.“ Was die Betriebsleiterin noch mehr erstaunt: „Es gibt hier oben keine Insekten, die die Blüten der Pflanzen bestäuben könnten.“ Die Gründe liegen auf der Hand: das 15. Arrondissement von Paris ist sehr dicht bebaut, wirklich großen Parks mit blühenden Wildpflanzen sucht man vergebens und in unmittelbarer Nähe des Messegeländes verläuft die Périphérique, die große Stadtautobahn.

Keine Insekten auf dem Dach

Die Situation verbessere sich aber von Woche zu Woche. „Je mehr blühende Pflanzen wir haben, desto mehr Insekten sind zu finden“, beschreibt Sophie Hardy sichtlich zufrieden den Fortschritt, der allerdings eher im Schneckentempo vorangeht. Um der Natur etwas unter die Arme zu greifen, wurde zu Testzwecken ein Bienenstock auf dem Dach platziert. Und so schwirren die fleißigen Helfer inzwischen eifrig zwischen den Säulen mit den blühenden Erdbeerpflanzen umher. Angesichts dieses ersten Erfolges werden dem ersten Bienenvolk noch weitere folgen.