In Frankreich droht der Senf-Krieg

Beim Essen kennen die Franzosen kein Pardon – auch nicht, wenn es um Fast-Food geht! Mc Donald’s France hat es gewagt, die Sauce „classic moutarde“ von der Speisekarte zu streichen. Das wirft Fragen auf.

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Die Fans der Senfsauce müssen auf ihren Favoriten verzichten.

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Das Erstaunen des Fußballspielers

Georges-Kévin N’Koudou Mbida war verwirrt. Als der französische Elite-Kicker sich über eine App sein Lieblingsfastfood bestellte, fehlte etwas. „Warum sehe ich bei McDonalds keine Senfsauce mehr, wenn ich bestelle (Chicken Mc Nuggets)“ fragte er etwas ratlos via Twitter, wo er unter dem Namen BrokyBrawks unterwegs ist. Und da der Fußballer auf dem Kurznachrichtendienst eine sehr große Fangemeine von fast 400.000 Followern hat, wurde das Fehlen der Senfsauce schnell zu einer mittleren Affäre. Als sein Freund Ronan Houssein alias „CarbonRH“, ehemaliger professioneller Videospielspieler und Streamer auf Twitch, ihm mit einem ironischen Augenzwinkern riet „eine Beschwerde einzureichen“ einzureichen, gab es kein Halten mehr.

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Tatsächlich ist es für Fans von Chicken Nuggets unmöglich, die Senfsauce mitzubestellen. Allerdings sei die Sauce „classic moutarde“ nicht mit „unserem berühmten Senf aus Dijon“ zu vergleichen, bemerkte sogleich die französische Tageszeitung „Le Parisien“. In den Augen der Franzosen ist sie offensichtlich nur etwas Senf-ähnliches, mit einem besonderen und „sehr amerikanischen Geschmack“.

Erfahrungen mit „classic moutarde“

Nach der Frage von Georges-Kévin N’Koudou Mbida teilten unzählige Menschen in den sozialen Medien ihre eigenen Erfahrungen bei der Bestellung ihres Lieblingsgerichtes und ihrer nun fehlenden Lieblingssauce „classic moutarde“. Einige vermuten, dass es schlicht zu Lieferengpässen gekommen sein könnte und erinnerten an die leeren Supermarktregale in Großbritannien. Diese Erklärung wurde allerdings schnell verworfen, schließlich gab es keinen „Frexit“ – also den Austritt Frankreichs aus der EU.

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Andere verweisen auf eine mögliche Verknappung der Senfkörner oder machen die weltweit steigenden Rohstoffpreise verantwortlich, die den Herstellern große Versorgungsprobleme bereiteten.

Die Erklärung ist ganz einfach

Der Grund das Fehlen des „classic moutarde“ ist allerdings woanders zu suchen. Mc Donald’s France hat die Sauce schlicht ausgetauscht. Im Zuge der Kampagne „Street and Dips“ begleitet die Marke ihre neuen Produkte mit einer eigenen „Sauce nach Tartar-Art“. Daher wurde beschlossen, dass das Angebot an Senfsaucen ausgesetzt wird, während diese Produkte «le petit Fish and chips» und «le petit chicken and Fries» verkauft werden.

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Die Senfsaucen-Fans fragen sich nun aber, weshalb ausgerechnet sie Opfer dieser Neuerung wurden. Auch hier ist die Erklärung ziemlich simpel. Ein Sprecher von Mc Donald’s France sagt, dass das die Sauce sei, die am wenigsten nachgefragt werde. Allerdings ist die Senfsauce noch in einigen Restaurants zu finden. Die Tageszeitung „Le Parisien“ machte die Probe aufs Exempel und stellte fest, dass von rund zwanzig Bestellversuchen in ganz Frankreich nur McDonald’s im La Joliette in Marseille die Senfsauce im Angebot hatte.

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Unwahrscheinlich ist allerdings, dass die Sauce „classic moutarde“ für immer und ewig aus dem kulinarischen Angebot von Mc Donald’s France gestrichen wird. Bereits im Jahr 2012 gab es in dem Fast-Food-Konzern kurz die Überlegung, die leicht scharfe Sauce zu streichen. Es folgte allerdings ein Aufschrei der französischen Verbraucher, die ihre Senfsauce verteidigten. Also blieb sie auf der Speisekarte.

Stromae meldet sich aus dem Nichts zurück

Der belgische Sänger kündigt nach acht Jahren ein neues Album an. Seine Angstzustände, an denen er lange litt, scheint er endgültig überwunden zu haben.

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Wie vom Erdboden verschwunden

Sechs Jahre war Stromae praktisch abgetaucht. Um das Verschwinden des belgischen Musikers ranken sich viele Gerüchte. Die offizielle Version: wegen der Einnahme eines Malaria-Medikamentes während einer Konzerttour 2015 durch Afrika litt er plötzlich unter Angstzuständen. In einem kurzen Interview zwei Jahre danach konnte Stromae nicht sagen, ob er jemals wieder auf der Bühne stehen könne. Nun die große Überraschung: im Herbst will der Sänger und Produzent ein neues Album vorstellen. Acht Jahre nach seinem überwältigenden Erfolg Racine Carrée, das über drei Millionen Mal verkauft wurde und auf denen die Hits Papaoutai oder Formidable zu finden sind.

Schon im vergangenen November hatte der Künstler leise angedeutet, dass er wieder auftreten werde. Er habe „nie wirklich aufgehört Musik zu machen“, sagte Paul Van Haver, so sein bürgerlicher Name, in einem Interview mit der französischen Zeitung „Liberation“, „außer in einer Zeit, in der es mir wirklich nicht gut ging“. Dass es ihn wieder auf die Bühne zieht, bewies Stromae bei einem kurzen Auftritt als Gastsänger bei der britischen Band Coldplay im Jahr 2019 in Jordanien.

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Das aktuelle Album ist schon fertig

Wie die Tageszeitung „Le Parisien“ berichtet, sei das aktuelle Album bereits fertig, der Sänger habe alles selbst in seinem neuen Haus in der Nähe von Brüssel aufgenommen. Die Erwartungen sind von allen Seiten sehr hoch geschraubt. Eine Million Euro Minimum seien dem Künstler für die Veröffentlichung garantiert, um die sich noch die beiden Musiklabels Sony und Universal zanken würden.

Stromae fühlt sich auch so gut, dass er bereits im kommenden Jahr wieder Konzerte geben möchte. Start könnte das Coachella-Festival in Kalifornien sein, wo er bereits 2015 große Erfolge feierte. Als eine Warnung dürfte ihm allerdings der Verlauf seiner Tournée mit dem Album „Racine Carrée“ gelten, die ihn quer durch Europa, Nordamerika, Brasilen und Afrika führte. Damals spielte er an 209 Abenden vor über 1,6 Millionen Menschen, bevor er am Ende seiner Kräfte und geplagt von den psychischen Folgen des Malariamittels in Ruanda die Tour abbrechen musste. Das Land ist auch die Heimat seines Vaters, der die Familie einst verlassen hatte, von Belgien nach Afrika zurückkehrte und im Jahr 1994 während des Völkermordes in Ruanda getötet wurde. Um dieses Trauma zu verarbeiten schrieb Stromae das Lied Papaoutai (Papa, wo bist Du).

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Rückhalt von seiner Frau Coralie

Rückhalt während seines Verschwindens von der großen Bühne fand der belgische Künstler bei seiner Frau Coralie Barbier, einer Modedesignerin, mit der er das Label Mosaert betreibt. Für eine ihrer Modenschauen in Paris produzierte der Sänger einmal den neuminütigen Track mit dem sprechenden Titel „Défiler“. Darin sang Stromae: „Ich weiß immer wieder, wo ich nicht hingehe. Aber noch nicht, wo ich hin möchte.“ Inzwischen scheint er auf diese Frage eine Antwort gefunden zu haben.

Große Aufregung im Wein-Olymp

Die beiden berühmtesten Weingüter in Saint-Émilion wollen keine Auszeichnung mehr, weil sie mit den Bewertungskriterien nicht einverstanden sind.

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Keine Lust mehr auf die Klassifizierung

Helle Aufregung in der Welt der Weinkenner. In Saint-Émilion wird mit einer ehernen Tradition gebrochen. Die beiden berühmtesten Hersteller in dem kleinen Städtchen im Südwesten Frankreichs verzichten auf eine der renommiertesten Auszeichnungen, die es in den Augen der Kenner zu vergeben gibt. Die Weingüter Ausone und Cheval Blanc haben überraschend verkündet, dass sie nicht an der nur alle zehn Jahre vergebenen Saint-Émilion-Klassifizierung teilnehmen werden.

Offizieller Grund: Sie seien mit den Bewertungskriterien nicht mehr einverstanden, schreibt Pierre Lurton, Direktor von Château Cheval Blanc, in einem Brief, der in diesen Tagen in den einschlägigen Kreisen die Runde macht. Das aber ist wohl nur ein Teil der Wahrheit, denn inoffiziell geht es wohl auch um Eifersüchteleien, Neid und einen Streit, der längst nicht mehr nur hinter den Kulissen tobt. Und es geht um sehr viel Geld. Eine Flasche der höchsten Qualität Saint-Émilion Premier Grand Cru Classé „A“ kann Spitzenpreise von deutlich über 1000 Euro erzielen. Die beiden abtrünnigen Weingüter Ausone und Cheval Blanc sind die beiden einzigen Häuser, die seit der ersten Vergabe in den 50er Jahren immer mit diesem Siegel ausgestattet wurden.

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Ein Wandel in der Wein-Philosophie

Nun aber monieren die beiden Hersteller, dass nach der letzten Qualitätsprüfung im Jahr 2012 ein sehr bedenklicher und „tiefgreifenden Wandel in der Philosophie der Klassifizierung“ stattgefunden habe. Kritisiert wird von ihnen vor allem, dass das Marketing der Weine inzwischen zu sehr in den Vordergrund gerückt werde. In die Bewertung fließe nun ein, wie häufig ein Wein aus Saint-Émilion in Kinofilmen auftaucht, ob er von Stars getrunken wird und wie hoch die Anzahl der Follower eines Gutes in den sozialen Netzwerken ist.

Das ursprüngliche Produkt selbst stehe nicht mehr in Mittelpunkt des Bewertungssystems, so der harsche Einwand in dem Brief. Doch der Wein lebe nicht von der Werbung, sondern von seiner ihm eigenen Identität, einer Jahrhunderte alten Kultur und der einzigartigen Kunst der Herstellung, die über Generationen weitergegeben wird.

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Respekt für die Entscheidung

„Wir respektieren natürlich ihr Recht, sich zurückzuziehen“, erklärte ein überraschter Franck Binard, Chef des Conseil des Vins de Saint-Émilion, „wir bedauern diesen Schritt aber sehr.“ Gleichzeitig verteidigt er allerdings in dem Wein-Magazin „Decanter“ den Bewertungsprozess als angemessen und transparent.

Unter der Hand wird allerdings auch gemunkelt, dass sich die beiden Platzhirsche über die Konkurrenz im eigenen Revier geärgert haben könnten. Denn mit Château Angélus und Château Pavie wurden vor zehn Jahren zwei Weingüter in den Olymp der Premier Grand Cru Classé „A“ gehoben, der vorher ihnen vorbehalten war. Insider sind sich allerdings einig, dass sich der Abschied der Weingüter Ausone und Cheval Blanc nicht negativ auf deren Ruf und Umsatz auswirken werde. Die beiden Hersteller spielten in einer eigenen Liga, da sei eine solche Auszeichnung nicht wirklich notwendig, heißt es. In Mitleidenschaft gezogen werden könnten allerdings die kleineren, unbekannteren Weingüter in Saint-Émilion. Das sei so, erklärt ein Kenner der Szene, als würden in einem Tennisturnier die beiden Superstars Rafael Nadal und Novak Djukovic in der Endrunde plötzlich aussteigen, weil ihnen die Regeln nicht mehr passten. Da Turnier würde unweigerlich an Qualität und auch am Interesse der Zuschauer verlieren.

Proteste in Frankreich gegen die „Gesundheits-Diktatur“

Und wieder protestieren die Franzosen gegen den Präsidenten Emmanuel Macron. Dieses Mal geht es gegen die jüngsten Corona-Maßnahmen der Regierung. Landesweit sollen rund 100.000 Menschen auf der Straße gewesen sein.

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Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Paris

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Gelbwesten wieder auf der Straße

In Frankreich sind die Proteste wegen der Corona-Maßnahmen bisher sehr bescheiden ausgefallen. Doch nun gehen immer mehr Menschen auf die Straße. Die Demonstranten kritisierten unter anderem die Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegekräfte sowie den Gesundheitspass, der ab August Voraussetzung für den Besuch von Restaurants oder Einkaufszentren sowie die Nutzung von Zügen oder Flügen im Inland sein soll. Der Pass dokumentiert Corona-Impfungen, eine überstandene Corona-Infektion oder einen negativen Test.

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Allerdings ist es eine abenteuerliche Mischung von Leuten, die sich da zusammenfinden. Das politische Spektrum reicht von extrem Rechts bis extrem Links, Berührungsängste scheint es nicht zu geben. Sie alle eint ein gemeinsamer politischer Feind: Emmanuel Macron. Zum ersten Mal seit Monaten sind auch wieder Gilets Jaunes in großer Zahl in den Protestzügen zu sehen.

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Geschmacklose Vergleiche bei den Demos

Wie so oft in Frankreich, werden viele Forderungen miteinander vermischt. Im Fall der Gelbwesten ging es natürlich um den „sozialen Kahlschlag“, den sie dem Präsidenten vorwerfen. Dabei ertönten Rufe nach dem Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron. Auch der Slogan „Nein zur Gesundheits-Diktatur“ erschallte.  Bisweilen wurde allerdings auch die Grenze des guten Geschmacks überschritten. Die Impfpflicht wurde mit den Regeln in einem KZ vergleichen, gezeigt wurde auf großen Fotos der Eingang des Lagers in Auschwitz.

Wie bei allen Protesten kam es auch dieses Mal zu Ausschreitungen. Dabei setzte die Polizei in Paris Tränengas gegen Demonstranten ein.

Französischer Konzeptkünstler Boltanski in Paris gestorben

Christian Boltanski hat aus seiner Person nie großes Aufhebens gemacht. Zurückhaltend, elegant etwas melancholisch ging er durch die Welt der Kunst. Nun ist er im Alter von 76 Jahren in Paris gestorben.

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Ein sehr französischer Künstler

Sein Freund Bernard Bilstène, ehemaliger Direktor des Museums für Moderne Kunst im Centre Pompidou, überbrachte die Nachricht. „Ja, er starb heute Morgen im Hospital Cochin, wo er einige Tage verbracht hatte. Er war krank. Er war ein bescheidener Mann, er hat Dinge versteckt, solange er konnte.“

Christian Boltanski war in seiner Art ein sehr französischer Künstler, eine Art Charmeur. Licht- und Schattenspiele waren seine visuelle Signatur. Leicht zu erkennen waren seine Werke sie an ihrem meditativen, melancholischen Charakter, der an den Expressionismus grenzten. Als lizenzierter schlechter Schüler glaubte Boltanski immer an die Tugenden von Leere, Langeweile, Warten, Phantasie und Träumen. Daraus entstanden seine Parallelwelten, seine Ideen und seine Kunst. Es waren Äußerungen eines einsamen Kindes, eines grübelnden jungen Mannes, eines erst spät Erwachsenen, eines Erfinders von Zeichen, die das Leben verkörpern. Abwechselnd Filmemacher, Maler, Bildhauer und Fotograf, hat der Künstler die Welt der zeitgenössischen Kunst tief geprägt.

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Geprägt von der Mutter

Die Kindheit des kurz vor Kriegsende geborenen Christian Boltanski war geprägt von der Krankheit seiner an Kinderlähmung erkrankten Mutter und dem Schreckgespenst des Holocaust, dem sein Vater aus einer jüdischen Familie in Osteuropa nur knapp entkommt. Sein Werk wird 50 Jahre lang von den Themen Kindheit, Erinnerung und Abwesenheit geprägt sein. Zunächst Maler, schuf er zu Beginn seiner Karriere großformatige naive Gemälde, dann wandte er sich den Installationen zu.

Als Autodidakt hat er nie eine akademische Ausbildung absolviert. Er entwickelt ein ganz besonderes Universum, indem er Lebensmomente durch Alltagsgegenstände wie Bücher oder Kleidung rekonstruiert. Seine Bild- und Tonarbeiten sprechen die Emotionen der Zuschauer an und sind von Symbolik durchdrungen.

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Auseinandersetzung mit dem Tod

Erst 2019 widmete das Pariser Centre Pompidou ihm eine umfangreiche Retrospektive. Unter den Exponaten war auch sein erster Kurzfilm, „L’homme qui tousse“ (etwa: Der Mann, der hustet), aus dem Jahr 1969. In den vergangenen Jahren hat sich Boltanski auch immer mehr mit seinem eigenen Tod auseinandergesetzt. Wie in einem Werk von 2014, „Letzte Sekunde“: eine riesige Digitalanzeige, die die Sekunden des Lebens zählte, und mit seinem Tod aufhören sollte.

„Sein Tod ist ein sehr großer Verlust“, sagte Bernard Blistène. „Vor allem liebte er diese Übertragung zwischen Menschen, durch Geschichten, durch Erinnerungen. Er wird einer der größten Geschichtenerzähler seiner Zeit bleiben. Er war ein unglaublicher Erfinder.“

Frankreichs Zug der Lemminge

Das ist Frankreich! Am ersten Tag der Ferien stürzen sich alle Franzosen auf die Autobahn und machen sich den Weg ans Meer. Jeder weiß es, doch keiner tut etwas dagegen. Die Folge sind unendliche Staus.

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Die große Passion der Franzosen

Auch in diesem Jahr haben hoffnungslos verstopfte Autobahnen zum Ferienbeginn in Frankreich die Geduld der Reisenden strapaziert. Nach Angaben des französischen Verkehrsdienstes Bison Futé erreichten die Staus bereits bis Samstagmittag eine Gesamtlänge von mehr als 1100 Kilometern. Vergeblich hatte der Verkehrsdienst die Franzosen gewarnt, gleich zu Ferienbeginn loszufahren.

In den Nachrichtensendungen kam es zu den bekannten Liveberichten von den Autobahnen. Fast scheint es so, dass die Franzosen ohne dieses alljährliche Ritual einfach nicht leben können. Es scheint eine Art Gemeinschaftsgefühl zu vermitteln, das Nicht-Franzosen unverständlich bleibt.

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Alle wollen ans Meer

Von den Staus betroffen waren so gut wie alle Hauptrouten in den Süden und zu den Küstenregionen des Landes. Besonders zäh lief der Verkehr auf der A7 von Lyon bis an das Mittelmeer sowie auf der A10, über die Autofahrer aus dem Großraum Paris in den Südwesten Frankreichs gelangen. Die Fahrt von Paris nach Bordeaux verlängerte sich damit um drei Stunden. 

Da viele Reiseziele im Ausland wegen der Corona-Pandemie nur schwer zu erreichen sind, verzichteten viele Franzosen auf Fernreisen und machen Urlaub im eigenen Land. Auch das ist ein Grund, weswegen die Staus in diesem Jahr besonders lang sind.

Unter diesem Link kann sich jeder über die Stausituation informieren

Pilgerfahrt zu Jim Morrison

Vor 50 Jahren ist der legendäre US-Sänger in Paris an einer Überdosis Drogen gestorben. Sein Grab auf dem Friedhof Père Lachaise ist ein beliebtes Ziel für seine Fans.

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Das Gab von Jim Morrison ist Ziel für vieler seiner Fans.

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Immer wieder „The End“

Das Grab ist nicht leicht zu finden. Am Haupteingang von Père Lachaise schräg rechts auf dem Kopfsteinpflaster den Hügel hinauf, Grab Nummer 5, 6. Division, 2. Reihe. Eigentlich eine sehr genaue Beschreibung, aber der Friedhof im Osten von Paris ist ein verwirrendes Labyrinth, ein Reich der Toten, das mit seinem morbiden Charme die Lebenden seit Jahrzehnten in seinen Bann zieht. An diesem Samstag brauchen die Besucher allerdings nur der Musik zu folgen. Die Klänge von „Riders in the Storm“ verlieren sich zwischen den Reihen der monumentalen Gräber. Und immer wieder: „The End“.

Es sind die Lieder, die Jim Morrison zum Idol einer ganzen Generation gemacht haben. Am 3. Juli 1971 hat der Musiker in Paris sein Leben ausgehaucht. Zum 50. Todestag pilgern seine Fans nun in die französische Hauptstadt. „Hier bin ich ihm ganz nah“, haucht eine sehr junge Frau in Jeans und Batikkleid an einen Grabstein gelehnt. Ein älterer Mann hat einen Kassettenrekorder mitgebracht, aus dem etwas blechern die Songs plärren. Versonnen blickt er auf das kleine Windrad auf dem Grab, andere Fans singen leise die Texte mit. Ein junger Mann mahnt zum Aufbruch, die Gruppe macht sich dann auf zu einer Art Jim-Morrison-Gedächtnistour durch Paris.

Ein kometenhafter Aufstieg

Nicht nur sein Leben, die psychedelische Rockmusik und der kometenhafte Aufstieg zum Sexsymbol, sondern auch der jähe Tod haben Jim Morrison zum Mythos werden lassen. Noch immer ranken sich viele Geheimnisse um seine letzten Stunden. Die genaue Todesursache ist bis heute unklar, manche raunen sogar, der US-Geheimdienst habe seine Hände im Spiel gehabt. Gestorben ist der Musiker wahrscheinlich an einem Mix aus zu viel Alkohol und harten Drogen. Die offizielle Version heißt: Herzversagen. Dabei war der Star für einen Neuanfang nach Paris gekommen, um seine Ruhe und neue Inspiration zu finden.

Als gesichert gilt, dass der Sänger der US-Band The Doors in der Badewanne eines Pariser Hotelzimmers sein Leben aushauchte, während seine Freundin Pamela Courson nebenan ihren eigenen Drogenrausch ausschlief. Es kursiert auch die Erzählung, dass der Künstler auf der Toilette eines angesagten Klubs durch eine Überdosis Heroin zu Tode kam, eine Droge, die Morrison ansonsten eigentlich mied. Das alles sei aber im Nachhinein vertuscht worden, heißt es. Es bleibt diffus.

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Jim Morrison im „Club 27“

„Gestorben mit nur 27 Jahren“, betonen viele seiner Fans vielsagend am Grab auf dem Friedhof Père Lachaise – genauso wie Janis Joplin oder Jimi Hendrix. Und die Frage steht im Raum: Kann das Zufall sein? Die Verehrung der Tristesse-Touristen aus aller Welt geht sogar so weit, dass das Grab ihres Idols zuletzt mit Gittern abgesperrt werden musste. „Ich weiß nicht, was sich die Leute dabei denken“, empört sich eine Aufseherin, die über den Zugang am Haupteingang des Friedhofs wacht. „Nicht nur das Grab von diesem Sänger wurde beschädigt und beschmiert, sondern auch die Gräber rundherum. Gibt es keine Rücksicht mehr auf dieser Welt?“ Ziemlich bizarr findet sie, dass die Fans als kleine Erinnerung keine Blumen für Jim Morrison niederlegen, sondern ihren gekauten Kaugummi an einen Baum neben dem Grab kleben. Sie findet das schlicht eklig, die Kaugummis werden aber nicht mehr entfernt, allerdings hat die Friedhofsverwaltung den Stamm des Baumes inzwischen mit einer Bastmatte geschützt.

Wenn es die Leute zu bunt trieben, zu laut Musik hörten oder sogar Drogen nähmen, „schreiten wir natürlich ein“, sagt die Wächterin. Zuletzt sei es allerdings eher ruhig geblieben. „Die Leute besuchen dieses Grab genauso, wie sie die von Frédéric Chopin, Edith Piaf und Oscar Wilde besuchen“, sagt die Aufseherin. Manche würden allerdings über die Absperrgitter klettern und ihre Devotionalien auf dem Grab ablegen, aber das werde eben akzeptiert. „Wir erleben hier einfach zu viele verrückte Sachen mit Leuten, die die Gräber ihrer Idole besuchen.“ Dann erzählt sie die Geschichte eines Mannes, der offensichtlich von seinen Gefühlen überwältigt, zu Füßen des monumentalen Grabes des Schriftstellers Oskar Wilde bewusstlos zusammengebrochen war. Sie selbst musste mit dem Krankenwagen mitfahren, da der Fahrer den Weg über den Friedhof nicht fand.

Die Pforten der Wahrnehmung

Während die Frau an der Pforte zum Reich der Toten wie Zerberus barsch die Besucher verscheucht, die mit ihren E-Rollern den Friedhof befahren wollen, scheint die letzte Ruhestätte von Jim Morrison wie das Tor in eine andere, entrückte Welt zu sein. Jim Morrison hätte das gefallen. Denn der Name der in seiner Studienzeit in Los Angeles gegründeten Band „Doors“ geht auf ein Zitat des englischen Dichters William Blake zurück: „Wenn die Pforten der Wahrnehmung gereinigt würden, würde alles dem Menschen erscheinen, wie es ist: unendlich.“ 1954 erschien dann ein Essay des britischen Schriftstellers Aldous Huxley mit eben jenem Titel „The doors of perception“ (Die Pforte der Wahrnehmung), von welchem sich schließlich der Bandname ableitet. Es geht darum, einen Übergang zu schaffen zwischen Diesseits und Jenseits, die menschliche Wahrnehmung zu erweitern.

Viele der leicht entrückten Besucher sinnieren über die griechische Inschrift auf dem Grabstein. „Kata Ton Daimona Eaytoy“ steht dort, „gemäß seinem eigenen Geist“, und spielt auf die griechische Mythologie und die Selbstinszenierung des Rockstars als wiederkehrendem Dionysos an. Wilde Theorien purzeln durcheinander, was damit schlussendlich gemeint sein könnte und jeder versucht irgendwie, sein eigenes Leben in diesen kurzen Satz zu pressen. Aber auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner können sich am Grab ihres Idols alle einigen: Jim Morrison wird ewig leben.

Als hätte es nie eine Pandemie gegeben

Die Fête de la Musique war in Frankreich die erste landesweite Veranstaltung nach dem Aufhaben der Ausgangssperren. Zwar wurden Regeln für die Konzerte erlassen, doch kaum jemand hielt sich daran.

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Kleiner Eindruck aus dem 9. Arrondissement von Paris. Beim alljährlichen, landesweiten Musikfest wurde getanzt – und alle Regeln missachtet, die wegen der noch immer herrschenden Pandemie erlassen worden sind.

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Als hätte es keine Pandemie gegeben

Tausende Nachtschwärmer – meist junge Leute – versammelten sich in vielen Städten Frankreich, um die Musik zu genießen und leider ignorierten sehr viele der Teilnehmer die Vorgaben der Gesundheitsbehörden. Viele schienen die Corona-Pandemie bereits abgehakt zu haben. Sogar Kultusministerin Roselyne Bachelot musste zugeben, dass es „gewisse Exzesse“ gegen habe.

In Paris strömten Tausende Menschen vor allem durch das Zentrum der Stadt. Nach Angaben des Innenministeriums waren fast 3000 Polizisten zusätzlich abgestellt – die auch immer wieder eingriffen, um Ansammlungen von mehreren hundert Menschen zu zerstreuen. Vor allem vor dem Rathaus und auf der Grünfläche vor dem Invalidendom kam es zu Räumungen.

Das alles störte die Feiernden aber nicht, sie verlegten ihre Party einfach an die Seine. Um 23 Uhr waren die Ufer voller Menschen – ohne Masken oder soziale Distanzierung. Auch in anderen Städten spielten sich ähnliche Szenen ab. Vor allem junge Menschen feierten „das Ende“ der Pandemie – oder zumindest der Ausgangsbeschränkungen.

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Polizei beendet einige Partys in der Stadt

Auch im Jardin des Tuileries versammelten sich am frühen Abend mehrere Hundert Jugendliche, bevor sie von der Polizei zerstreut wurden. Anschließend zogen die Menschen zum Hôtel de Ville, dessen Platz ebenfalls geräumt wurde. Zu Ausschreitungen kam es wieder einmal am Place de la République. Tränengas wurde verschossen und Wasserwerfer aufgefahren.

Das von der Regierung geplante Gesundheitsprotokoll der Fête de la Musique verbot es, „eine Versammlung von mehr als 10 Personen im öffentlichen Raum zu veranstalten“. Das kümmerte viele Leute aber nicht, Konzerte im Freien zu veranstalten. Gestattet waren allerdings nur Indoor-Konzerte in Bars und Restaurants, je nach Platzangebot auch Konzerte im Freien – allerdings nur mit Stühlen.

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Gepflegtes Ambiente bei den Macrons

Ganz gepflegt ging es bei Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu. Der hat den Elektropop-Pioneer Jean-Michel Jarre (72) zu sich eingeladen und nebenbei zum Kommandeur der Ehrenlegion gemacht. Im Ehrenhof des Élyséepalastes gaben er und andere Künstler ein Konzert. Macron hat zudem den Musiker und Komponisten Marc Cerrone (69) zum Ritter der Ehrenlegion gemacht. Die Ehrenlegion ist die höchste Auszeichnung in Frankreich. Zu dem Konzert unter freiem Himmel waren laut Élyséepalast rund 300 junge Menschen eingeladen – die blieben natürlich alle schön auf ihren Stühlen sitzen.  

Politik ohne Volk

Alarmierend niedere Wahlbeteiligung in Frankreich. Bei der ersten Runde der Regionalwahlen bleiben zweidrittel der Wähler zuhause. Das bürgerliche Lager wird überraschend deutlich stärkste Kraft.

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Verliererin ist die Demokratie

Die große Verliererin der Regionalwahlen in Frankreich ist die Demokratie. Zweidrittel der Franzosen sind am Tag der Abstimmung zuhause geblieben und haben ihre Stimme nicht abgegeben. Jeder einzelne Politiker müsste sich nach solch einem niederschmetternden Ergebnis die Frage stellen, mit welcher Legitimation er sich noch als Volksvertreter bezeichnen kann. Doch weit gefehlt. Bis in die Parteizentralen ist diese selbstkritische Erkenntnis noch nicht vorgedrungen. Wie nach einem völlig normalen Wahltag werden dort Erfolge gefeiert, Wunden geleckt und bereits Bündnisse für die entscheidende zweite Runde geschmiedet. Einmal mehr erhärtet sich für die Franzosen der Eindruck, dass sich der Politikapparat von den Menschen abgekoppelt hat und mit seinen komplizierten Machtspielchen längst eine Art Eigenleben führt.

Als große Siegerin der ersten Runde sieht sich die konservative Partei Les Républicains. Sie seien „mit weitem Abstand die Partei mit den meisten Stimmen“ geworden, betonte ihr Vorsitzender Christian Jacob. Die Konservativen verteidigten ihre Mehrheiten unter anderem in der Hauptstadtregion Ile de France oder auch in der Region Grand Est im Grenzgebiet zu Deutschland. Eine schwere Schlappe erlebte die Partei des Präsidenten Emmanuel Macron. La République en Marche konnte in keiner Region einen Kandidaten durchsetzen. Ein böses Erwachen gab es auch beim extrem rechten Rassemblement National (RN). Die Partei von Marine Le Pen machte sich nach Umfragen Hoffnungen auf einen Sieg in sechs der 13 Regionen, wurde aber enttäuscht: Nur in der südfranzösischen Region Provence-Alpes Côte d’Azur mit Städten wie Nizza liegt der RN knapp vor den regierenden Konservativen. Le Pen äußerte sich enttäuscht und hatte für das eigene schwache Abschneiden eine einfache Erklärung: die niedere Wahlbeteiligung.

Sind die Wähler Schuld?

Auch viele andere Politiker schieben den schwarzen Peter den Wählern zu. Diese hätten das komplizierte Abstimmungssystem nicht verstanden, seien wegen des schlechten Wetters zuhause geblieben oder seien schlicht zu wenig an Politik interessiert. Unterschlagen wird dabei aber, dass auch das Nicht-Wählen eine politische Willensäußerung ist. Es handelt sich um eine Boykottentscheidung oder zeigt ein starkes Desinteresse an der Politik, wie sie von den Partei betrieben wird.

In Frankreich hat sich zuletzt gezeigt, dass die Menschen durchaus sehr politisch denken und hohe Ansprüche an die Politik haben. Die Proteste der Gelbwesten waren anfangs sozialpolitisch motiviert, bevor sie in allwöchentlichen Krawall-Events versanken. Und auch die junge Generation beweist, dass sie in Sachen Klima bereit ist, sich für eine Sache einzusetzen. Deutlich wird allerdings, dass sich die Formen des politischen Engagements radikal verändert haben – was auch mit dem Einsatz sozialer Medien zu tun hat. Demonstrationen und Petitionen sind relativ leicht zu organisieren, es gibt Kunstaktionen oder Videos werden produziert und millionenfach geteilt. Eine Wahl ist keine Pflichtveranstaltung mehr, es gibt inzwischen viele Möglichkeiten, sich politisch auszudrücken.

Die Politik reagiert schwerfällig

Den Parteien fällt es schwer, auf diese kreative Haltung gegenüber der Politik und der Demokratie zu reagieren. Sie verharren noch immer in ihren alten Abläufen, Macht zu organisieren. Es war Emmanuel Macron, der dieses neue Anspruchsdenken der vor allem jüngeren Wähler selbst formuliert und die Möglichkeit erkannt hat, die Menschen auf allen Kanälen zu mobilisieren. Die Beteiligung bei seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2017 betrug fast 80 Prozent.

Das Erbe von Emmanuel Macron

Macrons Schicksal zeigt allerdings, dass man das man das eine tun, das andere aber nicht lassen sollte. Denn er hat damals sehr große Hoffnungen geweckt, ist dann aber als Politiker gescheitert. Ihm ist es nicht gelungen, die hohen Ansprüche zu moderieren und ins reale Leben umzusetzen. Beim notwendigen Umbau des Landes blickte er gebannt auf die Zahlen, die Menschen gerieten allzu oft zur Nebensache. Und so ließ er auf seinem atemlosen Reformkurs zu viele Franzosen erschöpft, enttäuscht und wütend am Wegesrand zurück. Er wurde zum Inbild des abgehobenen Politikers und hat damit der gesamten Demokratie einen Bärendienst erwiesen.

Bei den aktuellen Regionalwahlen und auch schon bei den Kommunalwahlen vor einigen Monaten wurde dem Präsidenten dann ein zentrales Versäumnis zum Verhängnis: er hat seine Partei nicht im Volk verankert. Die jahrelange Arbeit der etablierten Parteien bei den Menschen vor Ort hingegen hat sich in diesem Fall ausgezahlt. In der aktuellen Corona-Krise haben sich die wenigen Wähler für die Politiker entschieden, die sie seit Jahren kennen.

„La bise“ des Präsidenten Macron

Ist damit die Corona-Pandemie offiziell für beendet erklärt. Tatsächlich ist die Geste von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ein deutliches Zeichen, dass die Franzosen sich entspannen können – aber dennoch vorsichtig sein müssen.

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La bise des Präsidenten

Der Präsident hat bei einer Feier zwei Weltkriegsveteranen auf die Wangen geküsst. Anlass war die öffentliche Auszeichnung mit der Ehrenlegion. Der 43-Jährige trug dabei einen Mund-Nasen-Schutz. Macron kehrte mit „la bise“ („Kuss“) zu einer in Frankreich üblichen herzlichen Begrüßung zurück, vor der wegen der Corona-Pandemie allerdings lange gewarnt wurde. Die Regierung lockerte wegen einer verbesserten Pandemie-Lage die Regeln, am Wochenende wird die nächtliche Ausgangssperre fallen.

Macron erinnerte mit der Feier in der Gedenkstätte Mont-Valérien bei Paris an dem legendären Aufruf von General Charles de Gaulle während des Zweiten Weltkrieges. Der spätere Staatschef hatte am 18. Juni 1940 von London aus seine Landsleute aufgerufen, den Kampf gegen Nazi-Deutschland fortzusetzen.