Gauland und der „Nachbar“ Boateng

Die AfD sorgt wieder einmal für Schlagzeilen. Ihr Vize Alexander Gauland äußert sich abfällig über den Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng. Die Empörung ist groß – und die AfD reagiert nach bekanntem Muster.

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Der verbale Ausfall Gaulands gegen Boateng ist ein großer Aufreger.

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Frauke Petry reagiert sofort. Ihr kommt die verbale Entgleisung Gaulands wie gerufen. Seit Monaten steht die AfD-Chefin  in der eigenen Partei unter Druck. Auf Twitter schreibt sie: „Jerome Boateng ist ein Klasse-Fußballer und zu Recht Teil der deutschen Nationalmannschaft. Ich freue mich auf die EM.“
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In der „Bild“-Zeitung springt sie ihrem Vize dann noch einmal zur Seite – und ihn damit gleichzeitig zu kritisieren.

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„Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist.“

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Auslöser für die Aufregung ist ein Bericht in der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS), die  Gauland mit folgendem Satz zitiert:

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„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

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Frauke Petry kommt es gelegen, dass die graue Eminenz der Partei nun rechtsaußen im Abseits steht. Petry war zuletzt in der AfD für ihr Treffen mit dem Zentralrat der Muslime angegangen worden – an vorderster Front: Alexander Gauland.

Die meisten Beobachter glauben aber nicht an einen Ausrutscher des 75-Jährigen. „Typisches Muster AfD: beleidigen, provozieren – später dann relativieren“, erklärt CDU-Vize Julia Klöckner dazu. Auch der SPD-Politiker Ralf Stegner erkennt dahinter eine Strategie:

„Goldene Rechtspopulistenregel: Provokation, Debatte, Rückzug, ‚War nicht so gemeint’.“

Auch Gaulands eigene Reaktion scheint dieses Schema zu bestätigen. Der Jurist und Publizist schreibt in einer Erklärung zu dem Vorfall: „Ich habe nie (…) Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten“. Er habe in einem vertraulichen Hintergrundgespräch mit Redakteuren der FAS die Einstellung „mancher Menschen“ beschrieben, „aber mich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert, dessen gelungene Integration und christliches Glaubensbekenntnis mir aus Berichten über ihn bekannt sind“.

Gauland sieht sich offensichtlich also nur als eine Art Chronist des ganz alltäglichen Rassismus in Deutschland.

Und natürlich hat „die Presse“ auch eine Mitschuld an dem Durcheinander. So lief es auch ab, als Petry in einem Interview einen Schusswaffengebrauch als letztes Mittel gegen Flüchtlinge bei unerlaubtem Grenzübertritt guthieß, dann aber dem „Mannheimer Morgen“ eine verkürzte und „völlig sinnentstellte“ Fassung des Interviews unterstellte. Allerdings können die FAS-Redakteure nach eigenen Angaben Gaulands Sätze belegen.

Im Internet ist Gaulands Ausfall gegen den farbigen Spieler Boateng Topthema. Tausende solidarisieren sich mit dem 27-jährigen Verteidiger von Bayern München, der ein waschechter Berliner aus dem Wedding ist. Sein Vater ist aus Ghana.

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Boatengs Schalker Nationalmannschaftskollege Benedikt Höwedes twittert: „Wenn du für Deutschland Titel gewinnen willst, brauchst du Nachbarn wie ihn.“
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Und der frühere Bundesliga-Profi Hans Sarpei, ebenfalls mit ghanaischen Wurzeln, meint: „Jerome Boateng hat bisher 57x für die Nationalmannschaft gespielt. Damit hat er 57x mehr für Deutschland getan als die AFD.“

Beim DFB hat man kein Verständnis für die Äußerungen. Es sei geschmacklos, die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft „für politische Parolen zu missbrauchen“, sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel. Und der Verband hat noch eine Video-Nachricht für Alexander Gauland.

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Und auch die Fans im Stadion beim Spiel Deutschland gegen die Slowakei haben eine passende Antwort auf die verbalen Ausfälle des AfD-Vize Gauland.

 

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Die AfD und ihre Idee vom Islam

Beatrix von Storch hat sich wieder einmal zu Wort gemeldet. Wieder einmal geht es um das Parteiprogramm der AfD. In einem Interview mit der „FAS“ sagt die Politikerin, dass der Islam nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.

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Die Ideen von Storchs haben viele Anhänger. Auf Facebook feiert sie 50.000 Follower.

Mit dem Grundgesetzt nicht vereinbar?

„Der Islam ist an sich eine politische Ideologie, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende und Europa-Abgeordnete Beatrix von Storch der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Mit ihrer Aussage steuert sie sich allerdings in einen Widerspruch, der ihrer Ansicht aber offensichtlich keine ist. Die AfD-Politikerin betont, der Islam könne in Deutschland keine Heimat finden. „Viele Muslime gehören zu Deutschland, aber der Islam gehört nicht zu Deutschland.“

Auf ihrem Parteitag Ende April in Stuttgart will die AfD ihren Anti-Islam-Kurs in ihrem ersten Parteiprogramm beschließen. Dabei soll es laut Bericht auch darum gehen, Symbole des Islams aus der Öffentlichkeit zu verbannen. „Wir sind für ein Verbot von Minaretten, von Muezzins und für ein Verbot der Vollverschleierung“, sagte von Storch. Diese Forderungen erhebe der Bundesvorstand im Programmentwurf.

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Auch Gauland sieht Deutschland in Gefahr

Im Sinne von Beatrix von Storch äußerte sich auch Alexander Gauland, Fraktionschef der AfD in Brandenburg und ebenfalls stellvertretender Parteichef. „Der Islam ist keine Religion wie das katholische oder protestantische Christentum, sondern intellektuell immer mit der Übernahme des Staates verbunden. Deswegen ist die Islamisierung Deutschlands eine Gefahr“, sagte Gauland der „FAS“.

Gauland wandte sich gegen die Vorstellung, dass es neben der fundamentalen Ausrichtung des Islams auch einen aufgeklärten Islam gebe, der mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sei. „Wir sind ein christlich-laizistisches Land, der Islam ist ein Fremdkörper. Einen Euro-Islam gibt es in Wirklichkeit nicht“, sagte der stellvertretende AfD-Vorsitzende.

AfD will Koranschulen stärker kontrollieren

Die AfD will laut FAS, dass Koranschulen und Moscheen schärfer kontrolliert werden. Es sei notwendig, „den Wildwuchs von islamischen Religionslehrern und Koranschulen, die privat finanziert werden, zu stutzen“. Das gelte vor allem für Moscheen, in denen Imame aus Saudi-Arabien predigten und die auch von dort bezahlt würden, betonte Gauland.

Den Vorschlag des AfD-Bezirksverbandes Niederbayern, den Bau und Betrieb von Moscheen ganz zu verbieten, lehnen von Storch und Gauland ab, weil die Freiheit der Religionsausübung geachtet werden solle.

Hier der Link zur weiteren Berichterstattung

Die AfD meldet sich zurück

Während Angela Merkel in der ARD für ein weltoffenes Deutschland wirbt, gehen in Erfurt 8000 Menschen für ein anderes Deutschland auf die Straße. Die Frage, wie Deutschland mit dem großen Andrang von Flüchtlingen umgehen soll, treibt die Menschen um. Profitieren von der Stimmung kann die rechtspopulistische AfD, die viele im Sommer schon totgesagt hatten. Immer mehr Menschen fühlen sich  von der „Das-Boot-ist-voll“-Rhetorik der AfD angezogen.

15.10.08-erfurt Auch im Ausland wird man auf das „andere Gesicht“ Deutschlands aufmerksam.

„Deutschland dienen“?

Die Thüringer AfD hatte zu der Veranstaltung in Erfurt aufgerufen Rund 8000 Asylgegner zogen nach Polizeiangaben durch die Landeshauptstadt. Es war seit Mitte September die vierte Demonstration in Folge unter dem Motto „Thüringen und Deutschland dienen – Asylchaos beenden“. In der Vorwoche nahmen 5000 Menschen an der Veranstaltung teil.

Die AfD profitiert

Kaum eine andere Gruppierung scheint so viel Kapital aus den Berichten über unregistrierte Flüchtlinge und überfüllte Erstaufnahmeeinrichtungen zu schlage wie die AfD. Die Partei, die im Juli nach der Abspaltung des liberal-konservativen Lucke-Flügels noch bei drei Prozent herumgekrebste, würde – wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre – nach dem aktuellen Wahltrend von Forsa sieben Prozent der Stimmen erhalten. Auch die Zahl der Parteimitglieder wächst seit zwei Monaten stetig an. Und bei der AfD sieht man kein Ende des Trends. „Alleine im September haben wir mehr als 4000 Emails zum Thema Asyl erhalten“, sagt AfD-Sprecher Christian Lüth. Nur ein Bruchteil der Absender seien AfD-Mitglieder gewesen.

Seehofers Schützenhilfe

Was der AfD nach Ansicht von Forsa auch hilft, ist die Kritik des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Forsa-Chef Manfred Güllner sagt: „Die Attacken des Ministerpräsidenten Horst Seehofer gegen die Kanzlerin treiben Wähler am rechten Rand der CSU in hohem Maße der AfD zu.“ Damit bestätige sich die alte Erfahrung, „dass man mit rechten Themen immer das radikalere Original – in diesem Fall die AfD – stützt und das eigene Lager schwächt“. In Bayern liegt die AfD im Moment laut Forsa bei neun Prozent. In den östlichen Bundesländern käme sie sogar auf durchschnittlich zwölf Prozent.

Ruck nach ganz rechts

Innerhalb von Petrys Partei profiliert sich beim Asyl-Thema momentan besonders der rechtsnationale Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion in Thüringen, Björn Höcke. Nachdem Petry erst skeptisch war, hat sie die Einladung zu der von Höcke inzwischen regelmäßig veranstalteten „Mittwochsdemo gegen Asylmissbrauch“ in Erfurt jetzt angenommen. Mit von der Partie ist auch der Brandenburger AfD-Landeschef Alexander Gauland. Der frühere CDU-Mann sagt, es sei gut, dass gegen den Versuch demonstriert werde, „dass in Deutschland Asylpolitik auf dem Rücken von Deutschen und Asylbewerbern gemacht wird – denn es steht jetzt schon fest: Wir schaffen es nicht“.