Randale bei Protesten der Gelbwesten

Bei Protesten der „Gelbwesten“ ist es in Paris wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Vor allem auf den Champs-Élysées und rund um den Triumphbogen an der Spitze der Prachtmeile kam es am Samstagvormittag zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei. Maskierte und schwarz gekleidete Demonstranten Pflastersteine in Richtung der Polizisten. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.

Hier ein Video von den Protesten:

.

.

Ein Wohnhaus ging bei den Protesten in Flammen auf – eine Mutter und ihr Baby wurden gerettet. Das Feuer wurde nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner vorsätzlich gelegt. Es brach in einer Bank im Erdgeschoss des Haues in der Nähe des Champs-Élysées aus und breitete sich dann aus.

Feuerwehr rettet Mutter und Kind

Die Mutter und ihr Kind befanden sich den Angaben nach im zweiten Stock und wurden von Feuerwehrleuten in Sicherheit gebracht. „Die Personen, die diese Tat begangen haben, sind weder Demonstranten noch Randalierer, sie sind Mörder“, erklärte Castaner via Twitter.

.

.

Es ist das 18. Wochenende in Folge, an dem die Bewegung gegen die Reformpolitik von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron demonstriert. Am Freitag endete der erste Teil von Macrons Bürgerdebatte, die er ins Leben gerufen hatte, um die Krise in den Griff zu kommen.

Nach diesem Tag wird deutlich, dass bei den „Gelbwesten“ die Randalierer haben das Sagen übernommen haben. Die Gilets Jaunes sind von einer sozialen Bewegung zu einem Club für Chaoten geworden

Ein Kommentar:

Die „Gelbwesten“ wollten beweisen, dass ihre Bewegung noch nicht am Ende ist. Das haben sie getan – doch mit welchem Erfolg? Es waren die Randalierer, die mitten in Paris auf den Champs-Élysée und am Triumphbogen den Ablauf bestimmt haben. Das Ziel ihrer Aktionen war schlichte Zerstörung. Dabei nahmen sie auch in Kauf, dass unbeteiligte Menschen schwer verletzt oder sogar getötet werden könnten, wie die Brandstiftung an einem Wohnhaus zeigt.

Das irritierende an dem Protestzug in Paris war aber auch, dass sich viele, anfangs friedliche Teilnehmer der Demonstration von dieser Raserei haben anstecken lassen. Anstatt den Versuch zu unternehmen, die Chaoten zurückzuhalten oder zu isolieren, wurden diese von sehr vielen Gilets Jaunes mit Applaus unterstützt.

Die Bewegung der Gelbwesten hat sich in Frankreich von Anfang an aus der Wut der Bürger genährt. Doch war dies eine begründete Wut gegen eine Politik der Eliten, die in weiten Teilen die einfachen Menschen schlicht vergessen hatte. Doch anstatt die berechtigten Anliegen in konstruktives Handeln umzusetzen, hat sich die Bewegung im Laufe der Zeit immer mehr radikalisiert. Die Wut der Bürger ist zu einem blinden Wüten der Chaoten geworden. Ein entscheidender Fehler war, dass sich die Spitze der Gilets Jaunes nie wirklich von den radikalen Kräften in der Bewegung distanziert hat. Im Gegenteil: antisemitische oder fremdenfeindliche Ausfälle wurden als Einzelfälle abgetan und auch die Randale wurde immer wieder entschuldigt. Ziemlich oft war sogar, eine klammheimliche Freude über den Aufruhr zu erahnen. Nun haben die Gilets Jaunes in Paris eine sehr hässliche Fratze gezeigt. Es wurde offensichtlich, dass die Bewegung der einfachen Bürger, die zusammen mit der Politik ein besseres und sozialeres Frankreich hätten gestalten können, tatsächlich nicht mehr existiert. Die Gilets Jaunes wurden gekapert von den Randalierern, die nun den Ton angeben – und für die ist allein die Polizei und die Justiz zuständig.

„Gelbwesten“ nehmen an Europawahl teil

Die „Gelbwesten“ betonen immer wieder, dass sie eine Bewegung sind – keine Partei. Doch nun streben einige der Protagonisten ins europäische Parlament. Wollen sie für sich die Gunst der Stunde nutzen oder haben sie gemerkt, dass die Bewegung sich ändern muss, um weiter Erfolg zu haben? Der Plan trifft nicht bei allen „Gelbwesten“ auf Gegenliebe.

.

19.01.23-levasuer

.

Ingrid Levavasseur – ein Gesicht der Bewegung

Die Liste der Gilets Jaunes für die Europawahl steht. Angeführt wird die Gruppe von der bekannten „Gelbweste“ Ingrid Levavasseur, einer 31-Jährigen Krankenpflegerin aus Nordfrankreich.

„Wir wollen nicht mehr den Entscheidungen der europäischen Behörden, den Diktaten der Finanzkaste und Technokraten unterworfen sein, die das Wesentliche vergessen haben: Menschen, Solidarität und den Planeten“, heißt es in einer Mitteilung, die mehreren französischen Medien vorliegt. Die aktuelle Liste bestehe aus zehn Namen, bis Mitte Februar sollen noch 69 weitere hinzukommen.

.

.

Spekulationen über den Weg der Gelbwesten

Darüber, dass die „Gelbwesten“ bei der Europawahl antreten könnten, wird in Frankreich schon länger spekuliert. Die Bewegung, die in sozialen Netzwerken entstand, ist jedoch zersplittert und hat keinen Anführer. Die Krankenpflegerin Levavasseur engagierte sich von Anfang an in ihrer Region bei den Protesten – schnell wurde in Frankreich das Fernsehen auf sie aufmerksam. Der Sender BFMTV bot ihr eine Position als Kommentatorin in einer Sendung an – die 31-Jährige lehnte schließlich ab, weil sie nach eigenen Angaben massiv bedroht wurde. „Ihr könnt euch nicht einmal vorstellen, welchen Schaden ihr Menschen zufügt, die für euch kämpfen“, schrieb sie auf Facebook.

Nicht alle Gelbwesten finden Levavasseur gut

Innerhalb der „Gelbwesten“ gehört Levavasseur eher zum gemäßigten Flügel der Bewegung; anders als etwa Eric Drouet, der gerne provoziert, bei Protesten schon mehrfach festgenommen wurde und sehr aktiv in den sozialen Netzwerken ist. Auch „Gelbweste“ Maxime Nicolle, der sich „Fly Rider“ nennt, ist vor allem über das Internet in Frankreich populär geworden – er warf Levavasseur auf Facebook nun vor, ihre Anhänger zu verraten. Die Europawahlen seien Teil des Systems, das die „Gelbwesten“ eigentlich bekämpfen wollten. Auch auf ihrer Facebook-Seite wird Levavasseur für ihr Vorhaben von Nutzern scharf angegriffen. Indem sie bei der Europawahl antrete, spiele sie Macrons Spiel und das seiner Vasallen mit, schrieb einer. „Sie spalten die Bewegung und erfreuen die Regierung.“

.

.

Das scheint auch die Regierung in Paris so zu sehen. Der französische Regierungssprecher Benjamin Griveaux begrüßte den Vorstoß der „Gelbwesten“. Er sei froh, dass die Bewegung nun mit konkreten Vorschlägen antreten wolle, über die Wähler abstimmen können. Doch ist das ein vergiftetes Lob. Beobachter gehen davon aus, dass vor allem die extremen rechten und linken Parteien Stimmen verlieren, sollten die „Gelbwesten“ an der Wahl teilnehmen. Emmanuel Macron, den die Bewegung in eine tiefe Krise gestürzt hat, wäre in diesem Fall der lachende Dritte.

Wie antisemitisch sind die Gelbwesten in Frankreich?

Er habe nicht die Angewohnheit über sein alltägliches Leben zu schreiben, twittert Thibaut Chevillard. Aber in diesem Fall müsse er es tun. Der Journalist beschreibt, wie drei Männer in gelben Westen in der Pariser Metro mit antisemtischen Beschimpfungen auffallen. Auf der Prachtstraße Champs-Élysées werden Polizisten angegriffen: Die Proteste der „Gelbwesten“ bereiten nun auch jüdischen Verbänden Sorgen.

.

18.12.26-gelbwesten

.

De Dachverband der jüdischen Organisationen in Frankreich (CRIF) Aufklärung. Der Verband sei „bestürzt“ über die Vorfälle unter den „Gelben Westen“, hieß es. Nun erwarte man die Ergebnisse behördlicher Untersuchungen ab. Auch der französische Regierungschef Édouard Philippe warnt vor einer Radikalisierung der Bewegung.

.

.

Der Verband bezog sich unter anderem auf den Vorfall in der Pariser Metro vom Samstag. Nach Darstellung der Tageszeitung „Le Monde“ fielen dort drei Männer in gelben Westen mit dem sogenannten Quenelle-Gruß auf, der – linke Hand auf dem durchgestreckten rechten Arm – an den Hitlergruß erinnert.

Eine ältere Frau, die gesagt habe, sie sei Jüdin, sei von den Männern daraufhin beschimpft worden, berichtete die angesehene Zeitung unter Berufung auf den Journalisten und Augenzeugen Thibaut Chevillard. Der Verband äußerte sich nicht im Detail zu dem Vorfall, veröffentlichte aber Medienberichte dazu auf seiner Webseite.

.

.

Der Journalist Chevillard hatte den Vorfall am Samstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter geteilt. „Ich bin es nicht gewohnt, über mein Privatleben auf Twitter zu sprechen. Aber ich war so schockiert von dem, was ich heute Abend auf der Linie 4 der U-Bahn erlebt habe, dass ich das Bedürfnis verspüre, hier darüber zu sprechen“, schrieb er.

Der französische Historiker Vincent Duclert schrieb in einem Gastbeitrag für „Le Monde“: „Seit den ersten Dezembertagen erreichen mich Informationen über störende antisemitische Szenen am Rande der „Gelben Westen“.“ Insgesamt sei die Toleranz Frankreichs gegenüber Demonstrationen des antijüdischen Hasses hoch.

Angriff auf Polizisten

Der  französische Premierminister Philippe verurteilte nicht nur den Vorfall in der Metro. Der Politiker beklagte auch mit Hinweis auf die „Gelbwesten“-Bewegung eine „Radikalisierung mit großer Gewalttätigkeit“. Er hatte am Montag in der Pariser Polizeipräfektur mehrere Ordnungshüter besucht, die von Demonstranten angegriffen worden waren.

.

.