Sigmar Gabriel auf Schmusekurs mit Russland

Er hat es wieder getan. Sigmar Gabriel nutzt als Außenminister jede Chance für einen Kontakt mit Russland. Beim vierten Besuch in diesem Jahr stärkt er den Investoren eines umstrittenen Erdgas-Projekts den Rücken.

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Ostseepipeline Nord Stream 2

Außenminister Sigmar Gabriel hat bei einem Kurzbesuch in Russland den Widerstand der EU-Kommission gegen die Ostseepipeline Nord Stream 2 kritisiert. Es gehe nicht an, dass Brüssel das dritte Energiebinnenmarkt-Paket ändern wolle, um es nachträglich auf das Projekt anzuwenden. „Ich halte das für ein grundsätzliches Problem“, sagte der SPD-Politiker beim 10. Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum in St. Petersburg. Der russische Staatskonzern Gazprom und seine Partner, aber auch alle anderen Investoren in große Energieprojekte bräuchten Rechtssicherheit.

Kritik aus der Ukraine

Gazprom und die EU-Energiekonzerne Wintershall, Engie, Uniper, OMV und Royal Dutch Shell wollen parallel zur bereits existierenden Leitung Nord Stream eine zweite Pipeline durch die Ostsee von Russland nach Deutschland bauen. In der EU-Kommission gibt es Widerstand, weil die Abhängigkeit von russischem Erdgas wachsen könnte. Östliche EU-Mitglieder und die Ukraine befürchten, dass sie mit der neuen Leitung umgangen werden.
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Eine Beziehung mit Beigeschmack

Gabriel hat nie einen Hehl aus seiner Unterstützung für die Pipeline gemacht. Das alles hat allerdings einen Beigeschmack. Sein Freund, SPD-Genosse und Altkanzler Gerhard Schröder ist Aufsichtsratschef beim Gaspipeline-Konsortium Nord Stream und Verwaltungsratschef für die Ergänzungs-Trasse Nord Stream 2, bei der Russlands mächtiger Gas-Monopolist Gazprom formal einziger Anteilseigner ist.

Schröder hat schon während seiner Regierungszeit (1998 bis 2005) eng mit Putin zusammengearbeitet und ist bis heute gut mit ihm befreundet.

Kritik an Gabriel wegen der Nähe zu Putin

Außenminister Gabriel musste sich wiederholt Kritik wegen seiner Nähe zu Schröder und Putin anhören. Im Sommer etwa hatte er sich zu einem privaten Abendessen mit dem russischen Präsidenten und dem Ex-Kanzler getroffen in Putins Residenz bei St. Petersburg getroffen.

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Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt erklärte daraufhin, Gabriel müsse den Eindruck ausräumen, dass er sich von Ex-Bundeskanzler Schröder für die Interessen Putins und des halbstaatlichen russischen Energiekonzerns Rosneft einspannen lasse. „Das wäre ein ungeheurer Affront gegenüber der EU und ein veritables Problem für Deutschland“, sagte sei. Es sei keine Privatsache, wenn „Schröder als Lobbyist des russischen Gaskonzerns Gazprom und als designierter Aufsichtsrat des Ölriesen Rosneft ein stundenlanges Treffen mit dem russischen Staatschef arrangiert“.

Der zweifelhafte Deal des Basta-Kanzlers

Gerhard Schröder hat sich nicht beirren lassen. Noch nicht einmal die eigenen Parteifreunde haben den Altkanzler davon abbringen können, sich in den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft wählen zu lassen. Im Gegenteil: Er hat die Entscheidung in Interviews sogar offensiv verteidigt: „Es geht um mein Leben, und darüber bestimme ich.“ Basta.
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Chef des Aufsichtsrates von Rosneft

Nach wochenlanger Aufregung ist Schröder nun nicht nur drin, sondern sogar Chef des Rosneft-Aufsichtsrates – und behandelt das Engagement so, als wenn es ein ganz normales sei. Er wolle seine politische und wirtschaftliche Erfahrung in das Unternehmen einbringen, sagt er am Wahltag in St. Petersburg. Er trete die Aufgabe gerne an und werde sich für das Wohl der Firma einsetzen.
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Der Münchner Merkur zu Schröder:

Anders als seine Berliner Genossen, die nach der Bundestagswahl ihre Regierungsposten los sind, hat Gerhard Schröder einen neuen Job. Einen ziemlich lukrativen noch dazu. Dass sich ein deutscher Ex-Regierungschef so unverblümt in den Dienst einer ausländischen Macht stellt, ist ein einzigartiger Bruch aller Regeln des politischen Anstands Seiner Partei gibt Schröder noch immer gerne Ratschläge. Einer lautete jetzt, die SPD solle die Tür für eine Fortsetzung der Großen Koalition nicht voreilig zuschlagen. Man darf darüber nachdenken, wer da sprach: Der ehemalige SPD-Chef? Oder Putins Handlanger, der bedauert, dass er über seine Partei nun nicht mehr Einfluss nehmen kann auf die deutsche Regierungspolitik?

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Die Schröder-Connection in die russische Wirtschaft ist nicht neu. Schon kurz nach seiner Amtszeit als Kanzler (1998 bis 2005) stieg der heute 73-Jährige bei der von Gazprom beherrschten Nord Stream AG zum Bau einer Ostpipeline ein. Nun hievt sein enger Freund Wladimir Putin, der russische Präsident, ihn in die Führung eines weiteren Energieriesen, der aber ein deutlich schlechteres Image hat. Wichtigster Einwand gegen Rosneft: Der Konzern steht auf der EU-Sanktionsliste wegen Russlands Übergriffen auf die Ukraine.
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Damit startet eine weitere Episode einer langjährigen, engen Männerfreundschaft. Schon zu seiner Amtszeit verstand sich Schröder mit Putin so gut wie mit kaum einem anderen Staats- oder Regierungschef. Die politische Freundschaft wurde schnell zur privaten. Der Kremlchef lud die Schröders zur weihnachtlichen Schlittenfahrt nach Moskau ein, der Altkanzler feierte mit Putin Geburtstag in Hannover. Die guten Kontakte führten dazu, dass Schröder und seine damalige Frau Doris Schröder-Köpf zwei russische Kinder adoptierten.

Schröders Nähe zu Putin

Schröders Nähe zu Putins Russland hat dem Altkanzler von Anfang an auch viel Kritik eingebracht. Unvergessen ist seine Einstufung Putins als „lupenreinen Demokraten“, die er noch als Kanzler vornahm. Zuletzt kritisierte er mitten im Wahlkampf die Stationierung von Bundeswehrsoldaten in Litauen nicht weit von der russischen Grenze entfernt – und stimmte in die Moskauer Nato-Schelte ein.
Was der Kreml nun von dem immer noch gut vernetzten Schröder will, ist klar. Schon bei Nord Stream 1, der ersten Ostseepipeline von Gazprom, hatte er erfolgreich als Türöffner in Europa gewirkt. Nun soll er das auch für Rosneft tun. Russlands größter Ölkonzern hält bereits Anteile an drei deutschen Raffinerien und ist ein wichtiger Investor.

„Darth Vader der russischen Wirtschaft“

Groß geworden ist Rosneft durch Igor Setschin, einen Mann mit dem wenig schmeichelhaften Beinamen eines „Darth Vader der russischen Wirtschaft“ – nach der Figur aus „Krieg der Sterne“. Der Weggefährte Putins sorgte dafür, dass 2004 die Trümmer von Michail Chodorkowskis zerschlagener Firma Yukos bei Rosneft landeten.
2013 wuchs der Konzern um ein russisch-britisches Joint Venture aus TNK und BP. 2016 verleibte sich Rosneft den Staatsanteil am kleineren Konkurrenten Baschneft ein, obwohl selbst Putin sich anfangs gegen diese Art von Privatisierung ausgesprochen hatte.
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Derzeit fordert Setschin Schadenersatz vom russischen Mischkonzern AFK Sistema, einem früheren Besitzer von Baschneft. Der Fall ist kompliziert, aber im Prinzip so, als würde man einen schadhaften Gebrauchtwagen kaufen und dann gegen den Vorvorbesitzer klagen. Doch vor einem russischen Gericht kommt Setschin damit durch. Sistema soll 136,3 Milliarden Rubel (1,95 Milliarden Euro) zahlen.

Das Leben des Igor Setschin

Am Vorgehen gegen den angeblich korrupten Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew, einen anderen Kritiker des Baschneft-Geschäfts, war Setschin persönlich beteiligt. Im Auftrag des Geheimdienstes FSB lockte er den Minister in sein Büro, übergab ihm einen Korb mit Wurst und zwei Millionen US-Dollar, das angebliche Schmiergeld.
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Über Setschin und dessen Firma soll Schröder also nun Aufsicht führen. Für seine Partei wurde er deswegen schon im Wahlkampf zum Problemfall. Während Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sich aus langjähriger Parteifreundschaft noch mit Kritik an ihm zurückhielt, distanzierte sich Kanzlerkandidat Martin Schulz deutlich. Und er stellte klar, dass ein Bundeskanzler außer Dienst „immer nur bedingt ein Privatmann“ sei. Als Altkanzler genießt Schröder deswegen auch gewisse Privilegien. Der Staat bezahlt ihm ein Büro in Berlin, den Steuerzahler kostet das allein in diesem Jahr 561 000 Euro.
Viel mehr ins Gewicht fallen die außenpolitischen Folgen. Schröder durchkreuzt mit seinen Rosneft-Ambitionen die EU-Sanktionspolitik gegen Russland. Die Regierung in Moskau freut sich darüber. Energieminister Alexander Nowak nannte den Einstieg Schröders bei dem Ölkonzern ein „bedeutsames Ereignis“.
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Die FAZ meint dazu:

Mit der Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden des russischen Energiekonzerns Rosneft zieht Gerhard Schröder das Amt des Bundeskanzlers vollends in den Schmutz. Denn nicht als „Botschafter“ deutsch-russischer Beziehungen, auch nicht als Privatmann, sondern einzig als ehemaliger Bundeskanzler (…) muss er sich rechtfertigen. Ein ehemaliger Bundeskanzler ist nie mehr „nur“ Privatmann, genauso wenig, wie er das während seiner Amtszeit war. Sich in einem Unternehmen an führender Stelle zu engagieren, das einer korrupten Autokratie hörig ist und Staatsverbrechen deckt, bedeutet nichts anderes, als sich rückwirkend an diesem Amt zu vergreifen. Schröder tut es dennoch. Es ist ihm egal, weil es seiner machohaften Feierlaune entgegenkommt – und natürlich: seinem Geldbeutel. Noch nie ist ein Bundeskanzler so tief gesunken.

Schröder wird nun endgültig ein Boss

Der russische Ölkonzern Rosneft hat den Altkanzler Gerhard Schröder für den Aufsichtsrat des Unternehmens nominiert, dessen Bestand die Aktionäre in der außerordentlichen Versammlung am 29. September bestimmen sollen. Dies berichtet das russische Wirtschaftsblatt „RBC“.

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RBC berichtet über den Wechsel von Schröder

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Gerhard Schröder, der ehemalige Kanzler der Bosse

Schröder soll der Posten eines unabhängigen Direktors im Rosneft-Vorstand, der von neun auf elf Mitglieder erweitert werde, vorgeschlagen worden sein. Da unabhängige Direktoren nach Vorschrift des Konzerns ein Drittel aller Direktorenposten im Vorstand besetzen sollen, wird so nun ein Posten zur Verfügung stehen.

„Die Einladung von Schröder ist durch seinen Einfluss im Westen und die engen Beziehungen zu Russland bedingt“, zitiert RBC den deutschen Politologen Alexander Rahr und Kreml-Berater. Dem Experten zufolge gebe es auf der europäischen politischen Bühne unter den Bedingungen der Sanktionen so gut wie keine anderen einflussreichen Politiker, die bereit wären, das Geschäft in Russland zu unterstützen.

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Rahr erinnerte zudem daran, dass der Altkanzler in der Vergangenheit bereits mehrmals Gazprom und anderen russischen Unternehmen geholfen sowie Bündnisse für die wirtschaftliche Zusammenarbeit von internationalen Firmen mit Russland organisiert habe.

Natürlich ruft die Personalie auch die Kritiker auf den Plan. Russlandkenner Boris Reitschuster macht keinen Hehl aus seiner Meinung.

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Und auch der süffisante Unterton des Tweets von Golineh Atai ist kaum zu überlesen.

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