Orban preist die Freiheit

Der Besuch steht unter keinem guten Vorzeichen. In München wird der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban erwartet. Bei einer Festveranstaltung zum 60. Jahrestag des Freiheitskampfs seines Landes im Jahr 1956 will der umstrittene Regierungschef im Gebäude des bayerischen Landtags eine Rede halten.

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Orban preist die Freiheit

Während Orban im Ausland die Freiheit seines Landes preist, nimmt er es damit im eigenen Land nicht so genau. Fleißig betreibt er den Umbau des Staates. Zuletzt haben in Budapest  mehrere tausend Menschen für Pressefreiheit demonstriert. Zahlreiche Demonstranten hielten eine Ausgabe der Oppositionszeitung „Nepszabadsag“ in der Hand, deren Erscheinen eine Woche zuvor überraschend eingestellt worden war. Die Menschen skandierten Slogans wie „Sie rauben unsere Freiheit“ oder „Stoppt die Diktatur der Fidesz!“, der konservativen Regierungspartei von Ministerpräsident  Orban.

Die Rolle der Regierung

„Wir wollen, dass diese ungewisse Situation aufhört und der Eigentümer klar sagt, was er vorhat“, sagte der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung, Peter Petö. Die Regierungspartei Fidesz hielt parallel zur Demonstration eine Pressekonferenz ab, in der Vize-Parteichef Gergely Gulyas sagte, die Pressefreiheit in Ungarn sei garantiert. Bei der Einstellung der Zeitung „Nepszabadsag“ handele es sich um eine wirtschaftliche Entscheidung wegen der starken Verluste. Die Regierung habe damit nichts zu tun.

 

 

Plötzlich wird die Zeitung eingestellt

Die Zeitung war am 8. Oktober ohne Vorwarnung vorübergehend eingestellt worden. Sie hatte immer wieder kritisch über den im Jahr 2010 an die Macht gelangten Orban berichtet. Der Eigentümer, die österreichische Gesellschaft Mediaworks, erklärte, es handele sich um eine rein ökonomische Entscheidung. Firmenchef Heinrich Pecina erklärte in einem Interview, niemand wolle die Zeitung mehr haben. Oppositionsparteien, Kritiker und ein Teil der Mitarbeiter sehen in dem Schritt einen Schlag gegen die Pressefreiheit. Kritiker werfen dem einwanderungsfeindlichen und rechtsnationalen Ministerpräsidenten vor, die Medien im Land zu Verlautbarungsorganen seiner Regierung machen zu wollen. Zahlreiche privatwirtschaftliche Medien wurden demnach von regierungsfreundlichen Oligarchen aufgekauft.

 

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Nachtrag:

Orban verteidigt Grenzschließungen

Bei dem Festakt am Abend im bayerischen Landtag verteidigte Orban die Grenzschließung für Flüchtlinge als „Pflicht“, um Europas Freiheit zu schützen. Seehofer erneuerte seine Forderung nach einer Begrenzung der Zuwanderung: Diese sei ein „ethisches Gebot“, damit Humanität und Integration funktionieren könnten.
Orban sagte in seiner Rede, Ungarn sei schon immer ein Land der Freiheit gewesen, in dem Besatzung, Unterdrückung und Diktatur nicht geduldet würden. „Ich darf Ihnen versichern, dass Ungarn auch in Zukunft immer auf der Seite der europäischen Freiheit stehen wird.“ Zur Grenzschließung für Flüchtlinge sagte er, diese sei notwendig gewesen, um eine „drohende Völkerwanderung“ aufzuhalten. Ungarn habe nicht um diese Aufgabe gebeten, sondern erfülle einfach seine „pflicht“. Die Grenzöffnung 1989 und der heutige Grenzschutz seien zwei Seiten derselben Medaille. „1989 handelten wir für die Freiheit Europas – und jetzt schützen wir diese Freiheit“, sagte Orban.

Zitate zu den Grenzkontrollen

Die EU-Kommission hat zunächst keine Einwände gegen die vorrübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Deutschland. Die derzeitige Lage in Deutschland sei nach erstem Eindruck von den Regeln des Schengener Grenzkodex’ gedeckt, teilte die Behörde am Sonntagabend in Brüssel mit. Demnach können solche Kontrollen zwischen Mitgliedstaaten unter besonderen Umständen wiedereingeführt werden. Das Schengen-Abkommen regelt den freien Reiseverkehr zwischen den Mitgliedstaaten.

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Die Stimmen zu den Grenzkontrollen:

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, Ziel sei es, „den Zustrom nach Deutschland zu begrenzen“. Es sei „auch aus Sicherheitsgründen dringend erforderlich“, bei der Einreise wieder „zu einem geordneten Verfahren“ zu kommen, sagte de Maizière. Der Schritt sei in der Koalition „einvernehmlich beraten und beschlossen“ und auch mit Österreich, den Bundesländern sowie der Opposition besprochen.

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger bescheinigte der Bundesregierung „unfassbaren Egoismus“.

Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter warf der Bundesregierung in der „Huffington Post“ Versagen in der Asylpolitik vor: „Neue Grenzkontrollen und ein nationaler Harakiri-Kurs sind das genaue Gegenteil einer dringend notwendigen neuen, humanitären EU-Flüchtlingspolitik.“

Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck erklärte: „Grenzkontrollen im Schengenraum dürfen kein Dauerzustand oder neuer Normalfall werden.“

Ähnlich äußerte sich der FDP-Vorsitzende Christian Lindner: „Die Schließung der Grenzen darf kein dauerhafter Zustand sein, sonst beschädigt Deutschland das Haus Europa.“

Zustimmung kam aus Reihen der Union. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, die Rückkehr zu Grenzkontrollen sei „insgesamt eine richtige Entscheidung, die in der Koalition auch mitgetragen wird“.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl nannte die Entscheidung den „richtigen Weg“. Der „Welt“ sagte er: „So können wir den akuten Zustrom von Flüchtlingen wenigstens verlangsamen.“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer sagte nach einer Sondersitzung seines Kabinetts in München zu den Gründen der Einführung vorübergehender Grenzkontrollen: „Wir haben in der Flüchtlingspolitik im Freistaat Bayern derzeit einen Ausnahmezustand. Es sind alle Regeln mehr oder weniger außer Kraft. Es gibt keine Ordnung, kein System, und das ist in einem Rechtsstaat eine bedenkliche Sache.“

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat die angekündigte Einführung von Kontrollen begrüßt. „Es ist ja eine unsere Hauptforderungen, dass wir sagen, die Grenzen müssen kontrolliert werden“, sagte die AfD-Vorsitzende Frauke Petry.

Ungarns rechtskonservativer Ministerpräsident Viktor Orban sagte der „Bild“-Zeitung: „Wir haben großes Verständnis für Deutschlands Entscheidung und erklären unsere volle Solidarität.“ Man verstehe, „dass diese Entscheidung notwendig war, um die gewachsenen Werte Deutschlands und Europas zu verteidigen. Selbstverständlich sind wir bereit zu jeglicher Form der Zusammenarbeit.“

Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka hat Verständnis für die deutsche Entscheidung gezeigt, wieder Grenzkontrollen einzuführen. „Die EU hat in der Flüchtlingskrise ihre eigenen Regeln nicht eingehalten und die Außengrenzen nicht effektiv geschützt“, teilte der Sozialdemokrat in Prag mit. Deutschland habe daher ein Recht zu einer solchen vorübergehenden Maßnahme, fügte Sobotka hinzu. Der tschechische Regierungschef fühlte sich in seiner Forderung nach einer besseren Sicherung der EU-Außengrenzen bestätigt: „Ich hoffe, dass die deutsche Entscheidung den Druck erhöht hin zu einer Lösung, den aktuellen Flüchtlingsstrom besser zu regulieren.“ Tschechien zählt mit Polen, Ungarn und der Slowakei zu den Gegnern eines EU-weiten Verteilsystems für Flüchtlinge.

Die Bundespolizei hat sich nach eigenen Angaben darauf eingestellt, dass sie über eine längere Zeit wieder an deutschen Außengrenzen kontrollieren muss. Für die Aufgabe würden nun mehrere hundert Beamte abgestellt, sagte ein Sprecher in Potsdam. „Wir haben uns darauf eingestellt, diese Maßnahme nach einer Phase des Aufwachsens über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten“, hieß es in einer Erklärung des Bundespolizeipräsidiums weiter.

Die von Ländern in Europa bekanntgegebenen Grenzkontrollmaßnahmen betonen nach Auffassung des UN-Flüchtlingshilfswerks die Notwendigkeit einer „umfassenden europäischen Reaktion“ auf die Flüchtlingskrise. Eine EU-Antwort sollte „die rasche Umsetzung eines Umsiedlungsprogramms“ beinhalten, um Asylbewerber unter allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu verteilen, forderte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge.