Erstmals erhält eine Frau Stimmrecht bei der Bischofssynode

Es ist keine Revolution, aber es ist ein Zeichen, dass auch die katholische Kirche erkannt hat, dass sie sich in Sachen Frauenrechte verändern muss. In der Bischofssynode erhält erstmals eine Frau Stimmrecht.

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Ein kleiner, sehr entscheidender Schritt

Großer Jubel ist sicherlich nicht angebracht, denn der Fortschritt in der katholischen Kirche bleibt auch weiterhin eine Schnecke – eine sehr langsame Schnecke! Dennoch ist die Ernennung der Französin Theologin Nathalie Becquart (51) zur Untersekretärin des Synoden-Sekretariats ein wichtiger Schritt.

„Mit der Ernennung von Schwester Nathalie Becquart und der Möglichkeit, dass sie mit Stimmrecht teilnimmt, ist eine Tür geöffnet worden“, sagte denn auch der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Mario Grech, dem Portal Vatican News. Man werde „dann sehen, welche weiteren Schritte in der Zukunft unternommen werden können“. Zusammen mit Becquart wurde der spanische Augustiner Luis Marin de San Martin (59) zum zweiten Untersekretär der Behörde ernannt.

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Die Ernennung von Nathalie Becquart durch den Papst – hier geht es zum Original

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Forderungen nach mehr Mitbestimmung

Die Forderung für ein Stimmrecht für Frauen bei den Versammlungen der Bischofssynode ist nicht neu. Immer wieder war dieser Schritt in den vergangenen Jahren gefordert worden. Sehr offen wurde das Thema bei der Amazonas-Synode diskutiert im Oktober 2019 diskutiert. Wichtige Themen – neben der Umwelt – war die Rolle der Frauen und neue Formen der Seelsorge in Gebieten mit wenigen Priestern. Damals lagen auch Forderungen nach der Lockerung des Zölibats und der Zulassung verheirateter Männer zum Priesteramt in der Luft. Dort wurde auch der erste (indirekte) Schritt in Richtung Frauenrechte gemacht. Denn dort hatte erstmals ein Ordensoberer, der nicht Priester ist, Stimmrecht gehabt – nicht aber die Leiterinnen von Frauenorden. Das hat sich mit der Ernennung von Nathalie Becquart nun geändert.

In einem Interview mit Vatican News die 51-jährige Französin:

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„Das hätte ich mir nie vorstellen können, ich erlebe, dass der Heilige Geist voller Überraschungen ist! Ich bin ziemlich beeindruckt. Und gleichzeitig empfange ich das als einen Ruf der Kirche und des Papstes, der sich einem inneren Ruf anschließt, den ich seit vielen Jahren höre – der Synode zu dienen! Ich habe gerade eineinhalb Jahre lang Forschungsarbeit über Synodalität am Boston College geleistet, und der Ruf schließt sich jetzt an diese Arbeit an.“ 

Nathalie Becquart

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Mit diesem Hinweis auf ihre Forschungsarbeit nimmt sie geschickt den Kritikern an ihrer Kompetenz den Wind aus den Segeln. Vor ihrer Zeit in Boston studierte sie Theologie, Philosophie und Soziologie. 1995 trat sie der Xaviere-Gemeinschaft bei, in der sie 2005 ihre ewigen Gelübde ablegte. Von 2008 bis 2012 war Becquart Nationaldirektorin der Kommission für Evangelisierung und Berufungspastoral der Französischen Bischofskonferenz. Seit 2019 war Becquart bereits Beraterin des Generalsekretariats.

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Frauen wollen mehr Offenheit in der Kirche

Immer wieder zeigt sich, dass die Frauen in der katholischen Kirche mit ihrer Rolle unzufrieden sind und mehr Macht und Teilhabe fordern. Zuletzt sorgte Anne Soupa für große Aufregung. Sie wollte Bischöfin von Lyon zu werden. Obwohl ihre Bewerbung ohne Aussicht war, reichte sie beim Vatikanbotschafter in Paris ein Glaubensbekenntnis, ein Reformprogramm und ihren Lebenslauf ein. Allein diese Prozedur ist mehr als ungewöhnlich. Für solch ein wichtiges Amt wird in der Regel nicht öffentlich kandidiert, katholische Bischöfe werden vom Papst ernannt. Es gibt aber eine wesentlich größere Hürde: Bischöfe müssen mindestens fünf Jahren Priester gewesen sein. Dieses Amt aber ist in der katholischen Kirche Männern vorbehalten. Der Erzbischof von Lyon ist der oberste katholische Würdenträger Frankreichs. Natürlich bekam sie das Amt nicht – aber der Anspruch der Frauen auf mehr Einfluss in der katholischen Kirche war damit laut und deutlich formuliert.

Kiewer Patriarch nennt Russen „Brudermörder“

Scharfe Worte der ukrainisch-orthodoxen Kirche in Richtung Russland wegen der militärischen Konfrontation vor der Halbinsel Krim. Nun eskaliert nicht nur die Lage in der Politik, sondern auch die beiden Kirchen in der Ukraine und Russland beteiligen sich an der verbalen Aufrüstung. 

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Der Patriarch ruft zum Widerstand auf

„Ich erhebe wieder meine Stimme gegen die Brudermörder – die neuen Kains, die unsere Völker als Brüder bezeichnen und zu unserem Haus kamen, um Blut zu vergießen und uns zu versklaven“, protestierte der Kiewer Patriarch Filaret in einer schriftlichen Erklärung. „Kommt zur Vernunft und hört auf, Böses zu tun! Legt Euer Schwert nieder und geht zurück nach Hause!“

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Das Kirchenoberhaupt rief die Gläubigen auf, „für den Sieg und Frieden für die Ukraine“ zu beten. Gott solle die ukrainischen Soldaten segnen, die das Land gegen den „Aggressor“ verteidigten. Die Russische Föderation habe am Sonntag einen offenen Akt der Aggression gegen die Ukraine begangen. An der Meerenge von Kertsch hätten russische Grenzeinheiten drei ukrainische Kriegsschiffe gekapert und ukrainische Soldaten verletzt und gefangen genommen, so Filaret.

Moskau bricht mit Kiew

Mit diesen Aussagen gießt der Kiewer Patriarch weiteres Öl in das Feuer, das zwischen den beiden orthodoxen Kirchen schon seit Monaten lodert.

Im Oktober hatte im Streit um die kirchliche Hoheit über die Ukraine die russisch-orthodoxe Kirche den Bruch mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel vollzogen. Die eucharistische Gemeinschaft werde aufgekündigt, sagte der für die Außenbeziehungen zuständige Metropolit Hilarion.

Damit vertieft sich die Spaltung zwischen den wichtigsten Machtzentren der orthodoxen Christenheit. Priester beider Kirchen können keine gemeinsamen Gottesdienste mehr feiern, Gläubige der beiden Kirchen nicht mehr zusammen die Kommunion empfangen.

Machtkampf in der orthodoxen Kirche

Um die orthodoxen Christen in der Ukraine tobt ein Machtkampf zwischen den Kirchenzentren in Konstantinopel (Istanbul) und Moskau. Lange schwelte der Streit nur unter der Oberfläche, inzwischen kommt es zu offenen Feindseligkeiten. Auch die Regierungen mischen sich ein.

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Die Politik mischt sich ein

Die ukrainische Regierung verurteilte den vorläufigen Abbruch der Beziehungen der russisch-orthodoxen Kirche zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel scharf. Außenminister Pawel Klimkin bezichtigte die russische Kirche wegen ihres Bruchs mit dem Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, des Separatismus. „Es sieht so aus, als gebe es in der Weltorthodoxie echte Separatisten“, schrieb er auf Twitter.

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Der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos, versucht, alle Parteien zur Mäßigung aufzurufen. Er hoffe, „dass die Schwierigkeiten, die in den inner-orthodoxen Beziehungen aufgekommen sind, möglichst bald überwunden werden“, erklärte der griechisch-orthodoxe Theologe in Bonn.

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Der Grund des Kirchenstreits

Was war passiert? Die russisch-orthodoxe Kirche hat ihre Beziehungen zum Patriarchat von Konstantinopel unterbrochen. Anlass ist der Streit um die Zuständigkeit für die Ukraine. Doch die Ursachen des Konflikts liegen tiefer.

Der Grund für die Eskalation: Die russisch-orthodoxe Kirche wertet die jüngste Ernennung von zwei Exarchen für die Ukraine durch den Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., als „Kriegserklärung“ und hat ihrerseits „Sanktionen“ gegen Konstantinopel beschlossen. Auch wenn beide Seiten die Einheit der Orthodoxie beschwören, ist eine Lösung des Konflikts derzeit nicht zu erkennen.

Es geht nicht nur um die Macht in der Ukraine

Worum geht es? Vordergründig um die Oberhoheit für die Ukraine mit ihren rund 30 Millionen Mitgliedern in 12.000 Pfarreien, die in drei rivalisierende orthodoxe Kirchen gespalten sind. Für das Moskauer Patriarchat geht es dabei nicht nur um einen beträchtlichen Teil seiner auf 165 Millionen geschätzten Mitglieder, sondern auch um ihr historisches und spirituelles Zentrum. Das Patriarchat von Konstantinopel seinerseits versteht sich als „Mutterkirche“ Kiews und will durch die – nicht zuletzt von staatlicher Seite erbetene – Erklärung der Selbstständigkeit (Autokephalie) zur Überwindung des Schismas im Land beitragen.

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Ein Grundproblem der orthodoxen Kirche

Doch selbst eine Einigung in der Ukraine-Frage würde das Grundproblem der orthodoxen Kirche nicht lösen, das durch die Ungleichgewichte der 14 eigenständigen Landeskirchen und ihre ungeklärten Zuständigkeits- und Leitungsfragen entstanden ist. Formal scheint die Sache klar: Der Patriarch von Konstantinopel hat einen Ehrenprimat, aber keine rechtliche Vorrangstellung, und das oberste Organ ist ein panorthodoxes Konzil. Doch das Konzil von Kreta im Juni 2016 hat die Schwächen dieses Modells gezeigt. Trotz jahrzehntelanger Vorbereitung und detaillierter Absprachen vor Beginn boykottierten Moskau und drei andere Kirchen die Versammlung von Kreta und weigern sich bis heute, ihre Beschlüsse anzuerkennen.

Keiner gönnt dem anderen die Macht

Der jetzige harte Kurs von Bartholomaios I. in Sachen Ukraine dürfte auch ein Motiv in der damaligen Brüskierung durch seinen Moskauer Amtsbruder Kyrill I. haben. Dieser suchte erst am 31. August 2018 nach mehr als zweieinhalb Jahren wieder das persönliche Gespräch mit Bartholomaios, um den befürchteten Ukraine-Beschluss in letzter Minute abzuwenden. Das Treffen in Istanbul endete jedoch ohne offizielles Kommunique.

INFOBOX: Was ist die orthodoxe Kirche

Als orthodoxe Kirche wird die aus dem byzantinischen (Oströmischen) Reich hervorgegangene Kirchenfamilie bezeichnet. Sie besteht derzeit aus 14 selbstständigen („autokephalen“) Landeskirchen. „Orthodox“ war dabei zunächst keine eigene Konfessionsbezeichnung, sondern bedeutet auf Griechisch „rechtgläubig“. Trotz nationaler Unterschiede versteht sich die Orthodoxie in ihrem Bekenntnis und der Liturgie als eine einzige Kirche. Ehrenoberhaupt ist der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I. (78).

Die Vorrechte Konstantinopels wie die Gewährung der Autokephalie sind zum Teil umstritten. Der Patriarch hat anders als der Papst in der katholischen Kirche keinen Jurisdiktionsprimat. Über viele Fragen müssen die autokephalen orthodoxen Landeskirchen gemeinsam entscheiden. Dies sind: Konstantinopel, Antiochien, Alexandria, Jerusalem, Serbien, Bulgarien, Georgien, Zypern, Tschechien und die Slowakei, Albanien, Polen, Griechenland, Rumänien und Russland.

Die weltweit mehr als 220 Millionen orthodoxen Christen bilden nach Katholiken und Protestanten aller Denominationen die drittgrößte christliche Konfession. Von ihnen gehören die weitaus meisten (rund 165 Millionen) zur russisch-orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat).

Zu unterscheiden von den griechisch-orthodoxen Kirchen sind die orientalisch-orthodoxen (altorientalischen) Kirchen, etwa die koptische, die syrische und die armenische orthodoxe Kirche. Letztere trennten sich bereits zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert von der römischen Reichskirche.

In Deutschland leben laut Schätzungen etwa zwei Millionen orthodoxe Christen. Der 2010 gegründeten Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland gehören 16 Diözesan- und Weihbischöfe aus sieben orthodoxen Kirchen an. Vorsitzender ist der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos (80) mit Sitz in Bonn.

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Als Oberhaupt von mehr als der Hälfte aller orthodoxen Christen weltweit – ihre Zahl wird auf 220 Millionen geschätzt, andere Angaben reichen bis zu 300 Millionen – ist Kyrill offenbar nicht gewillt, sich dem am Bosporus residierenden Ehrenoberhaupt unterzuordnen. Dessen traditionelle Rolle als Primas der aus der Kirche des Oströmischen Reiches hervorgegangenen griechisch-orthodoxen Kirchenfamilie wird in der Gegenwart nicht nur durch die türkische Politik stark eingeschränkt.

Die Veränderungen durch die Migration

Auch hat die Migration in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass in der westlichen Welt zunehmend kirchliche Strukturen anderer orthodoxer Kirchen als die des Patriarchats von Konstantinopel entstanden sind. So steht nicht nur die Orthodoxie insgesamt, sondern gleich mehrere ihrer Kirchen in der Spannung zwischen Nationalkirche und Weltkirche.

Während Bartholomaios I. angesichts dessen die zentrale Rolle des Ökumenischen Patriarchats hervorhebt und stärken will, wirft ihm die Moskauer Kirchenleitung vor, „für die Orthodoxie fremde ekklesiologische Sichtweisen“ nach dem römisch-katholischen Modell zu vertreten. Mit dem damit verbundenen Häresie-Vorwurf wird der politische Gegensatz zugleich auf eine theologische Ebene gehoben.

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Es droht die Spaltung der Kirche

Die politischen Konflikte nicht nur in der Ukraine, sondern auch etwa in Nord-Mazedonien oder im Emirat Katar tangierten bislang zwar die kirchliche Gemeinschaft zwischen einzelnen Kirchen – etwa den Patriarchaten Jerusalem und Antiochia -, bezogen sich aber nicht auf Glaubensfragen. Die Drohung Moskaus, „die eucharistische Communio mit dem Patriarchat von Konstantinopel vollständig abzubrechen“, könnte nun den Beginn eines veritablen Schismas markieren – wobei sich beide Seiten gegenseitig die Schuld zuweisen.

1030 Jahre Kiewer Rus – ein Kirchen-Streit mit politischer Dimension

Großaufmarsch der Kirchenvertreter in Kiew. In Kiew – und auch in Moskau – haben zehntausende Menschen der Christianisierung des historischen Reichs der Kiewer Rus vor 1030 Jahren gedacht.

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Die Forderung nach Unabhängigkeit von Moskau

Angesichts des politischen Streits zwischen Russland und der Ukraine nutzte die Führung in Kiew das Jubiläum für die Forderung nach einer von Moskau losgelösten unabhängigen Landeskirche. „Die Autokephalie (kirchliche Unabhängigkeit) ist eine Frage der nationalen Sicherheit“, sagte Präsident Petro Poroschenko.

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Die Ukraine ist konfessionell vor allem zwischen dem Moskauer und dem in der orthodoxen Welt nicht anerkannten Kiewer Patriarchat gespalten. Die Russisch-Orthodoxe Kirche kritisiert die Pläne Kiews für eine unabhängige Kirche. Sie betrachtet die Ukraine als ihr kanonisches Territorium. Kiew hat den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomeos I., um Anerkennung ersucht. Die Beziehungen zwischen Moskau und Kiew sind wegen der russischen Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim 2014 und der anschließenden Unterstützung für ostukrainische Separatisten zerrüttet.

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In Moskau führten Präsident Wladimir Putin und der Russisch-Orthodoxe Patriarch Kirill eine Prozession von Zehntausenden Gläubigen zu einem Denkmal für Fürst Wladimir an. Fürst Wladimir hatte Ende des 10. Jahrhunderts von Kiew aus die Christianisierung seines Reiches eingeleitet. Putin bezeichnete die sogenannte Taufe der Rus als Ausgangspunkt für die russische Staatlichkeit. Kirchenoberhaupt Kirill betete zuvor bei einer Zeremonie im Kreml für Frieden in der Ukraine.

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Der letzte Zar – für viele Russen ein Heiliger

Vor 100 Jahren wurden der letzte russische Zar und seine Familie ermordet. Für die Kirche ist er schon ein Heiliger, doch er wird auch politisch verklärt.
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Verehrung für die Zarenfamilie

Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Kirill, hat in Jekaterinburg der Ermordung der Zarenfamilie vor 100 Jahren gedacht. Die Bluttat sei eine Mahnung zur Einheit, sagte der Patriarch zum Auftakt mehrtägiger Veranstaltungen der Agentur Tass zufolge. In der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 hatten die neuen kommunistischen Machthaber den gefangenen letzten Zaren Nikolaus II., seine Frau Alexandra Fjodorowna und ihre fünf Kinder erschossen.
„Das soll uns lehren, dass unser riesiger Vielvölkerstaat, unser Russland besonders am Frieden in einer Gesellschaft ohne Konflikte arbeiten muss“, sagte Kirill. Er leitete ein Gebet in der Kirche-auf-dem-Blut, die vor 15 Jahren an dem Tatort in der Stadt am Ural errichtet worden ist. „Die Verehrung der heiligen Märtyrer aus dem Zarenhaus hat in unserem gläubigen Volk rasch Wurzeln geschlagen“, sagte der Patrirach. Die russische Orthodoxie hat die Familie als Märtyrer heiliggesprochen. Zu den Gedenkfeiern werden etwa 100 000 Menschen erwartet.
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Die Kirche und ein angeschlossenes Museum in Jekaterinburg sind eine Pilgerstätte für Monarchisten. Sie sind in Russland zwar nur eine Randerscheinung. Aber die Verehrung des letzten Zaren gehört zur offiziellen Rückbesinnung auf russische und orthodoxe Werte.

Wegen seines Märtyrertods heilig gesprochen

Nach dem Ende der Sowjetunion hat die russisch-orthodoxe Kirche im Jahr 2000 den Zaren wegen seines Märtyrertods heilig gesprochen. Doch unter den Kuppeln der Blut-Kirche geht es um mehr als einen Heiligen. Die Kirche mit angeschlossenem Museum ist ein Wallfahrtsort für Monarchisten. Das ist zwar eine Randerscheinung der russischen Politik, doch im Verein mit der Amtskirche keine ganz unwichtige.
Russland wird unter Präsident Wladimir Putin absehbar eine Republik bleiben. Aber die Verklärung des ermordeten Zaren wird zugelassen. Sie gehört zur Rückbesinnung auf ein orthodoxes, eigenständiges und nicht mit dem Westen Europas verbundenes Russland. So weht neben der Kirche nicht die russische Trikolore, sondern die Flagge des verlorenen Zarenreichs: Schwarz-weiß-gelb mit Doppeladler.
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Das Bild der Historiker

Der Zar wird als mächtiger Mann verehrt, das deckt sich aber nicht mit dem Bild, das weltliche Historiker von dem letzten Zaren der Romanow-Dynastie haben. Für sie ist er eher eine tragische Figur der russischen Geschichte im 20. Jahrhundert.
Tatsache ist: Er war ein schwacher, zögerlicher Herrscher, dessen Reich sich rasch modernisierte, der aber starr an der Selbstherrschaft festhielt. In der Februarrevolution 1917 musste Nikolaus II. abdanken. Die Familie wurde nach Tobolsk in Sibirien verbannt. Mit der Oktoberrevolution 1917 fielen sie in die Hände ihrer ärgsten Gegner, der Bolschewiki um ihren Anführer Lenin. Die Gefangenen wurden nach Jekaterinburg verschleppt und im Haus des Ingenieurs Nikolai Ipatjew eingesperrt – und ermordet.

Der Zar musste sterben

Der Mord am Zaren war ein Zeichen brutaler Entschlossenheit der Bolschewiki in einer Situation, die für sie bedrohlich war. Sie fürchteten im Bürgerkrieg eine Befreiung der Familie durch weiße Truppen, die auf die rot regierte Stadt vorrückten.