Der AfD-Chef bestreitet, dass er mit seiner Aktion „Weckruf 2015 die Partei spalten will. ihm gehe es vielmehr um die Einheit der Partei, betont er bei einem Gespräch in Straßburg. Für seine Stragegie, den national-konservativen Flügel zu isolieren erntet allerdings selbst bei seinen Unterstützen einige Kritik.

Bernd Lucke und seine Mitstreiter in Straßburg
Bernd Lucke bläst zum Kampf. Der Parteichef weiß, dass es sein letztes politisches Gefecht um die Vormacht in der AfD sein könnte. In Straßburg hat er deshalb am Dienstag seine prominenten Mitstreiter versammelt, um noch einmal öffentlich die eigenen Positionen abzustecken. Der Ex-Manager Hans-Olaf Henkel sitzt da in den holzgetäfelten Räumen der Europäischen Parlamentarischen Gesellschaft, einem herrschaftlichen Gebäude in der Allee de la Robertsau. Joachim Starbatty ist natürlich dabei, emeritierte Professor für Volkswirtschaftslehre und einer der profiliertesten Euro-Kritiker. Neben ihm sitzt Bernd Kölmel AfD-Landeschef in Baden-Württemberg, der langsam mit dem Wahlkampf für die Landtagswahl im kommenden Jahr beginnen sollte und bald vielleicht ohne Partei dasteht.
Ein Auftritt mit Drama-Faktor
Lucke, von persönlichen Naturell her eher der spröde Politikertyp, erlaubte sich bei dem Auftritt in Straßburg sogar eine gewisse Dramatik. In dem innerparteilichen Streit gehe es „um das Überleben der AfD“, formuliert der Mann, der sein politisches Lebenswerk in Gefahr sieht. Schon aus diesem Grund weißt er jede selbstzerstörerische Absicht weit von sich. Immer wieder betonte Lucke, dass er weder die Gründung einer neuen Partei plane, noch betreibe er eine Initiative zum Massenaustritt aus der AfD. Dass er seine Anhänger in dem neu gegründeten Verein „Weckruf 2015“ sammeln will, sei lediglich „der Versuch, die AfD zu retten“.
Die Fronten sind verhärtet
Das dürfte allerdings schwierig werden, denn die Fronten der beiden Lager stehen sich offensichtlich unversöhnlich gegenüber. Auf der einen Seite steht der wirtschaftsliberale Flügel um Parteichef Lucke, der die AfD „als das erhalten will, als was sie vor zwei Jahren gegründet worden ist“. Auf er anderen Seite sind seine national-koservativen Gegner, die nach Luckes Auffassung auf der Jagd nach Stimmen die Idee der Partei gefährlich verwässern wollen und auch nicht davor zurückschrecken, im rechtspopulistischen Sumpf zu fischen.
Eine AfD ohne Wutbürger
Lucke weiß ganz genau, was er nicht will: Eine AfD, in der die Wutbürger am Ende das Sagen hätten. „Das ist nicht die AfD, die wir gegründet haben“, sagt der Parteivorsitzende in Straßburg, „die AfD war immer eine Partei aus der Mitte der Gesellschaft, in der Bürger sachlich und vernunftsorientiert Lösungsvorschläge diskutiert haben.“
Der „Weckruf 2015“
Um den rechten Flügel der Partei zu isolieren, schlägt Lucke mit dem „Weckruf 2015“ eine sehr riskante Strategie ein. In den neuen Verein sollten nach dem Willen des Parteivorsitzenden alle jene AfD-Mitglieder eintreten, die seinem Kurs folgen wollen. Auf diese Weise will Lucke ausloten, wie groß sein Rückhalt ist. „Viele der normalen Mitglieder hätten noch gar nicht verstanden, wie ernst die Lage wirklich ist“, glaubt er. Diese gelte es nun zu mobilisieren. Aus Parteikreisen verlautete am Dienstag, dass binnen zwölf Stunden mehr als tausend AfD-Mitglieder dem Aufruf zum Beitritt gefolgt seien. Aber selbst im eigenen Flügel ist dieser Weg nicht unumstritten. Viele der moderaten Mitglieder würden durch diesen Konfrontationskurs Bernd Luckes nur noch weiter aus der Partei getrieben, heißt es hinter vorgehaltener Hand.
Spott für den Parteichef
Zudem wird vermutet, dass Lucke – trotz aller Lippenbekenntnisse – sich mit den Vereinsmitgliedern von der AfD abspalten könnte, sollte er auf dem nächsten Parteitag im Juni seine Position nicht durchsetzten können. Der Co-Vorsitzende der AfD, Konrad Adam, reagierte mit Spott in der „Bild“-Zeitung: „Der Name ‚Weckruf 2015‘ ist wirklich kurios. Er erinnert an die Zeugen Jehovas oder an die Heilsarmee mit ihren Zeitschriften wie ‚Erwachet‘.“ Bernd Lucke und seine wirtschafts-liberalen Mitstreiter scheinen solche rüden Attacken inzwischen reichlich satt zu haben. Er sei im Wahlkampf von seinen politischen Gegnern immer wieder wüst beschimpft worden, sagt dazu Hans-Olaf Henkel, „aber was ich zuletzt an Angriffen aus der eigenen Partei erleben musste, ist damit nicht zu vergleichen“.
Trotz der politischen Flügelkämpfe und persönlichen Beleidigungen sieht Lucke noch die Chance auf eine Einigung mit dem national-konservativen Lager – selbst mit seiner Hauptwidersacherin und Co-Vorsitzenden Frauke Petry. „Ich hoffe, dass es in Kürze zu einem Gespräch mit Frau Petry kommt“, sagt Bernd Lucke in Straßburg. Da die AfD nur geschlossen überleben könne, so sein Fazit, sei eine Einigung natürlich auch in ihrem Interesse. Es gibt allerdings auch Zweifler, die nicht daran glauben, dass Frauke Petry ebenso rational denkt.
Hier ist der Link zu der Geschichte in der Stuttgarter Zeitung