Polens Premier spricht von „jüdischen Tätern“ – ein bisschen

Die polnische Regierung hat einen – gelinde gesagt – irritierenden Blick auf die Geschichte.  Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit Bezug auf das umstrittene polnische Holocaust-Gesetz, in der NS-Zeit habe es neben deutschen auch polnische, russische, ukrainische und „jüdische Täter“ gegeben.

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18.02.20-polen-mora

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Großes Entsetzen in Israel

Das Entsetzen ist vor allem in Israel groß. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die Bemerkung als „empörend“. Netanjahu, der ebenfalls an der Sicherheitskonferenz teilnahm, bescheinigte Morawiecki eine „Unfähigkeit, Geschichte zu verstehen“ und ein „mangelndes Gefühl für die Tragödie unseres Volkes“.

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Relativierung aus Polen

Inzwischen hat man sogar in Warschau verstanden, dass die Aussagen Morawieckis verstörend waren. Auf der Homepage der polnischen Regierung erschien am Sonntag eine als „Stellungnahme des Regierungssprechers“ betitelte Erläuterung in polnischer und englischer Sprache. Morawiecki habe „keinesfalls beabsichtigt, jüdischen Holocaust-Opfern eine Verantwortung für den von deutschen Nazis begangenen Völkermord vorzuwerfen“, heißt es darin. Im Gegenteil habe Morawiecki die Leugnung des Holocausts ebenso wie jede Form von Antisemitismus entschieden abgelehnt. Polen wolle mit Israel weiterhin im vertrauensvollen Dialog bleiben, wird betont.

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Oświadczenie Rzecznika Rządu

 Głos Premiera Mateusza Morawieckiego w dyskusji w Monachium w najmniejszym nawet stopniu nie służył negowaniu Holokaustu ani obciążaniu Żydowskich Ofiar jakąkolwiek odpowiedzialnością za niemieckie ludobójstwo.
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Die am Sonntag veröffentlichte Stellungnahme geht aber nicht direkt auf jene Formulierung des polnischen Regierungschefs ein, die Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am meisten empört hatte.

Ein Kranz für eine zweifelhafte Truppe

In München hat der polnischer Premier Morawiecki  auch Blumen am Grab von Soldaten der NSZ-Heiligkreuz-Brigade in München niedergelegt. Die Angehörigen der im September 1942 gegründeten »Nationalen Streitkräfte« (NSZ) hätten sich im Kampf gegen Nazi-Deutschland „um die Republik verdient gemacht“, heißt es in der Resolution des Parlaments in Warschau zu deren 75. Gründungsjubiläum.

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Doch hat der NSZ hat auch sehr dunkle Seiten. Viele Mitglieder stammten offensichtlich aus dubiosen nationalistischen Kreisen. die für ein autoritäres, ethnisch gesäubertes Polen mit katholischer Staatsreligion eintraten.

NSZ- und NZW-Einheiten sind für zahlreiche Übergriffe auf nationale Minderheiten während und nach dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich. Dazu gehören etwa die sogenannten „Eisenbahnaktionen“. Dabei handelte es sich um Überfälle auf Züge mit Repatrianten aus der Sowjetunion, bei denen gezielt jüdische Polen ermordet wurden. Auch Überfälle auf von orthodoxen Christen bewohnte Dörfer im Nordosten Polens mit zahlreichen zivilen Opfern sind dokumentiert.

Polen und Ungarn – eine zerbrechliche Partnerschaft

Es geht natürlich um Flüchtlinge – und ums Geld. Der neue nationalkonservative polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat bei seinem ersten Auslandsbesuch in Budapest die Bedeutung der Visegrad-Staaten für die EU hervorgehoben. „Wir wollen mehr zu sagen haben“, sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbanin Budapest auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem polnischen Kollegen. „Denn diese Länder haben eine Vision der Zukunft Europas.“ Die Frage ist, ob alle diese Länder wirklich dieselbe Vision haben.

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Von Victor Orban enttäuscht

Viele Polen zeigten sich nach dem Besuch ihre Premiers in Ungarn enttäuscht. Orban stand an der Seite von Morawiecki, redete viel und sagte doch den entscheidenden Satz nicht. Es wurde nicht klar, ob er auf jeden Fall sein Veto einlegen wird, wenn die EU gegen Polen vorgehen wird. Auf der Pressekonferenz hat er den Artikel 7 der EU-Verträge nicht einmal erwähnt, dabei war es das einzige Stichwort, auf das alle gewartet haben.

Polen setzt auf das Prinzip Hoffnung

Die Polen müssen also auf das Prinzip Hoffnung setzen. Sie glauben ganz fest daran, dass Orban sich gegen die Sanktionen sperren wird. Aber schon der mögliche Grund für einen solchen Schritt wäre nicht Solidarität mit Polen, sondern reiner Egoismus. Denn Budapest könnte sich eines Tages in einer ähnlichen Situation wiederfinden wie Warschau.
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Diese Haltung wirft einige Fragen auf. Vor allem in Warschau sollten sich die Verantwortlichen bei der Gelegenheit überlegen, was Polen und Ungarn eint und ob ihre langfristigen Interessen die gleichen sind. Da sind etwa die Fragen der Sicherheit. Die Positionen sind dort verschieden und sogar gegensätzlich – da reicht ein Blick auf die grundsätzlich verschiedenen Einschätzungen in Sachen Russland. .

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Gemeinsame Haltung in Sachen Geld

Gemeinsam ist beiden Ländern allerdings wieder die Haltung, wenn es ums Geld geht. Die Visegrad-Länder planen eine gemeinsame Front in den anstehenden Verhandlungen über den nächsten Sieben-Jahres-Haushalt der EU. Die früheren Ostblockstaaten sind alle Nettoempfänger, wobei Polen am meisten Mittel aus den EU-Fonds bezieht. Dagegen wollen wohlhabendere Staaten wie Deutschland den Deckel auf den Ausgaben halten und haben dabei vor allem den für 2019 geplanten Austritt des Nettozahlers Großbritannien im Blick.

Diese Haltung lässt wiederum tief blicken, welche Vorstellung die Staaten Osteuropas von Europa haben. Sich gegen die EU zu stemmen, keine Flüchtlinge zu nehmen und gleichzeitig weiter hohe Summen aus den Fonds einzufordern passt nicht wirklich zusammen.
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