Nadja Sawtschenko – eine Heldin im Gefängnis

Die Vorwürfe klingen verwegen. Die ehemaligen Kampfpilotin Nadja Sawtschenko soll in der Ukraine einen Umsturz geplant haben. Das ukrainische Parlament hat der Abgeordneten nun die Immunität aberkannt.

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„Terrorakt im großen Maßstab“

Der Generalstaatsanwalt Juri Luzenko sagte, die Oppositionspolitikerin habe einen „Terrorakt im großen Maßstab“ im Zentrum der Hauptstadt Kiew geplant. Zu diesem Zweck habe sie eine Vereinbarung mit prorussischen Anführern der beiden selbsternannten abtrünnigen Volksrepubliken in der Ostukraine getroffen. Demnach sollten für den geplanten Angriff Granatwerfer, Kleinwaffen, Scharfschützengewehre und Kampfgranaten geliefert werden. Im Zentrum von Kiew hätte es bei Umsetzung des Plans zur „Auslöschung“ der ukrainischen Führung einschließlich des Staatschefs Petro Poroschenko ein „Meer von Blut und Chaos“ gegeben.

Der Fall der einstigen Heldin

Nach Luzenkos Ausführungen stimmten 268 Abgeordnete für die Aufhebung von Sawtschenkos Immunität, zehn stimmten dagegen. Die Abgeordneten votierten in zwei weiteren Abstimmungen für ihre Festnahme und Verbringung in Untersuchungshaft. Wenig später wurde sie ins Gefängnis gebracht, wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte.

Zu dem Thema kommentiert „Ukrajina Moloda“:

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„Indem sie Nadija verhaftet hat, schafft sich die Staatsmacht eine ernsthafte politische Konkurrentin. Denn so ist unsere Mentalität: Wir hören gerne auf die, die hinter Gittern sitzen. Zumindest gewannen [der Generalstaatsanwalt] Jurij Luzenko und [die frühere Ministerpräsidentin] Julia Timoschenko durch ihre Haft an politischem Gewicht hinzu. Und angesichts der scharfen Zunge Sawtschenkos und ihres kämpferischen Charakters könnte man mit ihr in einem Jahr einen zusätzlichen Kandidaten für die Präsidentschaft bekommen.“

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Die von ukrainischen Nationalisten einst als Heldin gefeierte Frau ist seit einiger Zeit stark umstritten und sorgte immer wieder für Kontroversen. Sie machte die Regierung in Kiew für den Konflikt mit den prorussischen Rebellen im Osten des Landes verantwortlich und traf Anführer der Volksrepubliken Donezk und Luhansk, um über die Freilassung ukrainischer Gefangener zu verhandeln.

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Zu 22 Jahren Haft verurteilt

Die 36-jährige ehemalige Soldatin war 2014 in Russland festgenommen und zu 22 Jahren Haft verurteilt worden, weil sie in der umkämpften Ostukraine für den Tod von zwei russischen Journalisten mitverantwortlich gewesen sein soll. Im Mai 2016 kam sie nach mehreren Hungerstreiks im Austausch gegen zwei Russen frei und kehrte in die Ukraine zurück, wo sie eine politische Karriere startete. Sawtschenko gehört der Partei der ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko an.

Vom Pilotensitz in die Politik

Nadja Sawtschenko hat Großes vor. Die ukrainische Kampfpilotin wolle Präsidentin werden, hat sie vor einigen Wochen schon gesagt. Doch zuerst will sie nun eine Basis für ihren Marsch durch die Politik legen.   

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Sawtschenko im ukrainischen Parlament

Erst eine Bewegung, dann eine Partei

Die ukrainische Kampfpilotin Nadja Sawtschenko hat eine eigene Oppostionsbewegung gegründet. Damit wolle sie „das ukrainische Volk reformieren und das System ändern und einen wahren Wandel“ herbeiführen, sagte die 35-Jährige vor Journalisten im westukrainischen Lemberg (Lwiw). Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen sei, solle aus der „Bewegung des aktiven Volks der Ukraine“ (Runa) eine Partei werden.

Damit wächst die Liste der Bewegungen an, die sich gegen die als korrupt geltende prowestliche Regierung unter Präsident Petro Poroschenko stellt. Michail Saakaschwili, ehemaliger Präsident der einstigen Sowjetrepublik Georgien und kurzzeitiger Gouverneur der ukrainischen Region Odessa, hat ebenfalls eine Bewegung gegründet, um Poroschenko zu stürzen und vorgezogene Neuwahlen durchzusetzen.

Die Ukraine in der Krise

Die Unterstützung für die Regierung in Kiew ist gering. Der Konflikt im Osten der Ukraine mit fast 10.000 Toten und eine tiefe Wirtschaftskrise haben das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung aufgezehrt. Sie traut ihr nicht zu, die von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderten Reformen umzusetzen.

Die Kampfpilotin Sawtschenko war im Mai durch einen Gefangenenaustausch aus russischer Haft freigekommen. Sie war im März in Russland zu 22 Jahren Haft verurteilt worden, weil sie im Juni 2014 in der umkämpften Ostukraine für den Tod von zwei russischen Journalisten mitverantwortlich gewesen sein soll. Ende Mai wurde sie im Austausch für zwei Russen freigelassen.

Hier geht es zu einem Interview mit Sawtschenko