Wegen sinkender Corona-Infektionszahlen in Frankreich hebt die Bundesregierung die Reisewarnung für einzelne Regionen des Nachbarlandes wieder auf. Die Bretagne im Nordwesten des Festlandes und die Insel Korsika werden ab Sonntag nicht mehr als Risikogebiete geführt, wie das Robert Koch-Institut mitteilte. Das gilt auch für die französischen Überseegebiete Guadeloupe und Martinique in der Karibik sowie Réunion im Indischen Ozean.
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Die Entwicklung der Corona-Zahlen in Frankreich
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Was bedeutet Risikogebiet?
Die Einstufung als Risikogebiet und die damit automatisch verbundenen Reisewarnungen des Auswärtigen Amts bedeuten zwar kein Reiseverbot, sollen aber eine möglichst große abschreckende Wirkung auf Touristen haben. Das Gute für Urlauber: Sie können bereits gebuchte Reisen stornieren, wenn ihr Ziel zum Risikogebiet erklärt wird. Rückkehrer aus den Risikogebieten müssen aber bis zu zehn Tage in Quarantäne, können sich davon allerdings durch einen negativen Test ab dem fünften Tag nach Einreise vorzeitig befreien lassen.
Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt, wenn ein Land oder eine Region den Grenzwert von 50 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschreitet. Ganz Deutschland ist nach diesen Kriterien wie die meisten anderen europäischen Länder Risikogebiet.
Großes Lob für Frankreich
Frankreich wurde von der ersten und auch der zweiten Corona-Welle hart getroffen. Nach drastischen Gegenmaßnahmen sind die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen aber wieder stark gesunken. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte den harten Lockdown in Frankreich am Donnerstag ausdrücklich gelobt. „Dieses Mal hat Frankreich alles richtig gemacht und eindrucksvolle Erfolge erzielt, während in Deutschland die Dynamik der zweiten Welle leider immer noch nicht gebrochen ist“, sagte er dem „Handelsblatt“ sowie der französischen Zeitung „Les Échos“.
„Selbst wenn alle Werte auf hohem Niveau bleiben, legt ihre Auswertung nahe, dass der epidemische Höhepunkt der zweiten Welle überschritten ist.“
Gesundheitsbehörde Santé publique
Die Gründe für die sich andeutende Entspannung wurden von der Behörde auch nachgeliefert. Offensichtlich hätten die abendlichen Ausgangssperren in Großstädten wie Paris oder Lyon seit Mitte Oktober und der vor drei Wochen verhängte landesweite Lockdown eine „direkte Wirkung“ gehabt.
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« Même si les indicateurs restent à des niveaux élevés », le pic de la seconde vague de l'épidémie de Covid-19 a vraisemblablement été franchi, a indiqué Santé publique France, qui appelle toutefois à maintenir les « mesures de prévention » https://t.co/5Y8Eub4wNm
Erstmals seit einigen Wochen habe sich die Zahl der Todesfälle „stabilisiert“, hieß es. Zuletzt starben demnach innerhalb einer Woche gut 3750 Menschen an oder mit dem neuartigen Coronavirus – das war erstmals seit August ein Rückgang im Vergleich zur Vorwoche. Insgesamt wurden in Frankreich mittlerweile mehr als 47.000 Todesfälle gezählt.
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Ces derniers jours, les indicateurs s’améliorent, mais la pression exercée par l’épidémie sur notre système de santé et sur nos hôpitaux reste extrêmement forte. Restons vigilants. Ensemble, nous vaincrons la #COVID19 ! pic.twitter.com/Ysb7AcaHYO
Zum ersten Mal seit Beginn der zweiten Welle seien auch die Krankenhaus-Einweisungen rückläufig, hieß es weiter. Zuletzt wurden in einer Woche knapp 17.400 Menschen ins Krankenhaus und gut 2700 auf Intensivstationen eingeliefert.
Dennoch will die Regierung vorerst an ihren strikten Maßnahmen festhalten. „Die Ausgangsbeschränkungen sind nicht beendet“, erklärte Gesundheitsminister Olivier Véran am Donnerstagabend. Die Regierung verweist darauf, dass die Intensivstationen immer noch zu rund 94 Prozent mit Corona-Patienten belegt sind.
Corona-Lockerung vor Weihnachten?
Allerdings prüft das Kabinett erste Lockerungen vor Weihnachten. Im Gespräch ist eine teilweise Öffnung der Geschäfte. Viele Franzosen hoffen zudem, ihre Familien zu Weihnachten besuchen zu können. Derzeit sind Reisen weitgehend untersagt, und auch das Verlassen der Wohnung ist nur aus triftigen Gründen erlaubt.
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Les mesures de confinement commencent à produire leurs effets. Ne relâchons pas nos efforts. C’est l’indispensable amélioration de la situation sanitaire qui nous permettra, avec des protocoles adaptés, d’aborder la réouverture des commerces. pic.twitter.com/kt8VXI1M6y
Auch Frankreichs Regierungschef Jean Castex sieht das Land „auf einem guten Weg“ zu einer ersten Lockerung des Corona-Lockdowns. Wenn sich die Gesundheitslage weiter verbessere, könnten kleine Geschäfte „um den 1. Dezember herum“ wieder öffnen, sagte der Premierminister am Freitag bei einem Besuch in der bretonischen Gemeinde Crozon.
Die Crona-Pandemie breitet sich in Frankreich weiter schnell aus. Nun geraten die ersten Krankenhäuser unter Druck. Aus diesem Grund sollen französische Intensiv-Patienten nach Deutschland verlegt werden.
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Die Grafik zeigt die Regionen, in denen nun mehr Corona-Patienten in Krankenhäusern versorgt werden müssen als noch während der ersten Welle
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Die Corona-Welle ebbt nicht ab
Die Welle ebbt nicht ab und der „Druck ist in einigen Gebieten sehr stark“, erklärte Frédéric Valletoux, Präsident des französischen Krankenhausverbandes FHF während einer Video-Konferenz. Betroffen seien vor allem die Regionen Auvergne-Rhône-Alpes und Hauts-de-France. „Transfers in andere Regionen, sogar in andere Länder, werden dazu beitragen, diesen Druck zu verringern, und sind manchmal unerlässlich“, fügte Frédéric Valletou hinzu. Im Frühjahr hatten Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und andere deutsche Bundesländer insgesamt rund 130 französische Corona-Patienten aufgenommen.
Was Jean Emmanuel de la Coussaye, Leiter Notfallmedizin und krisenmedizinischer Direktor an der CHU de Nîmes, auffällt ist, dass auch das Durchschnittsalter der Patienten im Vergleich zur ersten Welle gesunken ist. „Das Profil der intubierten Patienten hat sich geändert und sie werden immer jünger. Wir haben viele junge Erwachsene zwischen 35 und 55 Jahren “, sagt er und fügt hinzu, dass seine Teams jetzt besser ausgebildet sind, um diese Covid-Patienten zu versorgen.
Die Grafik zeigt, in welchen Regionen die Zahl der reanimierten Patienten höher ist als noch während der ersten Welle.
Bald an der Belastungsgrenze
Die französische Regierung und Gesundheitsexperten erwarten, dass die Krankenhäuser bis Mitte November wieder an ihre Belastungsgrenzen stoßen. Zuletzt wurden gut 3700 Corona-Intensivpatienten in den öffentlichen Kliniken behandelt. Bis Montagabend wurden dort 416 neue Todesfälle registriert, die Gesamtzahl seit Beginn der Pandemie stieg damit auf 37.435. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen stieg auf einen neuen Höchststand von 52.518.
Die Auswirkungen der Corona-Krise werden in Frankreich immer deutlicher. Inzwischen droht dem Land wegen der strengen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ein Rückfall in die Rezession.
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Schlechte Zeiten für die französische Wirtschaft
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Minister rechnet mit einer Rezession
Finanzminister Bruno Le Maire redet nicht um den heißen Brei herum. Das Bruttoinlandsprodukt werde im laufenden vierten Quartal voraussichtlich schrumpfen, sagte der Politiker während eines Interviews beim Sender „Radio Europe 1“. Er rechnete vor, das allein die jüngst ergriffenen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie rund zwei Milliarden Euro kosten würden. Das habe natürlich gravierende Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaftssituation. „Wir werden wahrscheinlich im letzten Quartal des Jahres ein negatives Wachstum verzeichnen“, sagte Le Maire – der aber bereits das Licht am Ende des Tunnels sieht. Er rechnet sehr schnell mit einer deutlichen Erholung der Wirtschaft. „Im Jahr 2021 wird es einen starken Aufschwung geben“, sagte der Wirtschaftsminister.
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Le couvre-feu étendu aura un coût global "d'un peu plus de 2 milliards d’euros", indique Bruno Le Maire https://t.co/uAF4VFkqYH
Begleitet wird diese Aussage von den neusten Hiobsbotschaften in Sachen Corona. Noch immer breitet sich das Virus in Frankreich stark aus. Das Gesundheitsministerium meldete am Donnerstagabend mit 41.622 Neuinfektionen einen neuen Tageshöchstwert. Die Regierung weitete die Ausgangssperren auf weitere Teile des Landes aus. Damit dürfen rund 46 Millionen der insgesamt 67 Millionen Einwohner ihre Häuser zwischen 21 Uhr und sechs Uhr nicht mehr verlassen.
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#COVID19 | La progression de l’épidémie nous conduit à étendre les mesures de couvre-feu à 38 nouveaux départements et une collectivité d’Outre-mer. Dans ces territoires, le couvre-feu s’appliquera de 21h à 6h. Ces règles entreront en vigueur à compter de vendredi minuit. pic.twitter.com/dZwhPZGJuf
In Frankreich sitzt noch immer der Schock der ersten Corona-Welle sehr tief. Damals dauerte der Lockdown 55 Tage und legte das Land praktisch lahm. Das Bruttoinlandsprodukt war im Frühjahr um 13,8 Prozent zum Vorquartal eingebrochen. Zum Vergleich: Die deutsche Wirtschaft schrumpfte mit 9,7 Prozent deutlich weniger. Im Sommer dürfte die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft um 15 Prozent gewachsen sein, heißt es aus Kreisen von Wirtschaftswissenschaftlern.
Die Tageszeitung „Le Parisien“ kommentiert die aktuelle Situation mit dramatischen Worten.
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„Die Statistiken sind unmissverständlich. Wenn die (nächtlichen) Ausgangsbeschränkungen nicht deutlich Wirkung zeigen, steuern wir unumgänglich auf eine Überfüllung der Krankenhäuser zu. Gestern wurde die (nächtliche) Ausgangssperre auf 38 Départements ausgeweitet. (…) Ein erneuter Lockdown wäre nicht zwangsläufig landesweit, sondern lokal wie in Deutschland, Spanien oder Italien. Die nächste Stufe wäre dann ein landesweiter Lockdown. Das wäre für alle eine wirtschaftliche Katastrophe: Privatpersonen, Selbstständige, Unternehmen und den Staat.“
Kommentar aus „Le Parisien“
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Und hier noch eine gute Sache aus der Tageszeitung „Le Parisien“. Hier kann man genau nachsehen, wie hoch die Infektionsrate in der eigenen Stadt ist. Die Sache ist etwas lieblos dargestellt, aber der Link erfüllt sehr gut seine Funktion. Hier entlang:
Die Entwicklung in Sachen Corona läuft in Frankreich sehr schlecht. Die Zahl der neuen Infektionen steigt. Aus diesem Grund werden weitere Départements in „Alarmbereitschaft“ versetzt.
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So viele Départements sind im Moment in „Corona-Alarmbereitschaft“ – die Zahl wird sich in diesen Tagen weiter erhöhen.
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Regierungssprecher Gabriel Attal erklärte während seiner Pressekonferenz im Anschluss an die Tagung des Ministerrates, dass die Regierung diese Änderungen am Donnerstag, 22. Oktober, während der Pressekonferenz unter der Leitung von Premier Jean Castex bekannt geben werde.
„Ich kann Ihnen von der Pressekonferenz morgen erzählen. Es wird verkündet werden, dass eine bestimmten Anzahl von Départements in Alarmberitschaft hochgestuft werden. Das heißt, dass es dort zu Ausgangssperren kommen wird.“
Regierungssprecher Gabriel Attal
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Frankreich will zudem wegen der sich verschärfenden Coronavirus-Pandemie den Gesundheits-Notstand bis zum 16. Februar des kommenden Jahres verlängern. Dem Ministerrat wurde am Mittwoch bereits ein Gesetzesentwurf vorgelegt. Danach beabsichtigt die Regierung auch, Maßnahmen ergreifen zu können, um die Bewegung, Versammlungen oder die Eröffnung von Einrichtungen mindestens bis zum 1. April 2021 in ganz Frankreich oder auch einzelnen Regionen je nach epidemischer Situation einzuschränken.
Und hier erzählt ein Arzt, der ganz vorne an der Corona-Front steht:
#COVID19 | Chef du service de réanimation médicale et toxicologique à l’hôpital Lariboisière, le Pr Bruno Megarbane est en première ligne face à la COVID-19.
Il nous explique l'intérêt du couvre-feu et les effets attendus sur notre système de santé. ⤵️ pic.twitter.com/Bpdcz4ttkE
In der Corona-Krise greift Präsident Macron zu harten Maßnahmen. Die Krankenhäuser kommen an ihre Belastungsgrenzen.
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Die Wirte sehen sich als Opfer
Die Wut bei Frankreichs Wirten ist riesig. „Wir sind am Ende unserer Kräfte, wir können das nicht mehr“, sagte Didier Chenet, Präsident des Hotel- und Gastroverbands GNI. Der Zorn der Gastronomen richtet sich gegen den Präsidenten Emmanuel Macron. Der hatte wegen massiv ansteigenden Corona-Zahlen nächtliche Ausgangssperren angekündigt. Das seien Maßnahmen zur Abschreckung der Menschen, erregte sich Chenet am Donnerstag im Sender Franceinfo, aber den Preis dafür müssten die Wirte bezahlen. Deshalb verlangt er massive Hilfen vom Staat.
Beschränkungen treffen die Großstädte
Die Einschränkungen treffen vor allem die Großstädte. In Paris und in den Ballungsräumen von Grenoble, Lille, Lyon, Marseille, Rouen, Saint-Etienne und Toulouse dürfen die Bürger ab diesem Wochenende das Haus zwischen 21 Uhr abends und sechs Uhr morgens nur noch in Ausnahmefällen verlassen, wie Macron im Fernsehen ankündigte. Auf Reisebeschränkungen innerhalb des Landes, wie sie in Deutschland für heftigen Streit gesorgt hatten, verzichtet Frankreich dagegen. Nicht das Reisen sei das Problem, sondern die großen Ansammlungen von Menschen.
Hier die Liste der betroffenen Städte mit Links zu mehr Infos:
#COVID19 | J’entends dire que la bonne réponse aurait été de créer massivement des lits supplémentaires en réanimation plutôt que de prendre des mesures de freinage de l’épidémie. C’est doublement faux : pic.twitter.com/Wv6DFEn4Hv
Am Donnerstag rechtfertigte Regierungschef Jean Castex das Durchgreifen. „Die zweite Welle der Pandemie ist da“, sagte er. Seit zehn Tagen gebe es eine „plötzliche und spektakuläre Beschleunigung“. Der Mitte-Rechtspolitiker machte deutlich, dass einige neue Beschränkungen für das ganze Land gelten. So sind private Feiern wie beispielsweise Hochzeiten in Festsälen oder anderen öffentlichen Orten nicht mehr erlaubt. Zur Überwachung der Ausgangssperren in den Metropolen sollen rund 12.000 Polizisten eingesetzt werden.
Macron macht auf Optimismus
War Präsident Emmanuel Macron während der ersten Corona-Welle vor allem durch seine Kriegsrhetorik aufgefallen, versucht er nun, Optimismus auszustrahlen. „Wir haben nicht die Kontrolle über die Epidemie verloren“, sagte er im Fernsehen Aus diesem Grund sei es nicht sinnvoll, einen Lockdown über das ganze Land zu verhängen, wie es im Frühjahr der Fall war. „Aber wir sind in einer Phase, in der wir nun entschieden agieren müssen“, sagte Macron und fügte dann hinzu: „Wir schaffen das.“
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C'est dur d'avoir 20 ans en 2020. Je sais les efforts que nous demandons aux jeunes. pic.twitter.com/S3HFcJ0N3n
Der Staatschef versuchte die Maßnahmen auch mit einem Hinweis auf Deutschland zu rechtfertigen. „Deutschland greift schon jetzt zu ähnlichen Maßnahmen“, sagte er unter Verweis auf die geplanten Sperrstunden für die Gastronomie in Berlin und anderen Städten – dabei seien die Infektionszahlen dort noch deutlich niedriger.
Sehr schlechte Zahlen in Paris
Vor allem in Paris hatte sich die Lage zuletzt massiv verschlechtert. Die Zahl der Neuansteckungen stieg laut den Gesundheitsbehörden auf 422 pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche – mehr als das Achtfache des Warnwerts von 50, der in Berlin und anderen deutschen Städten zuletzt überschritten wurde. Bei jungen Menschen zwischen 20 und 30 Jahren liegt die sogenannte Inzidenz sogar bei 800. Große Besorgnis ruft hervor, dass in den Kliniken in Paris bereits fast die Hälfte der Intensivbetten mit Corona-Kranken belegt sind, bis Monatsende könnten es 90 Prozent sein. Frankreich ist mit fast 33.000 Corona-Todesfällen nach absoluten Zahlen eines der am stärksten betroffenen Länder in Europa.
Ces règles destinées à lutter contre la #COVID19 doivent bien entendu s’appliquer avec bon sens. Comme pendant le confinement, certains déplacements resteront autorisés : pic.twitter.com/57IEh05GTz
Angesichts der steigenden Zahlen könnte auch das bisher relativ verschonte Grenzgebiet zu Deutschland Probleme bekommen. Es wird berichtet, dass das Robert-Koch-Institut ab Freitag auch die Region Grand Est als „Risikogebiet“ einstufen könnte. Damit wäre wieder ganz Frankreich „rote Zone“, in der sich das Virus schnell ausbreitet. Mit diesem Schritt wären allerdings neue Kontrollen für Pendler absehbar. Grenzschließungen soll es wegen der „schlechten Erfahrungen“ vom Frühjahr aber nicht geben, wie Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bei einem Besuch in Paris versicherte.
Auch der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU) wies am Donnerstag noch einmal darauf hin, dass angesichts der neuen Quarantäneverordnung Berufspendler im Grenzgebiet auch in Zukunft die Grenze überqueren könnten. Ebenso seien etwa Besuche bei Verwandten weiterhin möglich, wenn man sich nur 72 Stunden im anderen Land aufhalte, erklärte der Co-Vorsitzende der deutsch-französischen Parlamentarischen Versammlung.
Franzosen für Ausgangssperren
Nach einer aktuellen Umfrage unterstützt die Mehrheit der Franzosen die Maßnahmen der Regierung.
Frankreich ist weiter schwer vom Corona-Virus getroffen. Nun veröffentlich eine Expertenkommission einen Bericht darüber, wie das Handeln der Regierung in der ersten Corona-Welle bewertet wird. Viel Gutes gibt es da nicht zu sagen.
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Die Risikogebiete in Frankreich
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Aus den Fehlern lernen
Aus den Fehlern der Vergangenheit für die Zukunft lernen. Nach diesem Motto stellte eine fünfköpfige Gruppe unter Leitung des Schweizer Infektiologen Didier Pittet die Ergebnisse ihrer Untersuchung vor. Sie war von Präsident Emmanuel Macron beauftragt worden, die Stärken und vor allem die Schwächen des Corona-Krisenmanagements aufzuzeigen. Man habe die „grundlegenden Ergebnisse“ jetzt schon einmal zusammengefasst, um „Ratschläge zu geben, die im Moment vielleicht nützlich sein könnten“, erklärte Didier Pittet in Paris, wie die Huffington Post berichtet.
Neue Corona-Einschränkungen erwartet
Präsident Macron wird am Mittwoch eine Rede an das Volk halten – erwartet wird, dass nicht nur die Strategie für die kommenden Wochen verkündet wird, sondern auch neue Beschränkungen ins Haus stehen. In den vergangenen Tagen sind mehrere Städte in Frankreich zu Risikogebieten erklärt worden, in denen das Virus besonders aktiv ist. Vor allem in Paris drohen neue Maßnahmen, wo die Krankenhäuser wegen einer mehr als 40-prozentigen Belegung der Intensivbetten schon jetzt Alarm schlagen.
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En effet la gestion de crise #COVID19 a été différente dans différents pays … et les #USA sont le mauvais élève des pays industrialisés https://t.co/n4Leh3RxVj
Natürlich kommt auch in dem Bricht des Schweizer Infektiologen der Blick nach Deutschland, das im Vergleich zu Frankreich ziemlich gut durch die Krise gekommen ist. In Deutschland seien vor allem die Teststrategie und die Krankenhaus-Versorgung besser gewesen, heißt es in dem Zwischenbericht. Das zeige sich etwa in der sogenannten Übersterblichkeit, bei der Frankreich unter den Industrieländern einen mittleren Platz einnehme. Demnach wurde 68 Tage lang eine erhöhte Sterberate registriert, während es in Deutschland 44 Tage waren. In Italien waren es mit 97 Tagen allerdings deutlich mehr als in Frankreich, in den USA lag die Zahl sogar bei 183 Tagen.
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Alors que la France fait partie des premiers pays d’Europe où le virus a recommencé à circuler intensivement à la fin de l’été, son bilan en termes économique et de mortalité est « intermédiaire», note le rapport commandé à @DidierPittet https://t.co/u7JUEaQDik
Deutliche Kritik an der Regierung gab es dazu, dass flächendeckende Corona-Tests in Frankreich viel zu spät eingesetzt worden seien. Auch der Grund dafür wird genannt: private Labore sind – anders als in Deutschland – zunächst nicht einbezogen wurden.
Schwere Schäden in der Wirtschaft
Doch nicht nur auf die Strategie im Kampf gegen die Pandemie wurde geblickt – auch die Wirtschaft wurde von der unabhängigen Kommission einbezogen. Dazu heißt es, dass wirtschaftlichen Folgen gravierend seien. So habe die landesweite Ausgangssperre zwischen März und Mai zu einem besonders starken Einbruch des französischen Bruttoinlandsproduktes geführt. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) dürfte die französische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 9,8 Prozent einbrechen.
Wenig Positives in der Corona-Krise
Es gibt aber auch positive Punkte. So habe die Regierung doch schnell und gut auf die wirtschaftlichen Folgen reagiert, gezielt Branchen gefördert und auch das Mittel der Kurzarbeit wirkungsvoll eingesetzt. Ein etwas vergiftetes Lob gab es für die Infrastruktur in den Krankenhäusern. Das System sei, so heißt es in dem Bericht, wenigstens nicht zusammengebrochen, wie das in manchen anderen Ländern der Fall war.
Frankreich erwartet nichts Gutes. Präsident Emmanuel Macron hat angekündigt, am Mittwoch eine Ansprache an sein Volk zu halten. Erwartet wird, dass er wegen der ständig steigenden Corona-Zahlen neue Einschränkungen verkünden wird.
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„Nichts darf ausgeschlossen werden“
Premierminister Castex hatte bereits angekündigt, die Verschärfung der Maßnahmen zu prüfen. „Nichts darf ausgeschlossen werden, wenn man sich die Lage in unseren Krankenhäusern anschaut“, sagte Premierminister Jean Castex am Montag im Radiosender Franceinfo. Er unterstrich auch noch einmal, dass sich Frankreich mitten in der zweiten „starken Welle“ befinde und wischte mögliche Lockerungen rundum vom Tisch. Allerdings, so der Premier, werde die Regierung versuchen, eine zweite landesweite Ausgangssperre wegen der Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft „mit allen Mitteln zu verhindern“.
Ce matin, je demande solennellement aux Français un acte de solidarité : à l'égard de nos compatriotes les plus vulnérables, bien sûr, mais aussi envers nos soignants et l'ensemble du personnel hospitalier.#8h30FranceInfopic.twitter.com/Nuz1h8y5y9
Besorgt sind die Franzosen vor dem Beginn der Herbstferien Mitte Oktober vor allem, dass es zu Reisebeschränkungen im Land kommen könnte.
Corona-Warnstufe ausgeweitet
Inzwischen sind zwei weitere Städte in die höchste Corona-Warnstufe gehoben worden: Toulouse und Montpellier im Süden des Landes in Kraft. Damit gelten neun Ballungsräume und ein Überseegebiet als Hotspots: Neben Paris und dem Großraum Marseille sind dies bereits Lyon, Grenoble, Saint-Etienne und Lille sowie die Inselgruppe Guadeloupe in der Karibik. Mit der höchsten Warnstufe gehen strikte Schutzmaßnahmen einher: Unter anderem müssen Bars, Cafés und Sporthallen schließen, Restaurants dürfen nur unter Auflagen offen bleiben. Deutschland warnt derzeit vor Reisen nach Frankreich mit Ausnahme der Grenzregion Grand Est.
Scheinbar ungebremster Anstieg
Die Zahl der Coronavirus-Neuinfektionen steigt in Frankreich weiter ungebremst. Am Sonntag lag sie nach Angaben der Behörden bei mehr als 16.000 binnen 24 Stunden, am Samstag hatte sie mit fast 27.000 einen neuen Höchststand erreicht. Die Zahl der Coronavirus-Patienten auf den Intensivstationen wuchs auf 1483 und erreichte damit den höchsten Stand seit Mai.
Nach Aix-Marseille, Paris und Guadeloupe werden vier weitere Städte an diesem Samstag als Risikogebiet eingestuft. Damit gibt es auch dort neue Corona-Beschränkungen, um die sich verschlimmernde Epidemie von Covid-19 einzudämmen.
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Die neuen Corona-Hotpots in Frankreich
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Vier neue Städte als Corona-Hotspots
Die neuen Restriktionen gelten für Lille, Grenoble, Lyon und Saint-Étienne. Wie Gesundheitsminister Olivier Véran sagte, sei die Entwicklung auch in Toulouse und Montpellier „besorgniserregend“. Es könne sein, dass diese Städte schon am Montag als Risikogebiet eingestuft werden. Allerdings erklärte er auch, dass es „eine signifikante Verbesserung“ der Lage in Nizza und Bordeaux gebe. Auch Rennes und in Aix-Marseille sei eine positive Entwicklung zu verzeichnen.
Hier eine Liste der Restriktionen in den einzelnen Zonen mit verschiedenen Farben:
Eine Liste der Restriktionen in den einzelnen Zonen
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Wann wird eine Stadt zur roten Zone?
Die maximale Alarmzone wird erreicht, wenn die Infektionsrate in der Allgemeinbevölkerung in den letzten sieben Tagen 250 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner überschreitet. Mit einbezogen wird auch, wenn auf den Intensivstationen die Zahl der mit Covid-19-Patienten belegten Betten in einer Region über 30 Prozent steigt.
Keine gute Corona-Entwicklung in Frankreich. Fast jeden Tag werden neuen Rekordwerte bei den Infektionen gemeldet. Zuletzt waren es 18 746 Corona-Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden. 82 Menschen sind gestorben. Angesichts eines neuen Höchststandes bei den Corona-Neuinfektionen wird in Frankreich mit weiteren Schritten der Regierung gerechnet.
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Karte mit den einzelnen Corona-Zonen in Frankreich
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Neue Corona-Einschränkungen erwartet
Präsident Emmanuel Macron hat die Franzosen nach einem Besuch im Hochwassergebiet in Südfrankreich auf neue Restriktionen vorbereitet. „Wir müssen uns auf den Weg zu zusätzlichen Einschränkungen machen“, sagte der Staatschef Emmanuel den Fernsehsendern TF1 und France2 in dem südfranzösischen Ort Saint-Martin-Vésubie. „Das Virus zirkuliert seit einigen Wochen schneller“, warnte Macron.
EN DIRECT | Je réponds aux questions de Marie Chantrait et Jeff Wittenberg depuis Saint-Martin-Vésubie. https://t.co/jCQ4PVcmNQ
Er verwies auf Einschränkungen, wie sie bereits in den hart getroffenen Metropolen Paris und Marseille gelten. In Paris und den direkt angrenzenden Vorstädten hatten die Behörden erst am Dienstag Bars und Cafés geschlossen – zunächst für zwei Wochen. In der Stadt und den Vororten gilt die „maximale Alarmstufe“. Diese war zuvor nur in Marseille und dem französischen Überseegebiet Guadeloupe ausgerufen worden. In Frankreich gilt ab Samstag in weiteren Städten die höchste Corona-Warnstufe – damit treten dort strengere Schutzmaßnahmen in Kraft.
Die unter anderem bereits für die Hauptstadt Paris ausgerufene Höchstwarnstufe gelte ab dem Wochenende auch für Lille, Lyon, Grenoble und Saint-Etienne, kündigte Gesundheitsminister Olivier Véran am Donnerstagabend an. Zudem sei die Situation in Toulouse und Montpellier besorgniserregend.
Die Gesundheitsbehörde der Region um Paris warnte vor einer deutlichen Verschlechterung der Lage. Derzeit sind nach ihren Angaben bereits 40 Prozent der Intensivbetten in der französischen Hauptstadt belegt, wo die höchste Corona-Warnstufe gilt. In zwei Wochen dürften es demnach bereits 50 Prozent sein. Derzeit werden in ganz Frankreich mehr als 1400 Menschen wegen der Lungenkrankheit Covid-19 auf Intensivstationen behandelt, bei insgesamt 5000 Betten für Notfallpatienten. In Deutschland gab es laut Statistischem Bundesamt zuletzt mehr als fünf Mal so viele Plätze.
Die Regierung in Paris versichert allerdings immer wieder, dass es auch angesichts der angespannten Situation zu keinem generellen Lockdown kommen soll, wie er auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle angeordnet worden war. Neue Reisebeschränkungen schloss Macron vor den französischen Herbstferien ab dem 17. Oktober aus.
Auch Deutschland hat auf diese Entwicklung in Frankreich reagiert. Bis auf die an Baden-Württemberg und das Saarland grenzende Region Grand Est und die Insel Korsika gilt für Frankreich eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts.
Es wird nun damit gerechnet, dass Gesundheitsminister Olivier Véran in einer Ansprache am Donnerstag die neuen Corona-Einschränkungen bekanntgeben wird.
Bisher starben in der Covid-19-Pandemie rund 32 500 Menschen. In vielen Städten Frankreichs gilt die Maskenpflicht auch unter freiem Himmel.