Steht Russland außerhalb des internationalen Rechts? Nein? Kann sich Russland die Buchstaben des Gesetzes so hinbiegen, wie es der Kreml gerade mal so braucht? Nein! Aus diesem Grund hat die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE), Anne Brasseur, Russland für eine selektive Umsetzung der Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs kritisiert.
Es kann keine Ausnahme geben
Anne Brasseur macht deutlich, dass es in Sachen Recht und Gesetz keine Ausnahmen geben kann. „Die Umsetzung der Urteile ist eine rechtliche Verpflichtung jedes Vertragsstaates“, sagte sie in Straßburg. Eine nur ausschnitthafte Vollstreckung untergrabe die Autorität und die Effizienz des Schutzsystems für Menschenrechte und stelle die Grundlage des Europarats-Übereinkommens als Ganzes infrage.
Gegen russisches Recht
Grund für die deutlichen Worte der PACE-Präsidentin ist eine Entscheidung der russischen Justiz, die Europäische Menschenrechtskonvention nur anzuwenden, wenn sie nicht gegen russisches Recht verstößt. Mit dem Beitritt Russlands zum Europarat 1996 gehört die Konvention jedoch zum geltenden Recht. Mitgliedstaaten verpflichten sich unter anderem dazu, das Verbot der Folter und Sklaverei zu achten und freie Meinungsäußerung sowie Religionsfreiheit zu gewähren. Die Einhaltung des Rechts wird vom Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg überwacht.
Yukos-Fall als Auslöser
Ein weiterer Hintergrund der Rüge ist eine Rekord-Schadenersatzzahlung für die Aktionäre des zerschlagenen russischen Erdölkonzerns Yukos in Höhe von 1,9 Milliarden Euro, zu der die Straßburger Richter Moskau vor einem Jahr verurteilt hatten. Russland weigert sich zu zahlen.Erst im März hatte das Ministerkomitee des Europarats Moskau aufgefordert, bis Mitte Juni einen „verbindlichen Zeitplan“ für die Schadenersatzzahlung an die Yukos-Aktionäre vorzulegen. Dies ist bis heute nicht geschehen.