Kinder sind die Verlierer der Krise

Die Verlierer der europäischen Schuldenkrise sind Kinder und Jugendliche. Sie sind zunehmend von Armut bedroht. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Den Link zu der Studie finden Sie hier

15.10.27-Bertelsmann Grafik zum Armutsrisiko von der Bertelsmann-Stiftung

Viele Kinder von Armut bedroht

Rund 26 Millionen Kinder und Jugendliche seien in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, ist dort zu lesen. Das ist fast jeder Dritte (27,9 Prozent) aller unter 18-Jährigen. Geringe Zukunftsperspektiven haben der Studie zufolge auch die 5,4 Millionen jungen Menschen, die weder in Beschäftigung noch in Ausbildung sind.

Die Kluft bei der sozialen Gerechtigkeit verläuft in Europa laut Studie zwischen Nord und Süd sowie zwischen Jung und Alt. Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Kinder sei im EU-Durchschnitt seit 2007 von 26,4 auf 27,9 Prozent gestiegen. Erhöht hat sich auch die Zahl der erwerbslosen EU-Bürger im Alter von 20 bis 24 Jahren. In der Altersgruppe ab 65 Jahren habe sich der von Armut bedrohte Anteil hingegen von 24,4 auf 17,8 Prozent verringert. Hauptgrund dafür sei, dass die Einkommen der jüngeren Bevölkerung wesentlich stärker geschrumpft seien als die Renten und Altersbezüge der älteren Menschen.

„Wir können uns eine verlorene Generation in Europa weder sozial noch ökonomisch leisten. Die EU-Staaten müssen besondere Anstrengungen unternehmen, um die Chancen junger Menschen nachhaltig zu verbessern.“

Aart De Geus, Vorsitzender des Vorstands der Bertelsmann Stiftung

Südliche Länder besonders gefährdet

In den südlichen Ländern Spanien, Griechenland, Italien und Portugal sei die Zahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten jungen Menschen seit 2007 von 6,4 Millionen auf 7,6 Millionen gestiegen. Sie lebten in Haushalten, die höchstens 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hätten.

Deutschland steht relativ gut da

Deutschland rangiert mit Rang sieben im oberen Viertel. Positiv wirke sich die sehr gute Arbeitsmarktsituation aus, hieß es. Die Bundesrepublik habe im EU-Vergleich mit fast 74 Prozent inzwischen die zweithöchste Beschäftigungsquote hinter Schweden. Zugleich sei Deutschland das Land mit der niedrigsten Jugendarbeitslosigkeit (7,7 Prozent). Allerdings befinden sich rund 40 Prozent aller abhängig Beschäftigten in sogenannten atypischen Beschäftigungsformen und der Anteil der Menschen, die trotz Vollzeitjob von Armut bedroht sind, ist zwischen 2009 und 2013 von 5,1 auf 6,3 Prozent gestiegen.

Der EU-weite Trend einer wachsenden Kluft zwischen Jung und Alt bei Armut und sozialer Ausgrenzung ist in Deutschland im Vergleich weniger ausgeprägt. Doch auch hier ist etwa der Anteil der unter 18-Jährigen, die von schweren materiellen Entbehrungen betroffen sind, höher als bei den über 65-Jährigen (5 gegenüber 3,2 Prozent). Insgesamt hat sich Deutschland in Sachen Generationengerechtigkeit im Vergleich zur Vorjahresuntersuchung von Rang 10 auf Rang 15 verschlechtert.

In der Studie untersucht die Bertelsmann Stiftung jährlich die Entwicklung sozialer Gerechtigkeit in den 28 EU-Staaten. Für die soziale Gerechtigkeit werden unter anderem Armut, Bildung und Arbeitsmarkt sowie Generationengerechtigkeit untersucht.

Luxus-Flüchtlinge sind herzlich willkommen

Portugal tut es, Malta tut es, Zypern und Rumänien auch. Diese Länder verteilen „goldene Visa“ für ausländische Investoren. Das heißt: es gibt eine Aufenthaltsgenehmigung gegen Bares.

15.07.17-golden visa Bei Google inserieren die Vermittler von „goldenen Visa“

Millionäre sind willkommen

Die Regierung in Portugal lockt die Reichen seit Donnerstag wieder ins Land.Wer mindestens eine halbe Million Euro für ein Haus bezahlt, eine Million Euro ins Land bringt oder mindestens zehn Arbeitsplätze schafft, bekommt als Ausländer ein sogenanntes „goldenes Visum“. Das „goldene Visum“ war seit 1. Juli ausgesetzt, weil mit der Einführung eines neuen Einwanderungsgesetzes mehrere Bestimmungen aufgehoben worden waren. Zudem wirft die Anklage gegen den ehemaligen Innenminister Miguel Macedo ihren Schatten auf die „goldenen Visa“: Macedo soll die Aufenthaltsgenehmigungen gegen Schmiergeldzahlungen erteilt haben.

China, Brasilien, Russland

„Es wäre eine Schande, wenn Portugal auf Investitionen aus dem Ausland wegen des Aufruhrs um die Anklage verzichten müsste“, sagt ein Regierungssprecher. Portugal hat seit Ende 2012 bis Ende Juni 2420 „goldene Visa“ erteilt – 1,46 Milliarden Euro kamen im Gegenzug ins Land. Die meisten Besitzer eines „goldenen Visums“ kommen aus China, Brasilien und Russland. Neben dem Aufenthaltsrecht haben sie damit auch die Reisefreiheit im Schengen-Raum.

Programme, die den Erwerb von europäischen Pässen für wohlhabende ausländische Investoren beschleunigen, gibt es schon länger in Europa. Großbritannien ist eins der ersten europäischen Länder, das reiche Drittstaatsangehörige eingebürgert hat. Seit 2012 hat sich ein regelrechter Wettbewerb entwickelt: Zahlreiche europäische Staaten konkurrieren um die Zuwanderer – mit immer günstigeren Preisen und weniger Voraussetzungen auf dem Markt der Nationalitäten.

Kritik der EU

Als Malta im Jahr 2013 eine Gesetzesinitiative vorschlug, die sich „Individual Investor Program“ nennt und mit der man für eine bestimmte Summe Geld nicht nur ein Visum bekommt, sondern die gleich maltesische Nationalität erwerben konnte, schritt die EU ein. Die Kritik: durch diese Hintertür könne man die generellen Einwanderungsregelungen umgehen.  Es müsse eine echte Verbindung zwischen Staat und Person geben, bevor die Staatangehörigkeit verliehen werde, hieß es damals aus Brüssel. Durch EU-Recht wurden Einwanderer verpflichtet, vor der Einbürgerung mindestens zwölf Monate in Malta gewohnt zu haben.

Den meisten bleibt nur das klapprige Boot

Längst haben sich auch andere, weniger wohlhabende Länder ein Beispiel an Malta genommen. Auch Portugal, Spanien, Zypern und Bulgarien haben in den vergangenen Jahren „Investoren-Programme“ für Luxusflüchtlinge eingeführt.  Wer sich diese bisweilen Millionenschwere Investition in eine Zukunft in Europa allerdings nicht leisten kann, dem bleibt nur die gefährliche Flucht zu Fuß oder mit dem Boot über das Mittelmeer. Mit offenen Armen werden diese Menschen allerdings nicht empfangen.