Putin verdreht die Geschichte

Russland arbeitet mit großem Eifer daran, die Uhren zurückzudrehen. Beängstigend ist, wie selbst die Ungerechtigkeiten aus der Ära der Sowjetunion plötzlich wieder im besten Licht dargestellt werden. Hat Präsident Putin zuletzt den Hitler-Stalin-Pakt gelobt, wird nun ein weiteres geschichtliches Ereignis neu (oder eben in alter Manier) interpretiert: der blutige Sowjet-Einmarsch in der CSSR vom August 1968.

15.06.02-prag

Geschichte wird verdreht

Eine Dokumentation des staatlichen Senders Rossija 1 hat die Niederschlagung der Demokratiebewegung „Prager Frühling“ verteidigt. Es sei eine Reaktion auf Umsturzpläne der Nato und von „Faschisten“ gewesen. „Man hat auf uns mit Maschinengewehren geschossen“, sagte ein ehemaliger Sowjet-Soldat in der Sendung. Tschechische Historiker sind empört, sie sprechen von Geschichtsfälschung.

Empörte Reaktionen aus Prag

Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka erklärte gegenüber Journalisten: „Es war eindeutig eine Okkupation gegen den Willen der damaligen tschechoslowakischen Regierung und gegen den Willen unserer Bürger.“

Bei den tagelangen Straßenkämpfen im August 1968 gab es Historikern zufolge 108 Tote und mehr als 500 Schwerverletzte. Bisher hatte sich Moskau von dem Einmarsch distanziert. Der russische Präsident Wladimir Putin räumte 2006 in Prag sogar eine moralische Verantwortung seines Landes für den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten 1968 in die Tschechoslowakei ein. Eine „rechtliche Verantwortung“ lehnte er aber ab.

Hintergründe zum Einmarsch russischer Truppen auf Radio Praha 

Hier der Link zu Rossija 1