Feuerwehrleute gegen Polizei – das ist Frankreich heute

Bizarre Szenen vor der Assemblée National in Paris. Hochgerüstete Polizisten kämpfen mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Feuerwehrleute, die sich vor dem Parlament versammelt haben. Sie protestieren für eine bessere Bezahlung und höhere Renten. Ein Problem, das auch die Polizisten betrifft.

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Zwei Feuerwehrleute protestieren vor der Assemblée National in Paris

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Die Helden kämpfen für mehr Lohn

Immer wieder werden sie als Helden gefeiert, doch bei der Bezahlung hört die Verehrung auf. Die Feuerwehrleute haben sich zu landesweiten Streiks versammelt, um auf die Misere aufmerksam zu machen. Doch als sich ein Protestzug der Männer und Frauen in ihren Schutzausrüstungen der Assemblée National in Paris nähert, bekommt die Polizei den Befehl, die Leute aufzuhalten. Und die Polizisten kennen kein Pardon. Mit ziemlich rüder Gewalt gehen sie gegen die Feuerwehrleute vor. Doch die wollen nicht weichen, es gibt kleine Rangeleien, die in Prügeleien ausarten. Böller werden geworfen, Wasserwerfer kommen zum Einsatz und einige Polizisten versuchen mit Tränengas die Demonstranten zu vertreiben.

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Verständnis auf beiden Seiten

„Ich verstehe es nicht, dass die Polizisten so hart vorgehen“, sagt einer der Feuerwehrleute, „wir streiken doch auch für die.“ Aber er weiß auch, so sagt er, was es heißt, einen Befehl auszuführen. So kommt es am Rand der Demonstration immer wieder zu Gesprächen zwischen einzelnen Polizisten und Feuerwehrleuten. „Ich kann die Jungs verstehen“, sagt ein Polizist, „aber wenn sie ein Problem bereiten, dann müssen wir dieses Problem lösen.“

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Mit einem Wasserwerfer werden die Feuerwehrleute in Schach gehalten

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Die Fronten sind verhärtet

Ein Feuerwehrmann erklärt, dass sie nur den Politikern ein Schreiben mit ihren Forderungen überreichen wollten, doch sie seien nicht vorgelassen worden. Im Gegenteil, man habe die Polizei gerufen.

Nach einiger Zeit kommt ein Abgeordneter auf die Straße, um die mit den Männern zureden. Eine blau-weiß-rote Schärpe um die Schultern stellt er sich der Diskussion. Doch die Fronten sind verhärtet. Zu oft haben die Männer gehört, wie die Nation ihnen zu Dank verpflichtet sei. Zuletzt nach dem Brand in der Kathedrale von Notre-Dame hat sogar Staatspräsident Emmanuel Macron ihren Einsatz hervorgehoben. Doch gebracht hat es nach der Einschätzung der Männer nichts. Ihre Arbeit ist hart und gefährlich – aber verdammt schlecht bezahlt.

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Auch fordern die Feuerwehrleute einen besseren Schutz, wenn sie bei ihren Einsätzen angegriffen werden. Die Feuerwehren hätten chronisch zu wenig Personal, obwohl sie immer mehr Einsätze leisten müssten, so klage die Gewerkschaften.

Der Protest spiele sich allerdings nicht nur vor der Assemblée National ab, sondern auch auf dem Place de la République – und auch auf der Stadtautobahn. Dort versuchten die Feuerwehrleute mit Nebelkerzen den Verkehr lahmzulegen. Und natürlich kam auch dort ein Wasserwerfer und Tränengas zum Einsatz.

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Gruseliges am Place de la République

Der Place de la République im Herzen von Paris ist ein besonderer Ort. Er ist das Herz der französischen Republik – und der Stadtpunkt oder das Ziel zahlreicher Demonstrationen. Manchmal wird er sogar von Zombies heimgesucht.

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Ein Zombie beim Imponiergehabe. Die Teilnehmer geben sich alle Mühe möglichst erschreckend zu wirken.

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Tanz der Untoten in Paris

Auf dem Place de la République ist immer etwas los – und wenn nichts los ist, dann sind die Skate-Boarder vor Ort. An einer kleinen Rampe zeigen sie immer wieder ihre Tricks. Doch dieses Mal bekommen sie Konkurrenz. Beim 10. Zombie-Walk in Paris findet eine Invasion der Untoten statt – und natürlich ist der zentrale Platz in der Stadt ein guter Ausgangspunkt für das Event.

Übrigens: Der Platz, früher «Place du Château-d’Eau», hat seit 1879 seinen Namen, als seit 1878 im Pariser Stadtrat das Projekt zur Errichtung einer Statue der Republik zu Ehren des Republikanismus, der politischen Ideologie und des Freiheitskonzepts beraten wurde. Das Denkmal wurde 1879 bei der Fonderie Thiébaut Frères in Auftrag gegeben und 1883 eingeweiht.

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Um die Mittagszeit sammeln sich immer mehr der verkleideten jungen Menschen und beginnen sich zu schminken. Manche begnügen sich mit einigen kurzen Make-Up-Strichen, andere legen ziemlich Hand an. Da wird gekleistert, gezupft und modelliert. Dem Einfallsreichtum sind dabei keine Grenzen gesetzt.

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Das Schminken nimmt bisweilen Stunden in Anspruch

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Kurioses Aufeinandertreffen mit den Gelbwesten

Am Nachmittag schließlich haben sich rund 50 der Untoten auf dem Place de la République zusammengerottet und treiben ihr Unwesen. Allerdings ist etwa die doppelte Zahl an Fotografen unterwegs, für die die Zombies nur allzu gerne posieren.

Wie Wikipedia weiß, stammt der Zombie Walk natürlich aus den USA. Das erste Treffen dieser Art fand am 19. August 2001 im US-amerikanischen Sacramento statt. In Deutschland sind in der Vergangenheit immer wieder Zombie Walks von den Behörden verboten worden – die Untoten hatten es einfach vergessen, die Veranstaltung vorher angemeldet. Und der deutsche Amtsschimmel kennt sogar vor dem Jenseits kein Pardon.

In Paris am Place de la République geht aber alles glatt über die Bühne, doch am Nachmittag kommt es zu einem kuriosen Aufeinandertreffen. Eine versprengter Trupp von Gilets Jaunes zieht vorbei und mischt sich kurz mit den Zombies. Vergleiche jeglicher Art verbieten sich in diesem Fall allerdings.

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Gelbweste meets Zombie

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Politischer Protest der Kurden

Am Nachmittag wird es auf dem Platz noch enger. Mehrere Hundert Kurden protestieren gegen den Einmarsch der Türkei in Syrien. Sie verteilen Transparente und schwenken Fahnen, auf denen der türkische Präsident Erdogan geschmäht wird. Die Polizei hat die Straßen um den Platz gesperrt, hält sich aber sehr dezent im Hintergrund.

Die Kurden sind äußert gut organisiert. Hunderte Fahnen werden verteilt, viele mit dem Porträt des PKK-Führers Özalan. Auch einige Franzosen haben sich eingefunden, um dafür zu demonstrieren, das Volk der Kurden in ihrem Kampf gegen die türkische Armee nicht allein zu lassen.

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Demo der Kurden gegen den Krieg in Syrien

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Zwischen den Protestierenden haben sich einige Händler breit gemacht, die in fahrbaren Garküchen ihre Spezialitäten anbieten. Nicht fehlen darf natürlich die traditionelle Merguez, eine scharf gewürzte Hackfleisch-Bratwurst aus der maghrebinischen Küche. Sie wird bei allen Treffen, Zusammenkünften und Festen gegessen.

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Das kulinarische Angebot ist durchaus sehens- und essenwert

Nawalny in Moskau verhaftet

Zum russischen Nationalfeiertag am Montag hat der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny landesweit zu Protestmärschen aufgerufen. In Moskau und einigen anderen Städten haben die Behörden die Kundgebungen gegen Korruption in der russischen Führung unter Auflagen genehmigt. In anderen Orten wurden die Demonstrationen verboten.
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Wie seine Ehefrau und eine Sprecherin mitteilten, wurde der 41-jährige Oppositionspolitiker allerdings vor dem Beginn einer Demonstration in Moskau festgesetzt.
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„Hallo, hier ist Julia Nawalnaja… Alexej ist im Hauseingang festgenommen worden. Er hat gebeten, Euch zu sagen, dass sich an unserem Vorhaben nichts geändert hat: Twerskaja“, schrieb Nawalnys Frau im Kurzbotschaftendienst Twitter mit Blick auf die Hauptdurchgangsstraße zum Kreml, wo die nicht genehmigte Demonstration stattfinden sollte.
Die Behörden teilten mit, Nawalny würden Verstöße gegen die Regeln zur Organisation von Kundgebungen sowie Ungehorsam gegenüber der Polizei vorgeworfen. Ihm drohen der Agentur Tass zufolge bis zu 30 Tage Arrest.

Mehrere Hunderte Menschen inhaftiert

Insgesamt wurden bei den Protesten gegen die russische Führung und gegen korrupte Politiker landesweit Hunderte Demonstranten festgenommen. In Moskau griff die Polizei bei der nicht genehmigten Demonstration hart durch und nahm allein dort rund 600 Menschen in Gewahrsam, wie das Bürgerrechtlerportal OVD-Info berichtete. Auch in St. Petersburg wurden demnach rund 300 Menschen abgeführt.
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Festnahmen bei früheren Protesten

Bei einer ersten landesweiten Protestwelle Ende März waren Tausende meist junge Demonstranten festgenommen und zu mehrtägigen Arreststrafen verurteilt worden. Nawalny will 2018 bei der russischen Präsidentenwahl kandidieren.

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Vor dem Nationalfeiertag setzten die Behörden Schüler und Studenten unter Druck, nicht zu Nawalnys Kundgebungen zu gehen. Vielerorts sollen kremltreue Gegenveranstaltungen stattfinden. Am 12. Juni 1991 hatte Russland mit der Wahl von Boris Jelzin zum Präsidenten seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion besiegelt.

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Hier noch ein Kommentar der national-konservativen lettischen Tageszeitung „Neatkariga Rita Avize“:

„Wie lange Putins Herrschaft auch andauern wird, im historischen Vergleich wird es nur ein Moment sein. Es besteht kein Zweifel, dass Russland auf den normalen zivilisatorischen Entwicklungsweg zurückkehren wird. Die von Nawalny organisierten Demonstrationen sind ein weiterer Versuch, die Kluft zwischen der Echtzeit, in der die Welt lebt, und dem imaginären, aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammenden Verständnis der Dinge, das in den Köpfen von Putin und seinen Gleichgesinnten vorherrscht, zu verringern. Anhand des Umfangs der Demonstrationen und der Reaktion der Behörden darauf kann man beurteilen, wie stark der innere Druck in der russischen Gesellschaft ist und was wir in naher Zukunft erwarten können.“

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Zugleich teilte das Innenministerium mit, rund 2,5 Millionen Menschen hätten friedlich am Nationalfeiertag teilgenommen. Die Zustimmung zu Putin ist landesweit Umfragen zufolge bei mehr als 80 Prozent.
Viele Demonstranten würden sich unangemessen verhalten, sagte Wladimir Tschernikow von der Stadtverwaltung der Agentur Interfax. Später teilte er mit, die Lage sei unter Kontrolle. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Provokationen müssten verhindert werden.

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NACHTRAG 13.06.2017

Der im Zusammenhang mit regierungskritischen Demonstrationen festgenommene russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Ein Gericht befand den 41-Jährigen am frühen Dienstagmorgen für schuldig, wiederholt gegen das Versammlungsrecht verstoßen zu haben.

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Marsch für die Freiheit in Polen

Der Protest geht weiter. Zehntausende Polen haben in Warschau gegen den Umbau des Staates durch die  nationalkonservative Regierung protestiert.

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Protest gegen die PiS

Zu dem „Marsch für die Freiheit“ hatte die größte Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) aufgerufen. Ihr schlossen sich weitere Oppositionsparteien, Lehrergewerkschaften sowie Vertreter anderer Städte an. Nach Angaben der PO-kontrollierten Warschauer Stadtverwaltung beteiligten sich 90.000 Menschen an der Kundgebung. Die Polizei sprach von 12.000 Teilnehmern.

Ein Meer von Fahnen

Die Demonstranten zogen in einem Meer von weißroten Nationalflaggen und Fahnen der Europäischen Union vom Bürgermeisteramt bis zum Verfassungsplatz. Der Platz hat zusätzliche symbolische Bedeutung erlangt, seit der konservative Staatschef Andrzej Duda vor wenigen Tagen für 2018 einen Volksentscheid zur Änderung der Verfassung verkündete. Im Parlament verfügt die regierende Partei für Gesetz und Gerechtigkeit (PiS) nicht über die für eine Verfassungsänderung erforderliche Mehrheit.

 

Für ein demokratisches Europa

Die Demonstration richtete sich gegen eine Reihe von Gesetzen und Initiativen der Regierungspartei. Nach Auffassung ihrer Kritiker höhlen sie die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts, der Medien und anderer demokratischer Institutionen aus. Die Demonstranten protestierten zudem gegen eine Aufweichung des Umweltschutzes durch die PiS-Regierung und von ihr geplante Maßnahmen im Schulwesen. „Wir wollen ein demokratisches, proeuropäisches und stolzes Polen, das in der Europäischen Union Freunde und Partner sucht und keine Feinde“, sagte PO-Chef Grzegorz Schetyna in einer Rede vor den Demonstranten. Posens Bürgermeister Jacek Jaskowiak sagte, „wir verstehen unter dem Begriff Freiheit etwas anderes als Kaczynski, Erdogan, Putin und (der weißrussische Präsident) Lukaschenko“. „Diese Freiheit werden wir schützen und verteidigen“, fügte er hinzu.

Auch Kaczynski meldet sich zu Wort

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski hat zwar offiziell kein Regierungsamt inne, gilt aber als der eigentliche Strippenzieher im Land. Bei einem Auftritt in Stettin sagte er, Polen sei ein zutiefst demokratisches Land. Er warf den Demonstrationsteilnehmern vor, „in die falsche Richtung zu marschieren“. Die EU-Kommission hat die polnische Regierung bereits mehrfach verwarnt. In einigen ihrer Maßnahmen sieht sie eine Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit. In einer Umfrage von Ende April überholte die Bürgerplattform erstmals seit den Wahlen im Oktober 2015 die PiS. Demnach liegt sie mit 31 Prozent zwei Punkte vor den Nationalkonservativen.

Nawalny bei Protest festnommen

Sie existiert noch – die Opposition in Russland. Hunderttausende unzufriedene Russen haben landesweit gegen die grassierende Korruption protestiert. Sie folgten damit einem Aufruf von Oppositionsführer Alexej Nawalny.

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Nawalny vor der Demo festgenommen

Für Alexej Nawalny nahm die Sache allerdings einen unvermuteten Verlauf – er konnte an seiner eigenen Demo nicht teilnehmen. Auf dem Weg zu den Protesten wurde er auf dem Puschkin-Platz am Sonntag festgenommen. Er war allerdings nicht der einzige, der festgenommen wurde. Die Polizei nahm Dutzende Menschen fest.

Größte Massenproteste sei 2012

Beobachter bezeichneten die Demonstrationen als die größte koordinierte Aktion seit den Massenprotesten 2011 und 2012 gegen mutmaßlichen Betrug bei den damaligen Parlamentswahlen. Vereinzelt kam es zu Handgemengen mit der Polizei. Einen festgenommenen Mann schleiften die Polizisten in Moskau über den Asphalt. Allein in Wladiwostok kamen mindestens 25 Teilnehmer in Polizeigewahrsam.
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Vorwurf gegen Medwedew

Im Fokus der Proteste stand der Vorwurf Nawalnys, wonach Ministerpräsident Dmitri Medwedew eine Sammlung von Häusern, Jachten und Weinbergen angehäuft habe. Sein mutmaßlicher Luxus soll auch ein Gehege für die Aufzucht von Enten umfassen. Deshalb trugen viele Demonstranten Plakate mit spöttischen Bildern gelber Spielzeugenten.

Hier geht es zu einem Bericht über die Reichtümer Medwedews

Staatsmedien berichten nicht

Staatsmedien berichteten bis zum Mittag zunächst nicht über die Proteste. In den sozialen Netzwerken und auf Nachrichtenseiten war dagegen von landesweiten Demonstrationen die Rede. „Es ist beängstigend“, sagte die 19-Jährige Jana Aksjonowa zu dem Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten. „Doch wenn jeder Angst hat, würde niemand auf die Straße gehen.“

Nawalny selbst sprach den Demonstranten Mut zu. Ihm gehe es gut, twitterte er, nach seiner Festnahme.

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Medien berichteten von Demonstrationen auch in anderen großen Städten des Landes, darunter Nowosibirsk, Tomsk und Krasnojarsk. Einige Demonstranten hatten sich ihre Gesichter grün bemalt – in Anlehnung an den kürzlich verübten Farbanschlag auf Nawalny. Vor ein paar Tagen hatte ihm ein Unbekannter eine grüne Flüssigkeit ins Gesicht geschleudert.

Hier geht es zu einem Bericht über die Farbattacke auf Alexey Nawlany
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