In Frankreich wächst die Sorge vor einer zweiten Corona-Welle. Der Grund: die tägliche Zahl der Neuinfektionen steigt wieder deutlich an – auf mehr als 1130 pro Tag. Der R-Wert beträgt nun 1,3, was bedeutet, dass jeder Infizierte durchschnittlich 1,3 weitere Personen ansteckt.
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In der Betagne müssen wegen der steigenden Zahlen auf vielen Märkten und auch oft in den Fußgängerzonen Masken getragen werden.
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Kostenlose Corona-Tests in Frankreich
Die Regierung reagiert nun auf die steigende Zahl an Corona-Infektionen und will kostenlose Tests bereitstellen. Diese sollen zudem rezeptfrei erhältlich sein, wie die Regierung mitteilte. „Wir würden dies nicht als eine zweite Welle bezeichnen, aber es ist klar, dass wir seit einigen Tagen einen spürbaren Anstieg der Zahl der bestätigten Fälle beobachten“, sagte Gesundheitsminister Olivier Veran der Zeitung „Le Parisien“ (Sonntagsausgabe).
Frankreich hat bislang offiziell 30.192 Todesfälle verzeichnet, die dem Coronavirus zugeschrieben werden. Insgesamt wurden 180.528 Infektionen festgestellt.
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Nous devons tous maintenir notre vigilance face au #COVID__19 et j’en appelle particulièrement aux jeunes !
Au moindre doute, faites vous tester, nous avons levé la prescription. https://t.co/ZtjzDT0QVa— Olivier Véran (@olivierveran) July 26, 2020
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Viele junge Menschen mit Corona infiziert
Der Gesundheitsminister zeigt sich auch sehr besorgt, dass sich zuletzt sehr viele junge Menschen mit dem Virus anstecken – und keiner kann sich wirklich erklären weshalb. Zudem würden die jungen Patienten, die vor allem in der Großregion Paris lebten, sehr oft atypische Symptome zeigen. Im Interview mit „Le Parisien“ sagt er wörtlich:
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„Lors des campagnes de dépistage massif, on remarque que les patients sont jeunes, plus jeunes que lors de la précédente vague. Le taux d’asymptomatiques est, lui, extrêmement élevé. C’est le cas particulièrement en Île-de-France où l’on voit arriver des jeunes qui ont été infectés sans qu’on sache comment.”
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Corona-Tests an Flughäfen in Frankreich
Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, hat sich die Regierung auch dazu entschlossen, Flughäfen verpflichtende Coronavirus-Tests einzuführen. Getestet werden allerdings nicht alle Reisende, betroffen sind nur Rückkehrer aus insgesamt 16 Risikoländern. Darunter sind neben den USA unter anderem auch Brasilien, die Türkei, Algerien und Israel. Besucher aus Deutschland können weiter ohne Probleme einreisen.
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#COVID19 | Lutter contre le virus passe aussi par un contrôle renforcé des flux à nos frontières.
Les passagers en provenance des pays où le virus circule fortement auront l’obligation de réaliser un test de dépistage.— Jean Castex (@JeanCASTEX) July 24, 2020
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Große Sorge wegen Infektionen in Spanien
Eine weitere Sorge gilt in Paris der Entwicklung in Spanien – ein beliebtes Urlaubsziel für viele Franzosen. Dort scheint sich das Virus wieder stark zu verbreiten. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat Katalonien inzwischen eine Schließung von Diskotheken für 15 Tage angeordnet. Die Region im Nordosten Spaniens wies zudem Bars im Großraum Barcelona und um Lleida an, um Mitternacht zu schließen. Diese Regionen haben sich zu Epizentren der Pandemie entwickelt. Behörden warnen, dass dem Land ein zweiter großer Corona-Ausbruch bevorstehen könnte.
Frankreichs Regierungschef Jean Castex riet seinen Landleuten, nicht in die spanische Region Katalonien zu reisen, „solange sich die gesundheitliche Situation dort nicht verbessert“. Mit der Regierung in Madrid werde besprochen, wie man den Grenzverkehr nach Frankreich soweit wie möglich herunterfahren könne. Spanien hatte erklärt, trotz der steigenden Zahlen eine erneute Schließung der Grenze zu Frankreich vermeiden zu wollen.
Die Bretagne reagiert auf die steigende Zahl der Infektionen
Vor allem in der Bretagne spitzt sich die Lage in Sachen Corona immer weiter zu. Dort wurde in mehreren Gemeinden – und auch dem angrenzenden Département Mayenne – wegen der steigenden Infektionszahlen bereits vor einigen Tagen eine allgemeine Maskenpflicht in allen geschlossenen öffentlichen Räumen verhängt.
Einigen Orten reichen die Verschärfungen aber nicht aus. In der Küstenstadt La Rochelle in Westfrankreich ist die Maske seit Mittwoch im Alten Hafen und im Stadtzentrum verpflichtend. Die Regel ziele darauf ab, ein Wiederaufflammen der Epidemie in Zeiten mit viel Touristen zu verhindern, hieß es. Auch in Concarneau und Saint-Brieuc in der Bretagne ist die Maske im Zentrum vorgeschrieben. In Saint-Brieuc gilt auch Maskenpflicht auf Spielplätzen, Parks oder am Hafen. Ausnahmen gelten für Sportler oder Menschen mit Behinderung.
Zusammenhang mit Familienfesten
Experten sehen einen Zusammenhang mit der wachsenden Zahl von Urlaubern in der Region und den vermehrten Gruppenaktivitäten. Gesundheitsminister Véran sagte, eine neue Infektionsquelle seien offenbar Familientreffen während des Sommerurlaubs.
Auch die der Bretagne benachbarte Region Pays de la Loire meldet höhere Infektionszahlen. Im Süden Frankreichs ist die Regionen Provence-Alpes-Côte d’Azur um Marseille und Nizza besonders betroffen. Eine angespannte Situation herrscht auch in der Region Paris. Dies sei wegen der Millionen Menschen, die dicht gedrängt in dem Ballungsraum leben allerdings nicht verwunderlich, erklärten Experten.
Appelle an die Bürger im Elsass
Zudem haben die Behörden in Ostfrankreich angesichts eines leichten Anstiegs der Corona-Infektionen zu mehr Wachsamkeit aufgerufen. Die Abstandsregeln müssten unbedingt eingehalten werden, sagte die Leiterin der regionalen Gesundheitsbehörde ARS von Grand Est, Marie-Ange Desailly-Chanson. Sie riet davon ab, sich zu umarmen oder Küsse auszutauschen. Die Ansteckungsherde hätten sich verändert, ergänzte die Präfektin der an Deutschland grenzenden Region, Josiane Chevalier. Derzeit seien neue Cluster vor allem im beruflichen Umfeld und nach Familienfeiern erkennbar.
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#COVID19 | Dès demain, le port du masque sera obligatoire dans les lieux publics clos.
Sauver des vies, protéger les plus vulnérables, réduire la circulation du virus : c’est de notre civisme que dépend la santé de tous.
La mobilisation du Gouvernement est totale. pic.twitter.com/xm0vOqZUHG— Jean Castex (@JeanCASTEX) July 19, 2020
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Strengere Regelungen in ganz Frankreich erlassen
Generell gilt im ganzen Land die Regel, dass in öffentlichen geschlossenen Räumen eine Schutzmaske getragen werden muss. Die neuen Regeln gelten unter anderem für Geschäfte, Banken, Markthallen, aber auch in Museen und Sehenswürdigkeiten. In Restaurants, Cafés oder Kinos gelten weiter spezielle Regeln. Dort muss die Maske am Platz nicht getragen werden – nur dann, wenn sich jemand durch den Raum bewegt. Bisher konnten Betreiber selbst entscheiden, ob Kunden und Besucher eine Maske tragen müssen. Bei Nichteinhaltung der Maskenpflicht droht ein Bußgeld von 135 Euro. In öffentlichen Verkehrsmitteln gilt in Frankreich landesweit bereits seit Mai eine Maskenpflicht. Auch viele Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm oder der Louvre in Paris konnten nur mit Maske besucht werden.