Proteste für „freies Internet“ in Moskau

Der Protest geht weiter. Mehrere Hundert Menschen haben in Moskau für ein „freies Internet“ demonstriert. Nach Angaben von Aktivisten sind mindestens 20 Menschen festgenommen worden. Das teilte die Bürgerrechtsorganisation OVD-Info mit.

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Weniger Demonstranten in Moskau

Die Demonstration im Zentrum von Moskau war zuvor von der  Stadtverwaltung genehmigt worden. Allerdings war die Beteiligung nicht so hoch wie bei einer ähnlichen Protestaktion Ende April. Damals waren fast 10.000 Demonstranten auf die Straße gegangen.

Grund für die Proteste ist die Sperrung des Messenger-Dienstes Telegram in Russland. Richter hatten die Blockade von Telegram Mitte April angeordnet, nachdem der Online-Dienst den russischen Geheimdiensten die Entschlüsselung privater Chats verweigert hatte.

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Telegram immer populärer

Der Kreml schafft es bislang nicht, die Nutzung der Messenger-App zu verhindern – ganz im Gegenteil: Die Zahl der Downloads der Telegram Android-Version verdoppelte sich.

Die Sperrung wird häufig umgangen – unter anderem durch verschlüsselte VPN-Verbindungen oder sogenannte Proxys. Putin-Gegner benutzen Telegram gerne für Mitteilungen oder um Protestaktionen zu koordinieren. Die Brüder Durow gründeten Telegram im Jahr 2013. Seitdem wuchs die Zahl der Nutzer weltweit auf mehr als 200 Millionen.

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Die Sperrung erfolgte kurz nach der Wiederwahl von Staatschef Wladimir Putin für eine vierte Amtszeit als Präsident. Putins vorherige Amtszeit war geprägt von einer Verschärfung der Regeln für die Internetnutzung; die Regierung begründete dies mit dem Kampf gegen den Extremismus. Beobachter sehen darin hingegen ein Mittel, um kritische Stimmen zu Schweigen zu bringen.

Massenprotest gegen Telegram-Sperrung

Die Menschen in Russland wollen die Zensur nicht hinnehmen. Tausende habenin Moskau gegen die Sperrung des beliebten Messenger-Dienstes Telegram protestiert.

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Parolen gegen die Regierung

Polizei und Veranstalter gaben die Zahl der Teilnehmer an der Kundgebung im Zentrum der russischen Hauptstadt mit etwa 8000 an. Unter den Demonstranten war auch der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. Die Menschen hielten Schilder mit Parolen gegen die Regierung hoch, schwenkten russische Fahnen und ließen Papierflugzeuge fliegen, das Emblem von Telegram.
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Putin als „Dieb“ beschimpft

In Sprechchören wurde der russische Präsident Wladimir Putin als „Dieb“ beschimpft und ein freier Zugang zum Internet gefordert. Nawalny dankte Pawel Durow, zusammen mit seinem Bruder Nikolai Mitgründer von Telegram, in einer Rede an die Menge für seine Unterstützung des Protests. Nawalnys Frage „Seid ihr bereit, Widerstand zu leisten?“ beantworteten die überwiegend jugendlichen Demonstranten mit einem lauten „Ja“, bevor sie die auf Putin gemünzte Parole „Nieder mit dem Zaren!“ riefen.

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Der 33-jährige Durow bezeichnete die Kundgebung im Internet als „beispiellos“ und fügte hinzu: „Mit eurer Energie seid ihr dabei, die Welt zu verändern.“

Sperrung von Telegram

Richter hatten die Blockade von Telegram angeordnet, nachdem der Online-Dienst den russischen Geheimdiensten die Entschlüsselung privater Chats verweigert hatte. Die zuständige Behörde Roskomnadsor sperrte Millionen IP-Adressen, die zur Nutzung von Telegram verwendet wurden. Dadurch wurde auch die Tätigkeit vieler Unternehmen, einschließlich des Autobauers Volvo, beschränkt.

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Die Sperrung wurde aber häufig umgangen – unter anderem durch verschlüsselte VPN-Verbindungen oder sogenannte Proxys. Putin-Gegner benutzen Telegram gerne für Mitteilungen oder um Protestaktionen zu koordinieren. Die Brüder Durow gründeten Telegram im Jahr 2013. Seitdem wuchs die Zahl der Nutzer weltweit auf mehr als 200 Millionen.

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Telegram tanzt den Behörden in Russland auf der Nase herum

Zensur ist eine schwierige Angelegenheit – vor allem in Zeiten des Internets. Das muss der Kreml zur Kenntnis nehmen, nachdem er den populären Chatdienst Telegram sperren wollte. Die Russen ignorieren die Sperre – bis hinein in höchste Regierungsebenen.

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Ausweichen auf Server im Ausland

Die Nutzer zeigen sich äußerst findig darin, die Sperre zu umgehen. Viele sind auf unkontrollierbare Verbindungen mit VPN-Tunneln oder dem Anonymisierungsdienst TOR ausgewichen. Auch die Betreiber von Telegram selbst haben reagiert. Sie sind auf Server im Ausland gewechselt.

Selbst zahlreiche russische Politiker nutzen den Dienst einfach weiter. Was denn mit den zwei offiziellen Kanälen des russischen Außenministeriums auf Telegram geschehen solle, fragte Sprecherin Maria Sacharowa. „Ich bin gegen eine Schließung“, sagte sie dem TV-Sender Doschd. Vor dem FSB-Gebäude in Moskau ließen Demonstranten Papierflieger steigen in Anspielung an das Telegram-Logo. Die Pussy-Riot-Aktivistin Maria Aljochina wurde deshalb am Mittwoch zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

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Mehrere Millionen IP-Adressen blockiert

Die zuständige Aussichtsbehörde Roskomnadsor wollte dem Treiben Einhalt gebieten und blockierte noch einmal mehrere Millionen IP-Adressen, von denen 13 Millionen den US-Großanbietern Google und Amazon gehören. Das hatte allerdings einen fatalen Effekt. Die Die flächendeckenden Sperren legten aus Versehen andere Chatdienste wie Viber sowie Internethändler und einen Kurierdienst in Russland zeitweise lahm.

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Auch Pawel Durow, der Gründer von Telegram, meldete sich zu Wort. „Ich danke euch russischen Telegram-Nutzern für eure Unterstützung und Treue“, sagte er, der sich im Moment im Ausland aufhält. Er dankte den Konzernen Apple, Google, Amazon und Microsoft dafür, dass sie sich nicht an der „politischen Zensur“ beteiligt hätten. Durows Telegram-Dienst hat in Russland etwa 15 Millionen Nutzer. International sind es um die 200 Millionen Nutzer, und Durow will Telegram auch zu einem weltweiten Zahlungsdienst ausbauen.

Versuche der staatlichen Kontorlle

Das Vorgehen gegen Telegram und dessen Gründer Pawel Durow gilt als bislang massivster Versuch, den russischen Teil des Internets unter staatliche Kontrolle zu bringen. Die Sperr-Versuche stoßen zugleich auf den stärksten Widerstand. „Macht uns das Internet nicht kaputt!“, forderte die Zeitung „Moskowski Komsomolez“. Die Wirtschaftszeitung „Wemodosti“ kritisierte das „Flächenbombardement“ der Behörden.

Seit  Jahren schon schränken in Russland immer neue Gesetze die Informationsfreiheit im Internet ein. So hat Roskomnadsor seit 2013 das Recht, Websites, die mutmaßlich „extremistische Informationen“ verbreiten, zu sperren. Medien können so nach zwei Verwarnungen bereits die Lizenz verlieren.

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Wegen der Verschlüsselung ist Telegram bei Oppositionellen in vielen Ländern beliebt. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB vermutet, dass auch Terroristen die Kommunikation nutzen. Weil Durow sich weigert, die Verschlüsselung aufzuheben, hatte ein Moskauer Gericht vergangene Woche die Schließung verfügt.

Roskomnadsor bleibt hart

Doch die Aufsichtsbehörde will hart bleiben. Es fehle Durow an „Gesetzestreue und Verantwortung“, sagte der Leiter von Roskomnadsor, Alexander Scharow, der Zeitung „Iswestija“. Er gehe davon aus, dass Amazon und Google sich bald den Moskauer Forderungen beugen würden, um ihr Geschäft in Russland nicht zu gefährden. „Telegram sollte aus App Store und Google Play verschwinden“, sagte Scharow. Russische Terroristen sollten keinen Zugang mehr dazu haben.

Bedenken gegen Telegram gibt es allerdings auch in anderen Ländern. IT-Sicherheitsexperten kritisieren zudem, dass der hausgemachte Krypto-Algorithmus der Firma für Attacken anfällig sein könnte. Mit Telegram kann man wie bei WhatsApp oder dem Facebook Messenger chatten, Fotos und Videos austauschen oder telefonieren. Die App ermöglicht auch, bestimmte Kanäle zu abonnieren.

Russlands nächster Schritt zum Überwachungsstaat

Nun wird es also Ernst: die Aufsichtsbehörde Roskomnadsor hat damit begonnen, den in Russland überaus populären Messenger-Diensts Telegram zu sperren. Ob sie damit wirklich Erfolg haben werden, ist allerdings ungewiss. 

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18.04.14-telegram

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Hartes Urteil gegen den Online-Dienst

Grundlage für diesen Schritt ist ein Gerichtsurteil. Die Richter hatten die Blockade von Telegram angeordnet, nachdem der Online-Dienst den russischen Sicherheitsbehörden die Entschlüsselung privater Chats verweigert hatte.

Der russische Sicherheitsdienst FSB fordert Zugang zu einigen verschlüsselten Botschaften und begründet dies unter anderem mit dem Kampf gegen den Terrorismus. Telegram weist dies unter Verweis auf den Schutz der Privatsphäre der Nutzer zurück. Firmengründer Durow verließ das Land 2014, nachdem er unter Druck der Behörden geriet. Er betont seit Jahren, nicht mit dem russischen Staat kooperieren zu wollen.

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Beliebter Dienst bei 200 Millionen Nutzern

Seit dem Start von Telegram im Jahr 2013 wuchs die Zahl der Nutzer auf über 200 Millionen. Besonders beliebt ist der Dienst wegen seiner starken Verschlüsselung bei politischen Aktivisten, er wurde allerdings auch schon von Extremisten genutzt.

Durow bezeichnet die Sperre als „entlarvend, dass autoritäre Regime (zum Beispiel Russland) versuchen, Telegram wegen der Verschlüsselung zu blockieren“. Telegram halte die Sperrung für „verfassungswidrig“ und werde weiter gegen sie vorgehen.

Im Fall von Telegram stellt sich natürlich angesichts der noch immer funktionierenden Mitkonkurrenten eine entscheidende Frage.  Garry Kasparow formuliert sie so:

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Kann die Sperre umgangen werden?

Durow erklärte, das Programm könne die Sperre durch eingebaute Mechanismen zumindest teilweise umgehen. Mit Hilfe geschützter Verbindungen (VPN) könne dies praktisch ganz geschehen. Telegram-Anwalt Pawel Tschikow bezeichnete den Fall als Warnung an alle internationalen Tech-Konzerne, die in Russland Geschäfte machen wollten. Es zeige sich immer wieder, „dass die Gerichte den Interessen der Behörden dienen“.

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Der Pressedienst des Kreml unterrichtete die akkreditierten Journalisten am Montag, dass er fortan nicht mehr über Telegram kommuniziere, sondern über den Chat-Dienst ICQ. Der in den 1990-er Jahren entwickelte Dienst befindet sich im Besitz des russischen Onlinekonzerns Mail.ru. Eigentümer ist der Milliardär Alischer Usmanow.
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Und Firmengründer Durow legt noch einmal nach:

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Und dann noch ein luzider Kommentar der russischen Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ zu den wahrscheinlich vergeblichen Versuche der Behörden, in Russland den Chatdienst Telegram zu blockieren:

„Die hiesigen Staatsdiener sind nicht unfähig. Sie leben nur verglichen mit ihren chinesischen Kollegen in der Steinzeit. Was sie jetzt tun – das Internet zu zerstören, den gesunden Menschenverstand und das Investitionsklima zunichte zu machen, ist genau das Gegenteil dessen, was China gemacht hat. (…) Aber um es so zu machen wie die Chinesen, müsste man 20 Jahre zurückgehen, Milliarden in eine staatliche russische Firewall investieren und ertragreiche russische Gegenstücke zu den US-Technologiegiganten zu entwickeln.“

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Chatdienst Telegram im Visier des Kremls

Der Chatdienst Telegram ist gerade in Russland ein beliebter Weg, Nachrichten auszutauschen. Das hat natürlich auch der Kreml erkannt und will Zugriff auf die Daten des Dienstes. Der Vorwurf: Telegram wird angeblich von Terroristen genutzt. Das Problem: der russische Telegram-Gründer Pawel Durow weigert sich aber, den Sicherheitskräften Zugriff auf die Verschlüsselung einzuräumen. Weltweit hat der Instant-Messaging-Dienst etwa 100 Millionen Nutzer.

17.06.27-durwov

Klare Ansage des FSB

Für den den russischen Inlandsgeheimdienst FSB ist die Sache klar: die Ermittlungen zum Bombenanschlag in St. Petersburg mit 16 Toten Anfang April hätten ergeben, dass sich der Selbstmordattentäter, seine Komplizen wie die Drahtzieher im Ausland über Telegram ausgetauscht hätten.

„Die Mitglieder internationaler terroristischer Organisationen auf dem Gebiet der Russischen Föderation nutzen am häufigsten den Messenger Telegram“, heißt es in einer Mitteilung des FSB. Der Leiter der russischen Ausichtsbehörde Roskomnadsor, Andrej Scharow, drohte Durow schon seit Tagen, dass Telegram binnen weniger Tage blockiert werde, wenn er nicht einlenke.

Nachhilfeunterricht von Durow

Doch Durow riskiert die Konfrontation. Sein Argument: „Wenn man den Terrorismus mit Sperrungen besiegen will, muss man das gesamte Internet sperren.“ Das schreibt er im russischen sozialen Netzwerk VKontakte. Heutzutage liege die Verschlüsselung nicht mehr bei den Betreibern der Chatdienste, sondern bei den einzelnen Nutzern. Durow hat Erfahrung mit der Macht des Kremls. Die Brüder Pawel und Nikolai Durow hatten 2006 auch das populäre VKontakte gegründet, das 2014 unter Kontrolle des kremlfreundlichen Oligarchen Alischer Usmanow kam.

Hier noch ein Text von ostexperten.de zu einem ähnlichen Thema:

Mit zunehmender Härte versucht die russische Regierung, gegen die anonyme Nutzung des Internets vorzugehen. Doch die Behörden führen einen Kampf, der wohl nicht zu gewinnen ist.