Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke hat schon einige abstruse Sätze von sich gegeben. Spätestens nach seinem ebenso denk- wie merkwürdigen Auftritt mit der Deutschlandfahne bei Günther Jauch ist er auch einem breiteren Publikum bekannt. Seine Auftritte könnten bloßes Kopfschütteln auslösen – wäre Höcke inzwischen nicht ein Mann mit gewissem Einfluss. Erst jetzt wurde bekannt, dass Höcke bei einer Rede im November eine Änderung der Asylpolitik gefordert und dies evolutionsbiologisch begründet. Rechtsextremismus-Experten werfen ihm deshalb „biologischen Rassismus“ vor, „auf einer Linie mit dem Nationalsozialismus“. Nun hat auch die AfD-Spitze reagiert und Höcke zur Ordnung gerufen.
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Ansturm auf Europa?
Der Titel der umstrittenen Veranstaltung war natürlich sehr plakativ gewählt: „Ansturm auf Europa“. Eingeladen hatte das Institut für Staatspolitik zu seiner Herbstagung am 21. und 22. November auf das Rittergut Schnellroda. Als Festredner trat Björn Höcke. Knapp eine Stunde lang redete er über die Asylpolitik Deutschlands und Europas und forderte eine „grundsätzliche Neuausrichtung“ dieser Politik. Ein Mitschnitt der Rede wurde jetzt, knapp drei Wochen später, veröffentlicht.
Höcke begründet seine Forderung unter anderem „populationsökologisch“. Er spricht vom „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ und von einem „Bevölkerungsüberschuss Afrikas“. „Solange wir bereit sind, diesen Bevölkerungsüberschuss aufzunehmen, wird sich am Reproduktionsverhalten der Afrikaner nichts ändern“, so Höcke. Die Länder Afrikas bräuchten die europäische Grenze, „um zu einer ökologisch nachhaltigen Bevölkerungspolitik zu finden“.
Die Idee von der Reproduktionsstrategie
Außerdem sagte Höcke, dass Afrika eine andere „Reproduktionsstrategie“ als Europa verfolge. In Afrika herrsche die „r-Strategie“ im Gegensatz zu Europa, wo die „K-Strategie“ überwiege. Mit diesen Begriffen bezeichnen Biologen normalerweise Unterschiede bei der Fortpflanzungsstrategie von Lebewesen. Als „r-Strategen“ gelten Arten, die möglichst viele Nachkommen zeugen, damit wenigsten einige überleben. Im Gegensatz dazu sprechen Biologen bei Säugetieren, insbesondere bei Menschen, von der „K-Strategie“, bei der wenige Jungen zur Welt gebracht werden, um die sich die Eltern dann aber intensiv kümmern.
Björn Höcke übertrage diese biologische Theorie nahtlos auf den Menschen und unterteile so Afrikaner und Europäer, sagt Robert Lüdecke von der Amadeu-Antonio-Stiftung dem NDR. (Hier der Link zur Tagesschau) Er wirft Höcke „blanken Rassismus“ vor – „auf einer Linie mit der Rassentheorie des Nationalsozialismus“. Das erinnere „an die Theorie einer Herrenrasse“, da der Europäer als ein besserer Mensch und der Afrikaner als Invasor dargestellt werde. Seine Stiftung prüfe, ob diese Äußerungen strafrechtlich relevant seien.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow twitterte nach dem Bekanntwerden des Videos.
NACHTRAG:
Jetzt hat auch die AfD selbst reagiert. Björn Höcke muss beim Bundesvorstand der Partei vorsprechen. Das Urteil über seine Äußerungen über die Asylpolitik seinen „politische Torheiten“, heißt es aus der Parteispitze.
Jörg Meuthen, neben Frauke Petry zweiter Parteivorsitzender, sagte dazu: „Seine Ausführungen sind sachlich unsinnig, entbehren wissenschaftlicher Substanz und laden zu Fehldeutungen als rassistische Aussagen geradezu ein.“
Auch auf anderem Feld wird Höcke von der AfD-Spitze zurechtgewiesen. Dass Höcke dem französischen Front National zu dessen Erfolg bei der ersten Runde der Regionalwahlen gratuliert habe, sei ebenfalls „falsch und unangemessen“. Der Thüringer Landeschef schade damit dem Erscheinungsbild der Alternative für Deutschland und gefährde die Einheit der Partei.
Doch nicht alle sehen Höckes Äußerungen so kritisch. Der Thüringer Landeschef hat Rückhalt im rechtsnationalen Flügel der AfD und galt lange Zeit zuletzt als gefährlichster Rivale Frauke Petrys. Nun allerdings wird spekuliert, ob Höcke in der AfD überhaupt noch zu halten ist – über einen Parteiausschluss wird offen spekuliert.